Landwirtschaft im Klimawandel: Wie alte Kulturpflanzen helfen

Zukunft der Landwirtschaft:Mit alten Pflanzen gegen den Klimawandel

von Lucy Weiler
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Kommt das Comeback uralter Kulturpflanzen? Das ist gut möglich, denn der Landwirtschaft könnte genau das bei der Anpassung an den Klimawandel helfen.

Ein Foto von den orangenen Blüten der Färberdistel, auch Saflor genannt, vor einem bebauten Acker.

Saflor, auch Färberdistel genannt, könnte als Kulturpflanze ein Comeback erleben.

Quelle: Universität Hohenheim

Extreme Dürre hatte die deutsche Landwirtschaft 2018 besonders hart getroffen. Aber auch in diesem Jahr schreibt das Klima in Deutschland Geschichte: Von Anfang Februar bis Mitte April war es seit 1931 noch nie so trocknen wie 2025, so der Deutsche Wetterdienst (DWD). Die Landwirtschaft muss sich anpassen. Möglicherweise mit der Rückkehr zu alten Sorten. Wie das klappen kann, wird bereits erforscht.

Zum vierten Mal findet vom 15. bis zum 19. September 2025 deutschlandweit die Woche der Klimaanpassung statt. Durchgeführt wird sie auf Initiative des Bundesumweltministeriums hin vom Zentrum KlimaAnpassung. Ziel ist es, mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken und auch Praxisbeispiele zu zeigen, die zur Nachahmung animieren.


Auch wenn es im Juli dann mehr regnete als üblich: Die Trockenheit davor war deutlich zu spüren, sagt Johann Meierhöfer vom Deutschen Bauernverband (DBV). "Die Situation war zeitweise so angespannt, dass ohne die rettenden Niederschläge im Mai und Juni in manchen Regionen Deutschlands deutlich gravierendere Schäden zu befürchten gewesen wären."

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Landwirtschaft braucht widerstandsfähige Pflanzen

Mais, Zuckerrüben und andere Sommerkulturen litten unter Trockenstress. Was nun gebraucht wird, sind Pflanzen, die gegen Stressfaktoren wie Hitze und Dürre resistenter, also widerstandsfähiger sind. Das sei entscheidend für die Zukunft der deutschen Landwirtschaft, so Meierhöfer.

Ein Beispiel: Saflor, auch Färberdistel genannt. Zu dieser alten Kulturpflanze forscht das Projekt CarthBreed der Landessaatzuchtanstalt der Universität Hohenheim.

Die Samen der Färberdistel liefern hochwertiges Speiseöl. Zu den größten Vorteilen der Pflanze gehören ihre Robustheit und Hitzeresilienz. Daneben liefern ihre Blüten Nahrung für Insekten.

Saflor, auch bekannt als Färberdistel, stammt wohl aus Kleinasien und wurde bereits im alten Ägypten zur Färbung und in der Antike in Europa und Asien als Heilmittel genutzt. Ab dem 17. Jahrhundert wurde die genügsame Färberdistel auch im deutschsprachigen Raum systematisch angebaut, verlor aber später wieder ihre Bedeutung. Erst im 20. Jahrhundert wurden ihre ölreichen Sorten vor allem in Indien und in Nord- und Südamerika wieder in größerem Umfang angebaut.


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Über 500 Saflor-Genotypen gesammelt

Inzwischen wurden für das Projekt über 500 Saflor-Genotypen aus internationalen Genbanken gesammelt und Feldversuche an mehreren Standorten etabliert. Interessant macht Saflor auch, dass es gut in Fruchtfolgen passt. Gemeint ist der Wechsel unterschiedlicher Anbaupflanzen auf einem Feld. Davon profitiert die Bodenqualität.

Die Samen lokal gezüchteter Saflorsorten erbringen bisher einen Ölertrag von etwa 25 Prozent. Bei Rapskörnern liegt der Ertrag bei mehr als 40 Prozent. In Zukunft könnte Saflor dennoch ergänzend zu Raps angebaut werden, da er widerstandsfähiger gegen Schädlinge sei, erklärt Dr. Hans Peter Maurer vom Projekt CarthBreed. Zwar entspreche der Ölertrag pro Hektar Saflor noch nicht dem des Raps, doch gerade an diesem Problem wird geforscht.

Neben der Einführung neuer Kulturen ist auch die züchterische Anpassung etablierter Arten ein zentraler Baustein für klimaresiliente Anbausysteme.

Dr. Hans Peter Maurer, Universität Hohenheim

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Pflanzen stammen oft aus warmen Regionen

Weitere potenziell klimaangepasste Pflanzen, die gerade in Deutschland erprobt werden, sind Maurer zufolge unter anderem Chia, Hirse oder auch Kichererbsen. Da diese meist aus warmen Regionen stammen, würden sie mit Blick auf ihre Trockenheitstoleranz immer relevanter, so Maurer.

Wegen der Widerstandsfähigkeit gegen Trockenheit wird in Deutschland immer mehr Soja angebaut. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) sind die Anbauflächen vom Jahr 2016 bis 2024 um 156,8 Prozent gestiegen. Im vergangenen Jahr haben knapp 4.500 Betriebe auf insgesamt 40.500 Hektar Sojabohnen angebaut. 2016 waren es rund 2.400 Betriebe und knapp 15.800 Hektar.


"Die Wahl der Kulturpflanzen ist eine zentrale Stellschraube für die Anpassung an den Klimawandel", sagt Dr. Moritz Reckling vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF). "Aber auch für weitere Aspekte wie den Klimaschutz, die Bodengesundheit und den Einfluss auf die Biodiversität".

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Forscher sehen großes Potenzial bei Kichererbse

Bei den Kichererbsen, die das ZALF in Süddeutschland und im Nordosten anbaut, sind die Erträge auf den Forschungsfeldern bisher zwar gut. "Sie haben ein großes Potenzial", sagt Moritz Reckling. Dennoch entpuppt sich der Anbau noch als risikoreich. So haben sich die Pflanzen unter anderem mit Viren infiziert, die sonst nur Erbsen befallen. Bedeutet: Es muss weiter geforscht und gezüchtet werden, um am Ende robuste und widerstandsfähige Sorten zu haben.

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Anpassung durch neue Technik und neue Methoden

Doch klimaangepasste Landwirtschaft bedeute mehr als die Suche nach robusten Pflanzen und Sorten, betont Meierhöfer vom DBV: "Landwirte brauchen angepasste Maschinen. Also spezielle Technik für Aussaat und Bodenbearbeitung, andere oder modifizierte Erntetechnik, veränderte Lagertechnik und oft völlig neue Vermarktungsstrategien."

Daneben spielen Bewässerungssysteme, eine wassersparende, schonende Bodenbearbeitung oder auch neue Anbaumethoden eine Rolle. Die Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel ist ein Langzeitprojekt.

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