Japan: Krise um Reis in der Bevölkerung und der Landwirtschaft

Japans Korn in der Krise:Was stimmt nicht am Reis-Leistungsverhältnis?

Miriam Steimer | ZDF-Reporterin in Hiroshima / Japan
von Miriam Steimer
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Sushi, Notreserve, Opfergabe - Reis prägt Kultur und Identität Japans. Sein Preis ist extrem angestiegen, doch es ist komplizierter als es klingt. Ein Besuch auf den Reisfeldern.

Mount Fuji spiegelt sich in einem Reisfeld

Japans Reis wird wegen Hitze, Wasserknappheit und hoher Energiekosten immer teurer. Für viele wird das Grundnahrungsmittel somit zum Luxusprodukt - eine Entspannung der Lage ist nicht in Sicht.

20.08.2025 | 6:24 min

Sobald Sushi die Zunge berührt, soll der Reis schmelzen. So erklärt es Koike Hideki in seinem Restaurant in Tokio. Ausländischer Reis kommt dem Sushi-Chef nicht in die Küche. Auch wenn er für den japanischen Reis gerade deutlich mehr zahlen muss als sonst: Fünf Kilo von der besonders beliebten Sorte Koshihikari kosteten üblicherweise etwa 15 Euro, jetzt mehr als das Doppelte.

Panikkäufe sorgen für leere Supermarkt-Regale

Der hohe Reis-Preis ist auch bei seinen Gästen Dauerthema: "Reis ist so teuer" sei ein Satz, den sie jetzt so häufig nutzen würden wie eine Smalltalk-Phrase à la "Heute ist es aber heiß."

Eine Restaurantbesucherin erinnert an die Zeit, als es im Supermarkt gar keinen Reis mehr zu kaufen gab: Panikkäufe sorgen für leere Regale. Die Gründe für Japans Reis-Krise: gestiegene Nachfrage, schlechte Ernten und viele werfen der Regierung eine falsche Steuerung des Anbaus und der Reis-Reserve vor.

Dagegen protestieren die Landwirte immer wieder, sie fordern ein faires Reis-Leistungsverhältnis. Für sie war der aktuelle Preis-Anstieg längst überfällig. "Denn die Reispreise sind 30 Jahre lang eben nicht gestiegen und das war für uns Reisbauern eine wirklich schwere Zeit", sagt Tenmyo Nobuhiro. So lange bestellt er seine Reis-Felder in der Präfektur Niigata an der Westküste - im für Japan typischen Format: ein kleiner Familienbetrieb, vier Hektar Land. Für den 57-Jährigen sind die höheren Preise erstmal ein Aufatmen, aber er macht sich trotzdem Sorgen.

Dadurch, dass die Preise jetzt so gestiegen sind, wird nun mehr Reis aus dem Ausland importiert und auch der Reiskonsum an sich sinkt. Wenn jetzt Reis übrig bleibt, werden die Preise einstürzen.

Tenmyo Nobuhiro, Landwirt aus Niigata

"planet e.: Genuss mit Beigeschmack - Reis": Eine Schale Reis umschlossen von zwei Händen

Reis ernährt die Welt. Das Grundnahrungsmittel gilt als gesund. Aber es ist ein Getreide mit Gefahren: Umweltbelastungen und Giftstoffe begleiten den Weg vom Feld bis zum Teller.

28.04.2024 | 28:25 min

Weniger Landwirte = größere Flächen

Tenmyo befürchtet, dass sein Beruf ausstirbt: Steigende Produktionskosten, eine alternde Bevölkerung und fehlender Nachwuchs führen dazu, dass immer mehr Felder brach liegen. Die wenigen jungen Leute würden in die Städte gehen, Bürojobs machen.

Nakamori Tsuyoshi ist eine Ausnahme. Sein Leben, vier Autostunden weiter südlich, dreht sich ebenfalls um Reis. Er kennt all die Schwierigkeiten und macht es trotzdem - oder gerade deshalb. Aber der 37-Jährige will es anders machen. Er bewirtschaftet 330 Hektar und sie kaufen weiter verlassene Felder hinzu. Wenn es immer weniger Landwirte gibt, müsse der einzelne sich um immer größere Flächen kümmern, um den Reis-Hunger seines Landes zu stillen. Auch er findet den höheren Reis-Preis überfällig: Dünger, Sprit, alles sei teurer geworden, nur der Reispreis sei gleich geblieben.

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Vor 80 Jahren zündeten die USA über der japanischen Stadt Hiroshima eine Atombombe. Nicht nur in Japan wird dieses schrecklichen Tages gedacht.

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Traktoren ohne Fahrer hinter dem Steuer

Seine Generation hätte nicht genug Zeit, um jahrelang Erfahrung zu sammeln. Deshalb will er eine Art Formel für den Reisanbau entwickeln - für alle verfügbar, im Norden wie im Süden des Landes anwendbar, mit Daten wie Wetter oder Bodenqualität. Er nutzt digitale Lösungen und künstliche Intelligenz. Das zieht junge Leute an. Das Durchschnittsalter seiner 25 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter: 30 Jahre.

Morikawa Amis ist eine von ihnen. Ihre Fingernägel verraten, dass sie mehr im Büro arbeitet als auf dem Feld, denn vieles lässt sich vom Schreibtisch aus steuern, zum Beispiel die Traktoren ohne Fahrer hinter dem Steuer.

Zurzeit muss immer noch eine Person daneben stehen, aber in Zukunft muss man nur noch einen Knopf im Büro drücken und der Traktor fährt ganz von alleine los.

Morikawa Ami, arbeitet in einem Unternehmen für Reis-Anbau

Buchweizen, Graupen und Co.
:Heimische Alternativen zu Reis

Reis ist das Grundnahrungsmittel für einen Großteil der Weltbevölkerung, hat aber keine gute Klimabilanz. Es gibt heimische Alternativen, die sogar einen Nährstoffvorteil haben.
von Friederike Streib
Reis und Graupen sind jeweils in Schüsseln gefüllt.
mit Video

In Japan ist Reis so wichtig, dass er auch als Opfergabe nicht fehlen darf, als Frühstück für die Gottheit oder in flüssiger Form. Doch für die irdischen Konsumenten bleibt der Reis-Preis ein großes Problem.

Miriam Steimer ist Korrespondentin für Ostasien und leitet das ZDF-Studio in Peking.

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