Erdüberlastungstag: Warum die Welt nun wieder auf Pump lebt

Erdüberlastungstag 2025:Warum die Welt nun wieder auf Pump lebt

von Susanne Pohlmann
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Unser Verbrauch an natürlichen Ressourcen der Erde übersteigt ihre Regenerationsfähigkeit - doch unser Konsum nimmt zu. Das ökologische Jahresbudget ist immer früher aufgebraucht.

Erde in grüner Farbe dargestellt mit Pflanzen: Was ist der Earth Overshoot Day? Und was bedeutet es für Deutschland?
Heute ist Earth Overshoot Day: Wir leben wieder auf Kosten der Zukunft. Warum ist das so? Wie wird er berechnet? Und warum ist Luxemburg besonders früh dran?21.07.2025 | 2:31 min
Es ist wieder so weit: Die Menschheit hat am heutigen Donnerstag ihr ökologisches Jahresbudget aufgebraucht. Der Earth Overshoot Day, der Erdüberlastungstag, markiert den Tag, an dem die Ressourcen des Planeten erschöpft sind.
Es wurden mehr Bäume gefällt, mehr Fische gefangen und mehr sauberes Wasser verbraucht, als die Erde innerhalb eines Jahres wiederherstellen kann. Und wir setzen durch unsere Lebensweise deutlich mehr Treibhausgase frei, als die noch vorhandenen Wälder, Moore und Grünflächen binden können.

Erdüberlastungstag immer früher im Jahr

Seit dem Beginn der Berechnungen 1971 rückt der Erdüberlastungstag immer weiter nach vorn. Das heißt, wir verbrauchen die Ressourcen der Erde jedes Jahr schneller.
"Ein Grund ist der noch zu langsame Wechsel von der Nutzung fossiler Energieträger auf saubere, erneuerbare Energieträger", erklärt Manfred Fischedick, Präsident und wissenschaftlicher Geschäftsführer des Wuppertal Instituts für Klima, Umwelt, Energie. Zwar hätten Investitionen in Erneuerbare Energien in den letzten Jahren deutlich zugenommen und überträfen auf globaler Ebene mittlerweile die Investitionen in die fossilen Optionen.
Baden-Württemberg, Stuttgart: Dichter Berufsverkehr auf der Autobahn vor den Toren der baden-württembergischen Landeshauptstadt Stuttgart am Morgen.
Deutschland hatte schon Anfang Mai alle Ressourcen verbraucht, die fürs Jahr reichen müssten.03.05.2025 | 0:25 min
Trotzdem seien die CO2-Emissionen, die maßgeblich den ökologischen Fußabdruck bestimmen, weltweit weiter angestiegen. Im Jahr 2023, für das die letzten offiziellen Zahlen vorliegen, erreichten sie laut Fischedick ein Rekordniveau.

Organisation will mit Earth Overshoot Day Dialog anstoßen

Berechnet wird der Earth Overshoot Day jedes Jahr vom Global Footprint Network - einer Non-Profit-Organisation im Umweltbereich und internationalen Denkfabrik - anhand des Verhältnisses zwischen der weltweiten Biokapazität und dem ökologischen Fußabdruck der Menschen.




"Wir wollen damit einen Dialog anstoßen", sagt Jane Muncke vom Global Footprint Network.

Es ist wichtig, eine messbare Größe zu haben.

Jane Muncke, Global Footprint Network

"Dann kann man sagen, wir werden besser oder schlechter", so Muncke. Das helfe dabei, Strategien und Lösungsansätze zu entwickeln.
Hessen, Schmitten: Eine Spaziergängerin ist im Wald am Kleinen Feldberg im Taunus unterwegs, während die Sonne zwischen den Bäumen hindurchscheint. Die Beziehung der Deutschen zu ihren Wäldern ist legendär, und das Klischee wird auch von einer neuen Umfrage in Corona-Zeiten bedient: Fast alle Erwachsenen in Deutschland (87 Prozent) verbringen gerne Zeit im Wald. Das zeigt eine repräsentative YouGov-Umfrage. (zu dpa "Umfrage: Die Deutschen lieben ihren Wald - und sorgen sich um ihn")
Früher nahm der Wald jährlich mehr CO2 auf, als er abgab. Inzwischen ist er wegen der vielen Schäden selbst zu einer CO2-Quelle geworden. 21.03.2025 | 3:11 min

Klimaforscher: Durch Rechenzentren steigt Stromverbrauch

Die Auswirkungen des Raubbaus an den Ressourcen sind bekannt, die Folgen des Klimawandels täglich in den Nachrichten zu sehen: Fluten, Dürren, Unwetterkatastrophen. Und doch scheint die Menschheit nicht in der Lage oder willens, dem entgegenzuwirken.

Ein zentraler Grund ist der ungebremste globale Energiehunger.

Manfred Fischedick, Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie

"Effizienzsteigerungen bei der Nutzung von Energie, vor allem beim Strom, werden durch die immer weiter steigende Stromnachfrage von Datencentern kompensiert", erläutert Fischedick. Seiner Ansicht nach kann beispielsweise der Einsatz von Künstlicher Intelligenz zwar helfen, Energie intelligenter zu erzeugen, zu verteilen und zu nutzen. In vielen anderen Anwendungsbereichen sei sie jedoch mit sehr hohem Strombedarf verbunden.
Schild mit einem Atomkraftwerk
Weil ihr Energiebedarf wächst, setzen Google, Microsoft und Amazon auf Mini-Atomkraftwerke. Sogenannte SMR, Small modular Reactors, werden in Serie mit Fertigbauteilen produziert.17.10.2024 | 27:46 min

Energieverbrauch ging 2022 deutlich zurück

Dabei zeigt die Erfahrung, dass wir - wenn es sein muss - durchaus in der Lage sind, sparsamer mit Energie umzugehen und unser Verhalten zu ändern. Während der Energiepreiskrise im Jahr 2022 in Folge des Ukraine-Kriegs ging der Erdgasverbrauch aus Angst vor Verknappung über alle Sektoren um mehr als 15 Prozent zurück - "eine Größenordnung, die im Vorfeld niemand für möglich gehalten hätte", so Fischedick.
Allerdings ist der Energieverbrauch seitdem wieder stetig angestiegen. Auch der mit der Corona-Pandemie verbundene Rückgang bei den CO2-Emissionen ist längst wieder ausgeglichen.

Klimaverhandlungen stocken

Leider, so Fischedick, machten die aktuellen geopolitischen Verwerfungen und die zunehmende Renationalisierung in vielen Ländern wenig Hoffnung, dass sich dies kurzfristig ändern werde. Der langsame Fortschritt beim Rückgang der Treibhausgasemissionen spiegele sich auch in den kaum vorankommenden Ergebnissen bei den internationalen Klimaverhandlungen.
 Qualm kommt am frühen Morgen aus einem Schornstein des Hauptklärwerks Stuttgart-Mühlhausen.
Bis 2040 sollen 90 Prozent weniger CO2-Emissionen als 1990 anfallen. Viele EU-Mitglieder sehen das kritisch. Wegen Sorgen um ihre Wirtschaft sollen sie mehr Spielräume bekommen.02.07.2025 | 2:27 min
Fischedick warnt, unser hoher Ressourcenverbrauch mache uns anfällig für externe Schocks. Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und importierten Rohstoffen habe das Potenzial, unsere Energieversorgung und Wirtschaft zu destabilisieren.

Was gegen Ohnmachtsgefühle hilft

Jane Muncke gibt zu, dass man sich als einzelner Mensch angesichts der globalen Entwicklungen ohnmächtig fühlen kann. Doch sie hält dagegen:

Wir sollten nicht unterschätzen, was wir als Einzelne für eine Macht haben.

Jane Muncke, Global Footprint Network

Gemeint sei damit "Macht auf dem Marktplatz", so Muncke, "denn wir entscheiden, welche Produkte, welche Unternehmen wir gut finden, wen wir unterstützen möchten, genauso durch unser Verhalten zum Beispiel in den sozialen Medien".

ZDFheute-KlimaRadar
:Daten zum Klimawandel im Überblick

Der Klimawandel schreitet voran - abgeschwächt wird er, wenn wir weniger CO2 und andere Treibhausgase ausstoßen. Wichtige Daten zum Klimawandel im Überblick:
von Moritz Zajonz
Fünf Icons mit Fabrikschlot, Blitz, Thermometer vor Deutschland und Weltkarte, und einem Haus über Wellen. Im Hintergrund ein Braunkohlekraftwerk.
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