Das Ende der Traditionsläden:Warum viele für immer die Türen schließen
von Miriam Hantzsche
Es sind wirtschaftlich herausfordernde Zeiten. Dass nun selbst alte Traditionsgeschäfte vermehrt dicht machen, führt uns Verbrauchern die Realität schmerzlich vor Augen.
Von Mainz bis München: Immer mehr Läden schließen, auch Traditionsbetriebe. Der Handelsverband fordert Steuervorteile und faire Regeln für den Wettbewerb.
24.12.2025 | 1:35 minIm März 2025 prognostizierte Alexander von Preen, Präsident des Handelsverband Deutschland (HDE), ein weiteres Jahr des Geschäftesterbens. 4.500 Läden würden die deutschen Innenstädte in diesem Jahr verlieren.
Im gleichen Atemzug forderte er im Frühjahr die Politik auf zu helfen. Sie müsse "jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen, dass unsere Innenstädte als wirtschaftliche und gesellschaftliche Zentren erhalten bleiben", so von Preen damals.
Der Dezember ist entscheidend: Rund ein Fünftel des Jahresumsatzes wird in diesem Monat erzielt. 2025 fällt die Bilanz gemischt aus – doch viele Händler hoffen auf Last-Minute-Käufe.
23.12.2025 | 2:26 minVermehrt alte Traditionsgeschäfte betroffen
Es sind nicht mehr nur die "Eintagsfliegen", typische Startups, von denen es bekanntlich die wenigsten schaffen, auf lange Sicht Gewinne einzufahren. Nein, jetzt trifft es auch die Altgedienten. Allein in Mainz schließen zum Jahresende mehrere Geschäfte, die in den Augen der Anwohner eigentlich nicht mehr wegzudenken sind.
Ob der Schreibwarenladen Listmann, der seit über 135 Jahren an mehreren Standorten florierte, oder auch der bekannte Kinderladen Wirth, der nach über 100 Jahren seine Pforten in der Mainzer Innenstadt schließen muss - die Gründe sind oft ähnlich.
Es sind Leute, die weinen. Die sagen, ich war als Kind hier, jetzt mit meinen Enkeln, das sind sehr viele emotionale Gespräche.
Christoph Demmler, Inhaber "Kinderladen Wirth"
Bereits vor 27 Jahren habe sie Kinderkleidung für ihre Tochter gekauft, jetzt kaufe sie hier die Kleidung für deren Kinder, sagt eine Kundin des Kinderladens. Die Qualität und Beratung sei ihr dabei immer wichtig gewesen. Jetzt bleibe ihr wohl nur noch der unpersönliche Onlinehandel, bedauert sie.
In vielen Fällen ist tatsächlich eine fehlende Nachfolge für die Ladeninhaber ein Grund für die Schließung. Außerdem haben auch Traditionsgeschäfte das Problem der steigenden Fixkosten wie beispielsweise höhere Mieten und Stromkosten. Hinzu kommt ein verändertes Kaufverhalten der Kundschaft durch vermehrten Onlinekonsum. Seit der Corona-Pandemie hat sich dies verstärkt.
Ein weiteres Problem, das nicht zu unterschätzen ist - mangelhafte Infrastruktur: zum einen durch immer höhere Parkkosten in den Innenstädten, zum anderen durch städtische Baumaßnahmen, die Laufkundschaft fernhalten.
Macht der Onlinehandel Traditionsläden kaputt?
Ladeninhaber Christoph Demmler macht nicht nur die Kunden verantwortlich, die vermehrt online einkaufen. Zwar habe er auch ein verändertes Kaufverhalten bei der Kundschaft seit der Corona-Pandemie bemerkt. Vielmehr kritisiert er allerdings die laschen Regelungen gegen Konkurrenzfirmen aus China.
Wenn Temu und Shein kommen, ist das kein fairer Wettbewerb mehr.
Christoph Demmler, Inhaber "Kinderladen Wirth"
In Frankfurt träfen täglich Millionen kleiner Plastiktüten ein, um den Zoll zu umgehen, klagt Demmler.
Der freie Welthandel steht aktuell unter Druck: durch Zölle, geopolitische Spannungen und Kriege. Werden zukünftige Märkte sich weiter abschotten oder hat die Globalisierung noch eine Chance?
24.11.2025 | 43:30 minSpäte Maßnahme der EU für fairen Wettbewerb
Ab Juli 2026 soll jedes in die Europäische Union eingeführte Paket mit einem Warenwert bis 150 Euro mit einer Abgabe in Höhe von drei Euro belegt sein. Laut HDE eine wichtige Maßnahme zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs im Online-Handel.
Die EU erhöht die Importkosten für Billigwaren: Ab Juli 2026 wird für jedes Paket unter 150 Euro eine Abgabe von drei Euro fällig - besonders spürbar für Plattformen wie Temu.
12.12.2025 | 0:18 minDoch zur Wahrheit gehört auch, dass solche Maßnahmen bereits seit Jahren gefordert werden und es laut von Preen erst der Anfang eines langen Weges ist. "Jetzt müssen rasch weitere Schritte folgen, um Anbieter wie Temu und Shein für die Nichteinhaltung europäischer Gesetze zur Rechenschaft zu ziehen", so von Preen.
Die deutsche Wirtschaft verliere an Wettbewerbsfähigkeit, konstatiert Bernd Bütow, Hauptgeschäftsführer des "Verbands Creditreform".
Hohe Kosten, Bürokratie und die anhaltende Konjunkturschwäche werden das Insolvenzgeschehen weiter antreiben.
Bernd Bütow, Hauptgeschäftsführer "Verband Creditreform"
Die Insolvenzen deutscher Unternehmen sind auf einem Zehn-Jahres-Hoch. Bernd Bütow, Hauptgeschäftsführer des "Verband Creditreform", sieht für das kommende Jahr keiner besonderen Besserung entgegen. Die geplanten Milliarden-Investitionen der Bundesregierung in Infrastruktur und Verteidigung könnten das Wirtschaftswachstum zwar ankurbeln und den Anstieg der Insolvenzen bremsen. Dennoch seien zusätzliche strukturelle Maßnahmen nötig, etwa eine Entlastung bei den Stromkosten, um die wirtschaftliche Basis wieder zu stabilisieren.
"Besser spät als nie?" Nicht für Traditionsläden
Während die Europäische Union mit Maßnahmen gegen unfairen Wettbewerb durch internationale Online-Händler beginnt und die Bundesregierung Investitionen ankündigt, ist es für viele allerdings schon zu spät. Durch die endgültigen Schließungen selbst alter Traditionsgeschäfte wird jetzt zur Realität, was sich schon lange abzeichnet: Der Einzelhandel wird nicht mehr so existieren, wie wir es aus unserer Kindheit kennen.
Miriam Hantzsche ist Redakteurin im ZDF-Team Wirtschaft und Finanzen.
Mehr zum Einzelhandel und zur Wirtschaft
Weniger Kundschaft :Viele Händler unzufrieden mit Weihnachtsgeschäft
mit Video0:57- Grafiken
BIP, Arbeitslosigkeit, Inflation:Wie geht es der Wirtschaft unter Merz?
von Robert Meyer, Moritz Zajonzmit Video0:26 Sparen statt Ausgeben:Zukunftsangst schlägt sich auf Konsum nieder
von Lisa Brockschmidtmit Video0:57