Bio-Hof in Kissing: Kaninchen für Tierversuche getötet

Tierversuche in Kissing:Asamhof: Wie Tausende Kaninchen leiden

von Jutta Sonnewald
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Die Tierschutzorganisation SOKO Tierschutz hat undercover dokumentiert, wie in einem Biobetrieb tausende Kaninchen für Tierversuche leiden und getötet werden.

Kaninchen im Stall

Eine Tierschutzorganisation hat undercover dokumentiert, wie auf einem Hof im bayerischen Kissing tausende Kaninchen leiden und getötet werden.

23.09.2025 | 1:49 min

Der Asamhof in Kissing rund fünf Kilometer südlich von Augsburg. Im angegliederten Kaninchenbetrieb werden laut der Tierschutzorganisation SOKO Tierschutz e.V. in drei Hallen tausende Kaninchen für Tierversuche und für die Fleischproduktion gehalten. Die Haltung sei in vielen Fällen nicht artgerecht, teilweise würden Tiere misshandelt.

Sollten sich diese Vorwürfe bestätigen, stünde dies in einem deutlich Widerspruch zu dem Bild, das sich der Hof in der Öffentlichkeit gibt. Auf einer Wenseite des Hofes erfährt man, dass der Asamhof Kissing ein eigenes kleines Schlachthaus betreibt, in dem einmal pro Woche Kaninchen geschlachtet werden. In erster Linie wirbt man auf einer weiteren Seite jedoch für seine Bio-Produkte: Erdbeeren, Heidelbeeren sowie Rind- und Lammfleisch.

Ludwig Asam, der den Hof laut eigenen Angaben seit 2010 nach EU-Biorichtlinien bewirtschaftet und zugleich für die Partei Bündnis 90/Die Grünen im örtlichen Gemeinderat sitzt, betont, dass seine Mutterkühe und -schafe gemeinsam auf Dauergrünland weiden und 100 Prozent Bio gefüttert werden.

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Asamhof: SOKO Tierschutz schleuste Mitarbeiter verdeckt ein

Die Tierschutzorganisation beobachtet den Betrieb schon seit vielen Jahren. Es gelang, dort einen Mitarbeiter als Tierpflegerhelfer verdeckt einzuschleusen. Die Person, die zum Schutz namentlich nicht genannt werden soll, deren Identität dem ZDF aber bekannt ist, habe über mehrere Monate hinweg immer wieder undercover im Betrieb und im Labor Aufnahmen gemacht.

Zu sehen sind lange Käfigreihen, in denen Kaninchen - teilweise fehlgebildet, teilweise verletzt - auf engstem Raum auf Gittern und Rosten eingesperrt sind - ohne weiche Unterlage, wie beispielsweise Stroh.

Teils werfen Mitarbeiter die Tiere beim Anliefern grob, mitunter an einem oder beiden Ohren haltend, in die Käfige. Manchmal fallen Tiere daneben, prallen gegen Metall und stürzen zu Boden. Ein Mitarbeiter verglich laut Aussagen des von der Tierschutzorganisation eingeschleusten Informanten das Beladen der Käfige mit Basketballspielen.

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Tieraktivist: Verstoß gegen Tierschutzgesetz

Aus Sicht von Friedrich Mülln, Mitbegründer des gemeinnützigen Vereins SOKO Tierschutz, verstoße der Asamhof gegen das Tierschutzgesetz.

Kaum jemand weiß, dass es in Deutschland eine Schattenindustrie zur Gewinnung von Kaninchenblut gibt, für die zigtausende Kaninchen auf erbärmliche Art und Weise gehalten und getötet werden.

Friedrich Mülln, SOKO Tierschutz e.V.

Der Tieraktivist hat bei der Staatsanwaltschaft Augsburg Strafanzeige wegen der aus seiner Sicht nicht artgerechten Haltung der Tiere, besonders rohem Umgangs und wegen des Verdachts auf Verrat von Dienstgeheimissen erstattet. Der eingeschleuste Mitarbeiter habe in seinem Beobachtungszeitraum erlebt, dass eine Kontrolle des Veterinäramts einen Tag vorher angekündigt worden sei. Die Mitarbeiter im Kaninchenbetrieb hätten daraufhin vor der Kontrolle ein stark missgebildetes Kaninchen getötet, so der Informant.

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Veterinäramt: Keine tierschutzwidrigen Zustände

Asams Anwalt weist jegliche Vorwürfe zurück: "Der Geschäftsführung unserer Mandanten sind unangemessene oder gar rechtswidrige Verhaltensweisen in ihrem Betrieb weder bekannt noch hatten sie je Anlass an der Integrität der in ihrem Betrieb derzeit beschäftigten Mitarbeiter und Fachkräfte Zweifel aufkommen zu lassen."

Weiter heißt es von der Düsseldorfer Kanzlei CSP Rechtsanwälte: "Sämtliche Haltungsbedingungen entsprechen strikt den gesetzlichen Vorgaben, der Betrieb verfügt über alle erforderlichen behördlichen Genehmigungen und unterliegt regelmäßigen, auch unangekündigten Kontrollen der zuständigen Aufsichtsbehörden."

Auch das zuständige Veterinäramt des Landkreises Aichach-Friedberg teilt entgegen der Darstellung der Tierschutzorganisation mit, dass man bei regelmäßigen Kontrollen des Betriebes bisher keine tierschutzwidrigen Zustände oder Situationen im Umgang mit den Kaninchen festgestellt habe.

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Tierschutzverein: Pharmaunternehmen Kunden des Labors

Die verdeckt gedrehten Aufnahmen zeigen auch, wie betäubten Kaninchen das komplette Blut entnommen wird. Die so getöteten Tiere werden entsorgt. Hauptabnehmer des im Labor des Asamhofs gewonnenen Kaninchenblutes seien laut Tierschutzverein ein deutsches sowie ein schweizer Pharmaunternehmen.

Auf die Vorwürfe der SOKO Tierschutz angesprochen, bestätigt keines der beiden Unternehmen, dass der Asamhof einer ihrer Lieferanten sei. Das schweizer Unternehmen betont darüber hinaus, dass man sich wie auch die "sorgfältig ausgewählten Lieferanten und Partner strikt an alle gesetzlichen Bestimmungen und Vorgaben" halte. Fehlverhalten sei ihnen nicht bekannt.

Gemäß der Versuchstierstatistik wurden 2023 ca. 64.000 Kaninchen für die tierexperimentelle Forschung und Entwicklung in Deutschland eingesetzt. Das entspricht ca. 4,5 Prozent der Gesamtzahl verwendeter Versuchstiere.

Laut Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) werden Kaninchen primär zur Herstellung von Antikörpern, zur Herstellung anderer Produkte aus dem Blut (Serum, Blutplättchen, Fibrin oder Blutkörperchen) und zur Sicherheits- und Qualitätsprüfung von Medikamenten eingesetzt.

Deutschland hat 1989 am BfR die Zentralstelle zur Erfassung und Bewertung von Ersatz- und Ergänzungsmethoden zum Tierversuch (ZEBET) errichtet. Schwerpunkt der ZEBET ist die Erforschung von Alternativen zu Tierversuchen, wie z.B. stammzellbasierte In-vitro-Technologien.

Die Bundesregierung investiert jährlich über 8 Millionen Euro in die Entwicklung von Alternativmethoden. Laut BfR ist Deutschland damit im europäischen Vergleich führend in der Förderung alternativer Methoden.


Mülln kritisiert, dass die Vorschriften der Tierschutzversuchstierverordnung, die unter anderem die Voraussetzungen regelt, die eine Einrichtung oder ein Betrieb erfüllen muss, um Tierversuche durchzuführen oder um Versuchstiere zu halten, wesentlich geringer seien als die der Tierschutznutzverordnung. "Bei Hühnern ist diese Käfighaltung längst verboten, das muss sich auch bei Kaninchen ändern", beklagt Mülln.

Er fordert den Einsatz moderner Methoden ohne Tierleid, unangekündigte Kontrollen und Sanktionen bei Missachtung.

Der Asamhof lässt auf Nachfrage darauf verweisen, dass er seinen "Beitrag zur Rettung von Menschenleben" leiste. Dies sei "keine Entscheidung gegen das Tierwohl, sondern eine Entscheidung für das Leben". Der Asamhof hat seinen Betrieb inzwischen ausgebaut: statt drei, gibt es nun sechs Hallen für die Haltung und Verwertung von Kaninchen in Kissing.

Jutta Sonnewald berichtet aus dem ZDF-Studio in München.

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