Satellit soll Wald in 3D erfassen - und so das Klima schützen

ESA-Mission "Biomass":Satellit wacht über schrumpfende Wälder

Mark Hugo
von Mark Hugo
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Intakte Wälder liefern Sauerstoff und sind wichtig für das Klima. Wie groß genau aber das Volumen ihrer Biomasse ist, weiß niemand. Ein neuer ESA-Satellit soll das jetzt ändern.

Der ESA-Satellit Biomass schwebt im All über der Erde.
Animation: Mit seiner zwölf Meter breiten Radar-Antenne durchdringt der ESA-Satellit Biomass Wolken und Baumkronen.
Quelle: Airbus

Wie viel Wald gibt es auf der Erde? Die Fläche kann man von oben gut beobachten und berechnen. Aber niemand weiß bisher genau, wie groß die Biomasse ist. Gemeint ist damit die Masse all dessen, was dort wächst und lebt, sich oft aber unter den dichten Kronen hoher Bäume verbirgt. Vor dem Hintergrund von Klimawandel und dem Rückgang der biologischen Vielfalt wären tiefere Einblicke aber wichtig.
Der Stamm eines Urwaldriesen mit breiten Brettwurzeln ist umgeben von jungen Bäumchen.
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Satellit hat Radar-Antenne mit zwölf Metern Durchmesser

Die Mission "Biomass" der europäischen Raumfahrtorganisation ESA soll da schon bald helfen. Der Satellit ist seit dem 29. April im All und funktioniert bisher zwar gut, noch aber hat er seine Arbeit nicht aufgenommen. Nach dem Entfalten der Antenne, die einen Durchmesser von zwölf Metern hat, gibt es erst noch Tests, Kalibrierungen und schließlich muss "Biomass" seine finale Umlaufbahn in 666 Kilometern Höhe erreichen.

Das "Herzstück" der Mission ist das so genannte "P-Band Synthetic Aperture Radar (SAR) Instrument". Das Radar-Instrument durchdringt Wolken und Waldkronen, um holzige Biomasse - Stämme, Äste und Stämme - zu messen. Es kann so das Volumen der Wald-Biomasse sowie den darin enthaltenen Kohlenstoff und dessen Verteilung hochgenau erfassen. Entwickelt wurde es von Airbus Defence and Space in Friedrichshafen.

Erste Daten über die Wälder der Erde wird er voraussichtlich im Januar 2026 liefern - dann aber in nie dagewesener Qualität.

Die Mission 'Biomass' ermöglicht es erstmals, die 3D-Struktur von Wäldern und damit die räumliche Verteilung ihrer Biomasse zu bestimmen.

Konstantinos Papathanassiou, DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme

Damit könne nicht nur der aktuelle Zustand bewertet werden, sondern es seien auch Vorhersagen über zukünftige Entwicklungen möglich, erklärt Konstantinos Papathanassiou vom DLR-Institut für Hochfrequenztechnik und Radarsysteme.
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Wälder als "grüne Lunge" des Planeten

Wälder bedecken mit 40,6 Millionen Quadratkilometern etwa ein Drittel der eisfreien Landfläche unserer Erde. Sie geben frischen Sauerstoff ab und werden deshalb auch "grüne Lunge" des Planeten genannt.
Daneben nehmen sie große Mengen an Kohlendioxid auf und speichern Kohlenstoff in ihrer Biomasse. Je mehr, desto besser. Schwindet diese Masse, wird der Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre freigesetzt und der Klimawandel verschärft.

Die Wälder stehen heute unter enormem Druck, beispielsweise durch Abholzung, Brände und den Klimawandel.

Konstantinos Papathanassiou, Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)

Und das habe auch verheerende Folgen für die biologische Vielfalt, erklärt Papathanassiou.
Zudem haben Wälder großen Einfluss auf das Wetter. Sie steuern die Wasserkreisläufe und wirken wie riesige Klimaanlagen, indem sie die Strahlen der Sonne in Wasserdampf umwandeln und damit die Atmosphäre kühlen.
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Gewaltige Fläche Tropen-Urwald zerstört

Nach einer Studie der Forschungsorganisation World Resources Institute (WRI) wurden 2024 insgesamt 6,7 Millionen Hektar Tropen-Urwald zerstört und damit eine Fläche fast so groß wie Bayern.

Dieses Ausmaß der Zerstörung tropischer Wälder ist vollkommen beispiellos in mehr als 20 Jahren der Datenerhebung.

Elizabeth Goldman, WRI

Um das Ausmaß besser zu beobachten und darauf zu reagieren, sind genaue Daten wichtig.
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Mit "Biomass" Wissenslücken zum Klimasystem schließen

"Biomass" werde auch dazu beitragen, "wichtige Lücken in unserem Wissen über den Kohlenstoffkreislauf und letztendlich das Klimasystem der Erde zu schließen", sagt Simonetta Cheli, Direktorin für Erdbeobachtungsprogramme der ESA. Das soll dabei helfen, die globale Erwärmung besser zu berechnen und auch die Folgen des Klimawandels vorherzusagen.
Geplant ist, dass "Biomass" im Verlauf der mindestens fünfjährigen Mission sechsmal die Wälder vermisst. Um eine globale Wald-Karte zu erstellen, braucht er ungefähr neun Monate. Sozusagen im Vorbeiflug sammelt er dabei übrigens auch Daten über Wüsten und Eisdecken.

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