Betrug mit Tierschutz: Scammer aus Uganda nutzen perfides System

Profit statt Tierschutz:Fake Rescues: Tierleid als Geschäft

von Caterina Klaeden und Susan Penack
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Mit einer Spende ein Tierleben retten - auf Social Media scheint das möglich zu sein. Doch manche selbst ernannten Tierretter inszenieren die Not der Tiere - für Likes und Geld.

Ein kleiner verletzter Hundewelpe wird mit einer Hand hochgehoben. Er guckt traurig auf den Boden. Im Hintergrund Geldscheine und Spur-Logo.

Selbst ernannte Tierschützer fluten Social Media mit Videos. Oft rufen sie nach dramatischen Rettungsaktionen zu Spenden auf. Ihre Reichweite ist enorm groß. Hilft das den Tieren?

20.08.2025 | 28:10 min

Social Media ist voll von so genannten Tierretter-Accounts, die vorgeben, Hunde von der Straße zu retten. Viele kommen aus Uganda. Einige dieser Accounts zeigen fortlaufend grausame Bilder verletzter Hunde, die angeblich von der Straße gerettet wurden. Das Autorinnenteam der ZDF-Doku "Die Spur" deckt auf: Betrüger inszenieren Tierleid, um Spenderinnen und Spender zu täuschen.

Das Geschäft mit Miet-Sheltern

In der Region Mityana in Uganda stoßen die Reporterinnen auf ein perfides System: Betrüger sammeln Hunde von der Straße ein, halten sie in überfüllten Zwingern und vermieten ihre so genannten Shelter an andere, die mit Bildern und Videos der Hunde Spenden sammeln.

Der ugandische Tierrecht-Anwalt Edwin Ssemyalo beschreibt das so:

Du gehst hin, zahlst eine Gebühr, drehst dein Video und gehst wieder.

Edwin Ssemyalo, Anwalt

Hundewelpe

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Misshandelte Tiere

Je mehr Hunde auf engem Raum leben oder je schlimmer die Verletzungen der Tiere sind, desto mehr Mitleid entsteht auf Social Media - und desto mehr Geld kommt rein. Was die Autorinnen bei ihren Recherchen entdecken, ist erschütternd: Die Tiere werden teilweise absichtlich verletzt, um sie dann zu retten und zu Spenden aufzurufen.

Und das Kalkül der Scammer geht auf: Die Kommentarspalten von Instagram oder TikTok sind voll von Mitgefühl. Denn für User ist es oft schwer einzuschätzen, ob es sich um echte Rettungen handelt. Und so werden emotionale Videos zum Geschäftsmodell. Die Spenden laufen oft über internationale Spenden-Plattformen oder Zahlungsdienstleister ein.

Nerz in Käfig auf Nerzfarm

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Scammer-Netzwerk in Uganda

Die Zahl der Scam-Shelter in der Region wächst indes - auch über Mityana hinaus. Dahinter stecke laut Recherchen vor Ort ein Netzwerk aus schätzungsweise 200 Betrügern. Der Anwalt Edwin Ssemyalo sieht das Problem im System:

Viele junge Männer brechen früh die Schule ab und nutzen diese Shelter, um schnelles Geld zu verdienen.

Edwin Ssemyalo, Anwalt

Er fordert stärkere Tierschutz-Gesetze und gleichzeitig eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit: "Die jungen Männer müssen lernen, wie echter Tierschutz geht. Das, was sie tun, ist nicht nur illegal, sondern auch unmoralisch." Er ist sich sicher: Mit besserer Bildung in Sachen Tierschutz schon ab der ersten Klasse kann das Problem gelöst werden.

  • Algorithmus-Training: Die Autorinnen trainierten für die Recherche ein Social-Media-Profil, indem sie Inhalte von Tierrettern likten, kommentierten oder teilten. Sie folgten dabei seriösen und anerkannten Tierschutzseiten, folgten aber auch Accounts, die sich weniger gut verifizieren ließen - ähnlich wie viele andere Tierliebhaber. Dadurch füllte sich ihr Feed nach und nach mit Content aus unterschiedlichsten Quellen.

  • Daten-Forensik: Die Videos und Bilder, die in ihrem Recherche-Account auftauchten, verglichen sie akribisch miteinander und konnten bald Gemeinsamkeiten erkennen, insbesondere was die Drehorte der Videos betrifft. Dadurch erhielten sie sehr konkrete Hinweise auf verschiedene Shelter u.a. in Uganda und es zeichnete sich ein Bild für eine organisierte Betrugsstruktur ab. Denn sowohl die Drehorte als auch manche Tiere wurden von verschiedenen Accounts genutzt, um damit Spenden zu sammeln.

  • Dreh vor Ort: Die Social-Media-Recherche verlagerte sich in der Folge nach Uganda, wo die Autorinnen Kontakt zu örtlichen Tierschützern und Tierschutzorganisationen aufnahmen.


Tierarzt Tayebwa: Impfen statt einsperren

Tierarzt Dickson Tayebwa hat für seine Doktorarbeit Rudel freilaufender Hunde in ganz Uganda beobachtet. Sein Eindruck: "Die Tiere wirken erstaunlich zufrieden, weil sie sich frei bewegen können und gut an ihre Lebensbedingungen angepasst sind."

Er kritisiert Shelter-Haltung grundsätzlich und plädiert für ein anderes Vorgehen: Hunde sollten nur eingefangen werden, um sie zu impfen - insbesondere gegen Tollwut - und zu kastrieren, bevor man sie wieder freilässt. So könne man verhindern, dass sich die Tiere unkontrolliert weiter vermehren und gleichzeitig das Risiko gefährlicher Tollwutausbrüche eindämmen.

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Was gegen Fake Rescues unternommen wird

Tierarzt Dickson Tayebwa ist Vorsitzender des Konsortiums für Tierschutz in Uganda. In dem Konsortium haben sich die registrierten, seriösen Tierschutzorganisationen aus Uganda zusammengetan, um auf die massiv steigende Zahl der Fake-Tierschützer zu reagieren.

Denn: Die Regierung, vertreten durch den Amtstierarzt im Bezirk Mityana, unternimmt nichts gegen das Vorgehen der jungen Männer in den Sheltern.

Internationales Problem

Doch nicht nur Accounts aus Uganda nutzen Tiere aus, um mit ihrem Leid Spenden zu sammeln. Wer sich also international für den Tierschutz einsetzen will und gerne spenden möchte, sollte genau prüfen, wem er sein Geld anvertraut - und ausschließlich an seriöse Organisationen spenden.

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