18 Fußballfelder pro Minute:Zerstörung von Tropenwäldern auf Rekordhoch
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2024 wurden pro Minute im Schnitt 18 Fußballfelder Tropenwald zerstört - ein neuer Höchststand. Einige beliebte Verbraucherprodukte treiben die Zerstörung besonders an.
"Alarmstufe rot": Angesichts des fortschreitenden Klimawandels hat die Zerstörung tropischer Urwälder laut einer aktuellen Studie im vergangenen Jahr den höchsten Stand seit mehr als zwei Jahrzehnten erreicht. Wie die Forschungsorganisation World Resources Institute (WRI) mitteilte, wurden 2024 insgesamt 6,7 Millionen Hektar Tropen-Urwald zerstört und damit eine Fläche von der Größe des Landes Panama.
Dies sei der höchste Stand seit dem Beginn der Erhebung entsprechender Daten im Jahr 2002. WRI-Co-Direktorin Elizabeth Goldman erklärte:
Dieses Ausmaß der Zerstörung tropischer Wälder ist vollkommen beispiellos in mehr als 20 Jahren der Datenerhebung. Das ist weltweit Alarmstufe rot.
Elizabeth Goldman, WRI
Der Bericht konzentriert sich auf Tropenwälder, die am stärksten bedroht und besonders wichtig für die Artenvielfalt und die Speicherung des Treibhausgases CO2 sind. Das WRI wertete dafür zusammen mit der University of Maryland aus den USA aktuelle Daten der Plattform Global Forest Watch aus, die seit 2002 Informationen zur Zerstörung tropischer Urwälder zusammenträgt.
Demnach wurde vergangenes Jahr jede Minute eine Fläche von der Größe von 18 Fußballfeldern zerstört. Im Vergleich zu 2023 sei dies ein Anstieg um 80 Prozent.
Instagram-Post des WRI
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Waldbrände größerer Faktor als Landwirtschaft
Fast die Hälfte der Zerstörungen geht der Studie zufolge auf Brände zurück. Waldbrände sind damit erstmals ein wichtigerer Faktor für die Tropenwaldzerstörung als die Landwirtschaft. Durch die Waldbrände wurden nach Erkenntnissen der Experten 3,1 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre freigesetzt. Das ist etwas mehr als die jährlichen Emissionen des Energiesektors von Indien.
Auch wenn Waldbrände durchaus natürliche Ursachen haben können, werden laut WRI die meisten Feuer in Tropenwäldern vom Menschen verursacht. Überdies trägt der von Menschen gemachte Klimawandel zu häufigeren und intensiveren Waldbränden bei.
2024 war weltweit das heißeste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Wissenschaftler führen die Rekordtemperaturen auf den fortschreitenden Klimawandel zurück, der insbesondere durch die weiterhin massive Nutzung fossiler Energieträger verursacht wird, sowie auf das Klimaphänomen El Niño.
El Niño ("der Junge" oder auch "das Christkind") bezeichnet ein Wetterphänomen im Südpazifik. Normalerweise wehen dort Passatwinde, die das Oberflächenwasser des Pazifiks von Osten nach Westen schieben. Das Wasser erwärmt sich durch die Sonne, bis es vor Australien, Indonesien und Südostasien ankommt. Das sorgt für das feuchtwarme Klima in diesen Regionen. Im östlichen Pazifik, vor Südamerika, strömt kaltes Wasser nach. Das Klima ist dort eher kühl und trocken.
Bei einem El-Niño-Ereignis, das alle drei bis sieben Jahre auftritt, schwächen sich die Passatwinde ab oder wechseln sogar die Richtung. Vor Südamerika ist der Pazifik deshalb wärmer als üblich. Es verdunstet mehr Wasser, was zu starken Niederschlägen, Überschwemmungen und Erdrutschen führen kann. In Südostasien bleibt der Pazifik kühler, die Niederschläge werden weniger oder bleiben aus. Die Folge sind Dürren, Waldbrände und Ernteausfälle.
Zwar ist El Niño keine Folge des Klimawandels, dieser scheint die Intensität des Wetterereignisses aber zu erhöhen.
Bei einem El-Niño-Ereignis, das alle drei bis sieben Jahre auftritt, schwächen sich die Passatwinde ab oder wechseln sogar die Richtung. Vor Südamerika ist der Pazifik deshalb wärmer als üblich. Es verdunstet mehr Wasser, was zu starken Niederschlägen, Überschwemmungen und Erdrutschen führen kann. In Südostasien bleibt der Pazifik kühler, die Niederschläge werden weniger oder bleiben aus. Die Folge sind Dürren, Waldbrände und Ernteausfälle.
Zwar ist El Niño keine Folge des Klimawandels, dieser scheint die Intensität des Wetterereignisses aber zu erhöhen.
Das Wetterphänomen La Niña ("das Mädchen") tritt alle drei bis fünf Jahre auf. Hierbei schieben die Passatwinde das Wasser im Pazifik zwar wie gewohnt von Ost nach West, allerdings sind die Winde deutlich stärker als normalerweise. Es fließt deshalb mehr warmes Wasser Richtung Westen, der Temperaturunterschied zwischen beiden Pazifikküsten wächst.
In Indonesien und Australien steigt die Wahrscheinlichkeit für Starkregen und Überschwemmungen, weil dort mehr warmes Wasser ankommt und verdunstet. Auch außerhalb des Pazifiks sind Auswirkungen von La Niña spürbar. Die Wahrscheinlichkeit von Hurrikanen etwa ist in den USA und der Karibik erhöht.
In Indonesien und Australien steigt die Wahrscheinlichkeit für Starkregen und Überschwemmungen, weil dort mehr warmes Wasser ankommt und verdunstet. Auch außerhalb des Pazifiks sind Auswirkungen von La Niña spürbar. Die Wahrscheinlichkeit von Hurrikanen etwa ist in den USA und der Karibik erhöht.
Am meisten Tropenwald in Brasilien zerstört
Allein Brasilien registrierte vergangenes Jahr die Zerstörung von 2,8 Millionen Hektar Urwald, zwei Drittel davon durch Brände. Diese würden oft gelegt, um Platz für den Anbau von Soja oder für Viehweiden zu machen, erläuterte das WRI.
Den zweiten Platz auf der Rangliste der weltweiten Tropenwald-Zerstörung belegt laut WRI Brasiliens Nachbarland Bolivien, wo vergangenes Jahr dreimal so viel Wald zerstört worden sei wie im Vorjahr. Hauptfaktor seien auch dort Brände gewesen. Ein Großteil davon seien gelegt worden, um Platz für "Bauernhöfe von industriellem Ausmaß" zu machen, heißt es in der Studie.
Auch im Kongo und in der Demokratischen Republik Kongo hat sich die Lage der Studie zufolge 2024 deutlich verschlechtert. Immerhin in den südostasiatischen Ländern Indonesien und Malaysia verbesserte sich der Schutz der Tropenwälder.
Auch Avocados und Kaffee schaden den Tropenwäldern
Die Verdrängung von Tropenwäldern ist historisch gesehen insbesondere auf vier Produkte zurückzuführen: Palmöl, Soja, Rindfleisch und Holz. Während es in manchen Bereichen wie dem Palmöl Verbesserungen in puncto Walderhalt gab, treten mit der erhöhten Nachfrage nach anderen Produkten wie Avocados aus Mexiko oder dem vermehrten Anbau von Kakaobohnen und Kaffeebohnen neue Probleme auf.
Die Ursachen für die Waldzerstörung blieben also "nicht immer dieselben", erklärte Rod Taylor, Leiter des WRI-Waldprogramms. So bereiteten mittlerweile auch der Bergbau und die Nachfrage nach bestimmten Metallen verstärkt Probleme.
Quelle: dpa
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Quelle: AFP
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