Afghanen in Hannover: Zwischen Klagen, Visa und Freudentränen

Afghanen in Hannover gelandet:Zwischen Klagen, Visa und Freudentränen

Valerie Albert
von Valerie Albert
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47 Menschen aus Afghanistan sind am Montag in Hannover gelandet. Sie alle hatten eine Aufnahmezusage der Bundesregierung - und mussten dennoch um ihr Visum kämpfen.

Ankunft eines Charterfluges aus Afghanistan in Hannover

Beim Wiedersehen afghanischer Familien in Hannover flossen Freudentränen.

Quelle: action press/Matthias Wehnert

Es wartet kaum Familie, keine Schilder mit Namen, keine Ballons. Es wirkt still im Terminal C des Flughafens Hannover. Vor Ort sind fast nur Presseteams und Elham. Kein Wunder, sitzt doch ein Großteil vieler Familien, die heute hier landen, noch in Pakistan fest.

Aber Elham Neda ist hier und wartet, seit mehr als drei Jahren. Der 29-Jährige wohnt in Düsseldorf und ist voller Spannung.

Jede Sekunde ist wie eine Stunde, aber ich fühle mich sehr gut - weil sie kommen.

Elham Neda

Nur noch wenige Minuten trennen ihn von seiner Schwester und seiner Mutter. Dann ist die Freude groß. Eine Familie zusammengeführt und im Terminal C fließen Tränen der Freude.

Menschen aus Afghanistan, die zuvor mit einem Flugzeug auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen gelandet sind, spechen zu Pressevertretern.

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Wer kommt da aus Afghanistan?

Die angekommenen Afghanen sind keine Ortskräfte deutscher Behörden, aber Menschen, die durch ihre Arbeit ins Visier politischer Verfolgung geraten sind. Sie hatten sich vor Jahren für freiwillige Aufnahmeprogramme angemeldet. Nach einer ausführlichen Sicherheitsprüfung erhielten sie Aufnahmezusagen.

Dann schaffte die schwarz-rote Bundesregierung im Mai alle freiwilligen Aufnahmeprogramme ab. Seitdem ist eine einfache Einreise nicht mehr möglich. Bei den am Montag gelandeten Menschen handelt es sich daher "ausschließlich um Personen, die über Gerichtsverfahren die Vergabe von Visa erwirkt haben", teilt eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums mit.

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Der deutsche Staat hat mit Sicherheit versagt.

Matthias Lehnert, Rechtsanwalt

Der Staat verzögere Vieles, obwohl Gerichte auf die Dringlichkeit der Situation hingewiesen hätten, so der Anwalt. "Die getroffenen Zusagen behalten ihre Gültigkeit, auch wenn die Aufnahmeprogramme stoppen oder sich der politische Kurs ändert", sagt er. "Dadurch, dass sich der Staat nicht ans eigene Recht hält, droht den Menschen in Pakistan eine Abschiebung nach Afghanistan."

Dort drohen ihnen Tod und Folter und Herr Dobrindt und das Bundesinnenministerium, die Bundesregierung ist diejenige Instanz, die das jetzt noch verhindern kann.

Matthias Lehnert, Rechtsanwalt

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Die Hilfsorganisation organisierte den jüngsten Flug aus Islamabad über Istanbul, der nicht vollständig reibungslos verlief. Zwei Menschen sind erst später in Deutschland angekommen. Für alle Gelandeten, auch die zwei Nachzügler, ging es weiter ins Aufnahmelager nach Friedland.

Valerie Albert ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Niedersachsen in Hannover.

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