Ukraine greift Brücken an: Die Analyse der Folgen für Russland

Analyse

Russlands Logistik unter Druck:Welche Folgen Kiews Angriffe auf Brücken haben

von Christian Mölling und András Rácz
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Die Ukraine erschwert die logistische Versorgung der russischen Sumy-Offensive. Der Angriff auf die Krim-Brücke scheint aber eher symbolische Bedeutung zu haben. Die Analyse.

Immer wieder sind Brücken das Ziel ukrainischer Angriffe. Dabei geht es nicht nur um Logistik, sondern auch um Symbolik.
Immer wieder sind Brücken das Ziel ukrainischer Angriffe. Dabei geht es nicht nur um Logistik, sondern auch um Symbolik.
Quelle: imago images

Die Nachrichten über den kombinierten Drohnenangriff gegen russische strategische Bomber am 1. Juni haben eine andere Angriffsserie in den Hintergrund treten lassen. In der Nacht vom 31. Mai auf den 1. Juni griff die Ukraine drei sehr wichtige Brücken an: eine in der russischen Region Kursk, eine weitere in der Region Brjansk und eine dritte in der besetzten Ukraine.

Ziel: Russische Sumy-Offensive verlangsamen

Interessanterweise berichteten die russischen Medien nur über die ersten beiden ausführlich, wahrscheinlich weil diese auch erhebliche zivile Verluste verursachten.
Russische Rettungskräfte bei der Arbeit an der Unfallstelle, nachdem am 1. Juni 2025 im Bezirk Wygonitschski in der Region Brjansk eine Brücke auf einen Personenzug eingestürzt war.
In Russland sind zwei Brücken in den Grenzregionen Brjansk und Kursk eingestürzt. Nach Angaben örtlicher Behörden wurden dabei sieben Menschen getötet und 69 weitere verletzt.01.06.2025 | 1:14 min
Die Brücken in Brjansk und Kursk waren wichtig für die Versorgung der militärischen Anstrengungen Russlands gegen die ukrainische Region Sumy. Die in der besetzten Ukraine gesprengte Brücke war Teil einer von Russland neu gebauten Eisenbahnlinie, die nach 2022 errichtet wurde, um die logistische Abhängigkeit von der Krim-Brücke zu verringern.
In der Region Brjansk wurde eine Straßenbrücke gesprengt und stürzte auf die darunter verlaufende Eisenbahnstrecke. Ein Personenzug entgleiste. Sieben Menschen wurden getötet und Dutzende verletzt.



In der Region Kursk wurde frühmorgens eine Eisenbahnbrücke unter einem Güterzug gesprengt. Dabei wurde der Lokführer verletzt. Die russischen Medien verdrehten immer wieder die Nachrichten über diese beiden Anschläge, insbesondere als sie nach dem anfänglichen Dementi begannen, die Ukraine dafür verantwortlich zu machen.
Bauernproteste in Polen
Die EU hebt Zollerleichterungen für Agrarimporte aus der Ukraine auf. Bauern dort erwarten hohe Verluste. In Brüssel hatten Landwirte lange gegen die Regelung protestiert.06.06.2025 | 1:48 min

Explosion unter Kertsch-Brücke

Zwei Tage später, am 3. Juni, veröffentlichte der ukrainische Geheimdienst SBU ein Video, auf dem, wie er behauptet, eine ukrainische Marinedrohne eine Explosion unter der Kertsch-Brücke verursachte und einen ihrer Pfeiler beschädigte.
Diese Explosion verursachte zwar offensichtlich weitaus geringere Schäden als der erste große Angriff auf die Brücke im Oktober 2022, als die Ukraine einen mit Sprengstoff beladenen Schwerlastwagen zur Explosion brachte, doch zeigte der Angriff, dass auch die Brücke von Kertsch nicht vor den Drohnenfähigkeiten der Ukraine sicher ist.
Der Angriff ist daher ein bedeutender Schlag für Russlands Prestige, zumal dieser Angriff nur zwei Tage nach dem spektakulären Angriff auf russische strategische Bomber am 1. Juni erfolgte.
Eine Screenshot des ukrainischen Geheimdienstes (SBU) vom 3. Juni 2025 zeigt eine Explosion an der Krim-Brücke. Laut SBU wurde die Brücke bei einer Unterwasser-Spezialoperation beschädigt. Der Verkehr wurde vorübergehend eingestellt.
Die Ukraine hat offenbar erneut die Kertsch-Brücke angegriffen - diesmal unter Wasser. Geheimagenten sollen Sprengstoff an einem Brückenpfeiler angebracht haben.03.06.2025 | 0:18 min

Russland muss logistische Versorgung neu planen

Nach dem vorliegenden Bildmaterial kann der Eisenbahnverkehr in der Region Brjansk wohl in ein bis zwei Wochen wiederhergestellt werden. Der Wiederaufbau der Eisenbahnbrücke bei Kursk dürfte nach der Räumung der gesprengten Straßenbrücke hingegen wahrscheinlich Monate dauern.
In der Zwischenzeit muss Russland die logistische Versorgung der laufenden Sumy-Offensive umgestalten und neu planen, um die beschädigten Eisenbahnlinien zu umgehen.
Dies ist besonders schmerzlich, da die russische Militärlogistik traditionell auf der Eisenbahn basiert, während der Straßentransport nur in den allerletzten Abschnitten, näher an der Frontlinie, eingesetzt wird. Mit diesen beiden Angriffen ist es der Ukraine also wahrscheinlich gelungen, die russische Offensive in der benachbarten Region Sumy zu verlangsamen.
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Russland muss weitere Angriffe fürchten

In der Zwischenzeit dürfte die Bedrohung durch Unterwasserdrohnen Russland wohl dazu zwingen, zunächst alle anderen Teile der Brücke sorgfältig zu inspizieren, um nach weiteren ukrainischen Sprengsätzen zu suchen.
Zudem müssen die Russen wohl die physischen Verteidigungsanlagen verstärken, auch wenn dieser spezielle Angriff an der Krim-Brücke offenbar wenig Schaden angerichtet hat.
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