Nilgans als invasive Art: Wie sinnvoll die Jagd ist
Invasive Vögel breiten sich aus:Wie sinnvoll ist die Nilgans-Jagd?
von Julian Prahl
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Nilgänse breiten sich in Parks und Freibädern aus: Sie hinterlassen Dreck und gelten als aggressiv - der Ruf, sie zu jagen, wird lauter. Naturschützer sind allerdings skeptisch.
Nilgänse sind laut, verdrecken alles und stehen im Verdacht, einheimische Arten zu verdrängen. Städte sind überfordert, Jäger und Naturschützer streiten über wirksame Maßnahmen.10.08.2025 | 28:35 min
An der Nilgans scheiden sich die Geister. Einige Stadtbewohner empfinden die auffällige Gans und ihre Küken als Bereicherung, füttern sie sogar mit mitgebrachten Snacks. Andere stören sich an ihrem aggressivem Revierhalten, das sich besonders an innerstädtischen Seen beobachten lässt.
Seit 2017 steht die Nilgans auf der EU-Liste der gebietsfremden invasiven Arten. Das bedeutet, dass auch Deutschland verpflichtet ist, den Bestand einzudämmen, denn die Nilgans verdränge heimische Arten an ihren Brutplätzen. Auch auf Äckern richtet sie neben anderen Gänsearten Fraßschäden an.
Jagd auf die Nilgans in fast allen Bundesländern
Teil des Nilgans-Managements der Städte und Kommunen ist die Jagd. Die Nilgans darf in allen Bundesländern mit Ausnahme von Berlin und Hamburg geschossen werden. "Die Jagdzeiten variieren in den einzelnen Bundesländern zwischen drei Monaten und einer ganzjährigen Bejagung", erklärt Torsten Reinwald vom Deutschen Jagdverband (DJV).
Dabei wird der überwiegende Teil der Nilgänse in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen geschossen. Der DJV fordert nun verstärkt eine bundesweite Bejagung für die Nilgans nach einheitlichen Standards, um weitere ökologische und ökonomische Schäden zu verhindern.
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Weiter verbreitet als heimische Graugans
Die Nilgans sei inzwischen weiter verbreitet als die heimische Graugans. Laut DJV befürworteten auch deshalb acht von zehn Deutschen die Jagd auf Nilgänse zur Bestandsregulation. Naturschützer und Vogelkundler sehen das etwas anders. Die Jagd sei nicht immer die einzige effektive Maßnahme.
Die Doku „planet e: Nilgänse - Eindringlinge auf Eroberungskurs" zeigt, welche Probleme die eingewanderten Vögel machen. Und warum es so schwierig ist, sie zu bekämpfen. Sie können den Film am 10. August um 15:45 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit im ZDF-Streamingportal.
Die Stuttgarter Ornithologin Dr. Friederike Woog beobachtet seit 2010 die Nilgansbestände im Stuttgarter Schlossgarten und am Max-Eyth See. Früher gab es hier pro Gewässer ein Nilganspaar mit Jungen. Inzwischen rücken die Paare näher zusammen und teilen sich die Gewässer mit 24 Brutpaaren.
Während die Nilganszahlen je nach Jahreszeit in diesem Jahr zwischen 100 und 250 Individuen liegen, stagniert die Anzahl der heimischen Graugänse im Stuttgarter Park seit 2010.
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Nilgans laut Expertin keine Gefahr für kleinere Arten
Einzelne Nilganspaare könnten punktuell andere Wasservögel verdrängen, wenn sie ihre Brut verteidigen, erklärt Friederike Woog. Fehlt die schützende Ufervegetation, könne es für kleinere Arten wie die Stockente und ihre Küken schlecht ausgehen. Dass die Nilgans Stockenten großflächig ausmerze, diese Gefahr sieht sie nicht.
Einige Individuen töten manchmal andere Vogelarten, aber die Hauptzahl der Gänse ist eigentlich ziemlich friedlich.
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Friederike Woog, Ornithologin
Den Nutzen der Bejagung zur Bestandskontrolle bewerten Naturschützer und Ornithologen eher mit Skepsis, denn die Tiere füllen die freigewordenen Nischen schnell mit neuem Nachwuchs auf. "Je mehr Nilgänse ich abschieße, desto mehr werden nachproduziert", so Friederike Woog.
Der Abschuss werde laut der Vogelforscherin daher langfristig nicht dazu führen, die Bestände der Nilgänse dauerhaft zu reduzieren. Besser sei eine Kontrolle der Gelege. Da die Nilgänse aber zum Beispiel in Stuttgart oft in hohen Bäumen brüten, sind diese für Wildtiermanager nur schlecht erreichbar, die Maßnahme daher eher kostenintensiv.
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Tierschützer: Nicht-tödliche Maßnahmen effektiver als Jagd
Einige Tierschützer plädieren für mildere, nicht-tödliche Maßnahmen: Es sei beispielsweise bekannt, dass Nilgänse sich kaum auf hochbewachsenen Grünflächen bewegten. Hier könnte ein Umdenken der Verantwortlichen in den Städten angestoßen werden, indem beispielsweise in Parks, in denen Nilgänse hohes Konfliktpotenzial haben, insektenfreundliche Blühwiesen geschaffen werden. Diese würden von der Nilgans eher gemieden.
Gänsezäune, dichte Hecken oder Langgraswirtschaft sind weitere Maßnahmen, die vorgeschlagen werden, um die Gänse lokal von Liegewiesen fernzuhalten. "Man könnte sie mit Hunden kurzfristig vertreiben", schlägt die Ornithologin Friederike Woog vor. "Das müsste aber immer wieder geschehen und wäre kostenintensiv." Aus Deutschland ganz vertreiben lasse sich die Nilgans aber nicht mehr.
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