Tiertransporte auf Schiffen: Wie Tiere beim Export leiden

Tiertransporte per Schiff:Wie Rinder und Schafe beim Export leiden

von Karen Grass und Heiko Rahms
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Millionen von Nutztieren gehen jährlich aus der EU in Nicht-EU-Staaten. Auf Transporten und bei der Schlachtung im Ausland leiden auch deutsche Tiere. Jetzt regt sich Widerstand.

Tiertransporte auf hoher See

Deutschland exportiert kaum Nutztiere direkt in Drittstaaten im Nahen Osten und Afrika. Dennoch landen viele deutsche Rinder zur Schlachtung dort - oft auf fragwürdige Weise.

26.09.2025 | 21:10 min

Kotverschmiert harren deutsche Rinder am Hafen der spanischen Küstenstadt Cartagena auf einem Lkw aus. Sie sollen von hier übers Mittelmeer exportiert werden - mit Hunderten anderen Tieren aus ganz Europa. Die deutschen Rinder sind teils über Italien, teils über Belgien nach Spanien gekommen. "Und jetzt gehen sie im Alter von 13 Monaten in den Libanon", sagt Gerit Weidinger von der Tierschutzorganisation Animal Welfare Foundation, deren Team die Szene dokumentiert hat.

Bauern in Deutschland müssen viele Kälber verkaufen

Ein Grund für die Transporte: Milchviehbetriebe können nicht alle bei ihnen geborenen Kälber selbst nutzen und verkaufen sie deshalb weiter. "Wo die Tiere dann landen, ist für uns eine Art Blackbox", sagt der Milchbauer Elmar Hannen. Damit seine Tiere idealerweise in der Region bleiben, verkauft er gezielt an einen Kälbermäster in der Nähe.

Aber ich weiß nicht, ob er einige davon wieder weiterverkauft und dann könnten die auch im Export landen.

Elmar Hannen, Milchbauer

  • Damit eine Kuh dauerhaft Milch gibt, muss sie regelmäßig ein Kalb bekommen. Die Tiere werden deshalb regelmäßig besamt und trächtig gemacht.
  • Nicht alle weiblichen Kälber können zur Auffrischung der Herde genutzt werden - und mit den männlichen Kälbern können viele Höfe oft gar nichts anfangen, also werden die Tiere verkauft.
  • Es gibt spezialisierte Viehhändler, die Kälber von den Höfen ankaufen und dann an Mäster oder Züchter weitervermarkten - in und außerhalb von Deutschland.
  • Teils durchlaufen die Kälber auch verschiedene Stationen, je nachdem, wo es gerade Nachfrage gibt oder die Aufzucht oder Mast am günstigsten machbar ist.
  • In Deutschland gibt es weniger Nachfrage nach Kalbfleisch als in anderen Ländern, zumal nicht nach dem Fleisch der eher mageren Kälber aus der Milchviehhaltung.
  • Wegen moderater Nachfrage und Zahlungsbereitschaft ist die Kälbermast hier in vielen Bundesländern eher eine Nische.


Im Hafen von Cartagena werden neben Rindern auch Schafe auf Schiffe verladen. Während die Rinder vielfach mit Elektrotreibern ineinander geschoben werden, werden viele Schafe an Wolle und Beinen gezerrt und getreten. All das ist laut der Tiertransportverordnung der EU verboten. "Eine solche Behandlung von Tieren darf nicht vorkommen", bestätigt die Bundestierschutzbeauftragte Silvia Breher (CDU) dem ZDF.

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Zeitdruck beim Verladen der Tiere

Gabriele Fuchs vom bayerischen Landesverband der beamteten Tierärzte sieht ein Grundproblem: "Da müssen Tausende Tiere in hoher Geschwindigkeit auf ein Schiff verladen werden, unter diesem Zeitdruck ist das mutmaßlich nicht rechtskonform machbar", sagt die Veterinärin. Der Betreiber des spanischen Hafenterminals hingegen versichert, dass stets eine Veterinärsperson die Einhaltung der Verordnung überwache. Wie dann die beobachteten Szenen möglich sind, beantwortet er nicht.



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Spanischer Verband: Be- und Entladen belastet die Tiere

Der spanische Verband der Rinderproduzenten räumt ein, "dass das Be- und Entladen die Tiere belastet". Doch der Export sei ein zwar kleiner, aber doch bedeutender Teil des Geschäfts der heimischen Viehhalter und solle deshalb weitergehen. Sonst übernähmen Länder mit geringeren Tierschutzstandards etwa in Südamerika diesen Handel, so der Verband. "Das wäre äußerst heuchlerisch."

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Sind die Tiere in den Drittstaaten etwa im Nahen Osten angekommen, wird mit ihnen teils noch roher umgegangen. Deshalb hat Nordrhein-Westfalen jetzt einen Antrag im Bundesrat eingebracht und die Bundesregierung aufgefordert, sich auf EU-Ebene für Folgendes einzusetzen: "Wenn Drittstaaten bestimmte Bedingungen für den Tierschutz nicht einhalten, dann sollen sie auch keine Tiere mehr bekommen", so NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU). Ziel sei, dass die EU fragliche Exporte beenden könne.

Der Bundesrat hat einem abgeschwächten Antrag zugestimmt, der sich lediglich auf die Transportbedingungen, nicht aber auf die Haltungs- und Schlachtbedingungen in den Drittstaaten bezieht.

Sehen sie die Doku "Tiertransporte - Leid auf hoher See" am 29. September um 19:25 Uhr im ZDF oder jederzeit im ZDF-Streaming-Portal.


Einheitliche Regeln für Tiertransporte in der EU gefordert

Einheitliche EU-weite Exportregeln befürwortet auch die Tierschutzbeauftragte Breher: "Diese sind lange überfällig und müssen nun ganz dringend angegangen werden." Sie ergänzt:

Mit dem Transport von Fleisch, Sperma und Embryonen gibt es außerdem vielversprechende Alternativen zu Lebendtiertransporten in Länder außerhalb der EU.

Silvia Breher, Tierschutzbeauftragte

Tatsächlich gingen Tierexporte etwa von Spanien aus zuletzt zurück und gleichzeitig stiegen die Exporte von Genmaterial.

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Beim Fleisch ist es komplizierter. Der Export sei wegen der Produktionskosten in Europa teils nicht wettbewerbsfähig, so die Branche. Und: "Viele Zielländer wollen die Tiere explizit selbst schlachten, aus religiösen Gründen", sagt Landwirt Elmar Hannen.

Statt an Export denkt er an Direktvermarktung des Fleischs im Hofladen. Er kreuzt deshalb sein Milchvieh seit einiger Zeit mit Mastrassen und mästet dann einige dieser Kälber selbst. "Aber die Vermarktung des Fleischs ist viel Arbeit, denn es ist nicht spottbillig, sondern Qualitätsware." Das müsse die Kundschaft erst einmal schätzen lernen.

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