Razzia gegen Antikorruptionsbüro:Ukraine: Machtkampf der Sicherheitsorgane
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Der ukrainische Geheimdienst hat einen Mitarbeiter der Antikorruptionsbehörde festgenommen. Außerdem gab es Dutzende Durchsuchungen. Die Gründe könnten vorgeschoben sein.
Bei der Razzia wurde ein Mitarbeiter der ukrainischen Antikorruptionsbehörde festgenommen.
Quelle: dpa
In der Ukraine hat der Geheimdienst SBU zusammen mit der Generalstaatsanwaltschaft Dutzende Durchsuchungen bei Ermittlern des Nationalen Antikorruptionsbüros (NABU) vorgenommen. Diese hätten unter anderem Informationen an den russischen Geheimdienst weitergegeben, teilten die Behörden mit. Dies soll über Exil-Ukrainer in Russland geschehen sein.
Ein Mitarbeiter der Zentrale des Nationalen Anti-Korruptionsbüros der Ukraine wurde festgenommen.
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Geheimdienst SBU
Der Verdächtige habe in einer "abgeschlossenen Eliteeinheit" der Behörde gearbeitet und "spionierte für russische Geheimdienste". Im Fall einer Verurteilung drohen ihm bis zu 15 Jahren Haft.
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NABU-Ermittler sollen darüber hinaus mehreren ukrainischen Geschäftsleuten bei der Flucht aus dem Kriegsland geholfen haben. Anderen wurden wiederum Verkehrsunfälle zur Last gelegt.
Anti-Korruptionsbehörde: 15 Mitarbeiter betroffen
In einer Stellungnahme informierte der NABU über mindestens 70 Hausdurchsuchungen, von denen mindestens 15 Mitarbeiter der Behörde betroffen waren. NABU-Chef Semen Krywonos brach eine Dienstreise in Großbritannien ab.
Der SBU führte ebenso Hausdurchsuchungen bei der Spezialisierten Antikorruptionsstaatsanwaltschaft (SAP) durch. Deren Leiter Olexander Klymenko befand sich ebenfalls in Großbritannien. Der SBU stritt dabei Vorwürfe der Antikorruptionsbehörden ab, dass er bei den Razzien Zugriff auf Informationen aus Ermittlungsverfahren erlangt habe.
Die Nichtregierungsorganisation Transparency International schrieb in einer Erklärung von einem "Versuch der Demontage des Systems zur Korruptionsbekämpfung". Die versuchte Druckausübung auf die Antikorruptionsorgane sei unzulässig.
Wir rufen Präsident Wolodymyr Selenskyj auf, öffentlich die Unabhängigkeit der Antikorruptionsorgane zu garantieren und rufen den SBU und die Generalstaatsanwaltschaft dazu auf, den gesetzwidrigen Druck einzustellen.
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Transparency International
Medien vermuten als Hintergrund der Razzien eine Reaktion von Präsident Wolodymyr Selenskyj auf Korruptions-Ermittlungen von NABU und SAP gegen Ex-Vizeregierungschef Olexij Tschernyschow. Dieser soll Selenskyj nahestehen.
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