Fleischverschwendung: Warum viele Tiere in der Tonne landen

Fleischverschwendung:Warum viele Tiere in der Tonne landen

von Jan Marschke
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Ein erheblicher Anteil des produzierten Fleisches gelangt nicht auf den Teller, sondern wird entlang der Lieferkette entsorgt. Initiativen wie Cowsharing setzen als Gegenmodell an.

Arbeiter in einer Fleischfabrik
Arbeiter in einer Fleischfabrik: Laut einer Studie gehen in der Verarbeitung und Verpackung etwa 20 Prozent der Fleischprodukte verloren.
Quelle: AP

Die weltweite Fleischproduktion ist mit erheblichen ökologischen, ethischen und ökonomischen Herausforderungen verbunden.
Eine besonders gravierende Problematik stellt die Fleischverschwendung dar, die nicht nur in der Produktion, sondern insbesondere nach der Schlachtung auftritt. Jährlich werden Millionen Tonnen Fleisch nicht verzehrt, obwohl sie mit hohem Ressourcenaufwand produziert wurden.

Fleischverschwendung schadet Tieren und Umwelt

Allein in Deutschland werden pro Tag zwei Millionen Tiere geschlachtet. Das entspricht pro Jahr etwa 6,9 Millionen Tonnen Fleisch.
Geschlachtete Tiere

ZDFheute Infografik

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Fast 100 Millionen dieser Tiere müssen jährlich gar sterben, ohne dass ihr Fleisch am Ende verzehrt wird. Weltweit erhöht sich diese Zahl um ein Vielfaches. Laut einer Studie der Universität Leiden wurden im Jahr 2019 weltweit rund 77,4 Millionen Tonnen Fleisch entlang der Lebensmittelversorgungskette weggeworfen, was dem Tod von über 18 Milliarden Tieren entspricht.
Fleischverzehr CC
Brauchen wir Menschen Fleisch für eine ausgewogene Ernährung? Unsere Vorfahren, die Vor- und Frühmenschen, waren überwiegend Fruchtfresser. Heute isst der Deutsche etwa 60 Kilogramm Fleisch pro Jahr. Viel zu viel, finden Kritiker.01.03.2021 | 1:29 min
"Die Gründe für Fleischverluste und -verschwendung sind unterschiedlich", erklärt Erstautorin Juliane Klaura in einer Pressemitteilung ihrer Universität.

In Entwicklungsländern treten die Verluste meist am Anfang des Prozesses auf, zum Beispiel, weil Rinder während der Aufzucht an Krankheiten sterben.

Juliane Klaura, Universität Leiden

26,7 Prozent der Fleischprodukte landen im Abfall

24,9 Prozent der Tiere versterben laut der Studie bereits bei der Aufzucht, in der Verarbeitung und Verpackung gehen etwa 20 Prozent verloren, im Verkauf werden 20,6 Prozent der Fleischprodukte nicht abgesetzt und beim Endverbraucher verderben oder verschwinden 26,7 Prozent der Produkte im Abfall.
Fleischverschwendung nach Verarbeitungsstufe

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Das ist nicht nur tragisch für die Tiere, sondern auch für die Umwelt. Enorme Ressourcen wurden aufgebraucht, um diese Tiere aufzuziehen, zu schlachten und zu verarbeiten. Nicht ohne Konsequenzen für unseren Planeten, denn die Fleischindustrie sorgt für rund 14,5 Prozent der globalen Treibhausgase.
Grafik: Mai Thi Nguyen Kim mit Laborburger
2013 machte der erste Laborburger Schlagzeilen. Seitdem haben sich die Fleischqualität verbessert und die Herstellungskosten reduziert. Und wann wird künstlich hergestelltes Fleisch auf unseren Tellern landen? Mai Thi Nguyen Kim mit einem Überblick.17.10.2018 | 6:41 min
Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig: Die industrielle Fleischproduktion erzeugt systembedingt Überkapazitäten, welche die Qualität und Haltbarkeit der Produkte beeinträchtigen können.
Hinzu kommt das Verhalten der Konsumenten, die Fleisch oft in zu großen Mengen kaufen, falsch lagern oder wegen missverstandener Mindesthaltbarkeitsdaten entsorgen.
MHD
Was das Mindesthaltbarkeitsdatum ist - und was es eigentlich aussagt.26.07.2023 | 1:40 min

Gegenmodell "Cowsharing"

Ein Gegenmodell zur industriellen Produktion stellt das sogenannte Cowsharing dar. Dabei handelt es sich um ein Direktvermarktungskonzept, bei dem eine Kuh erst dann geschlachtet wird, wenn sie vollständig durch verschiedene Kunden "vorbestellt" wurde.
Der gesamte Prozess - von der Auswahl des Tieres über die Schlachtung bis hin zur Lieferung der Fleischpakete - wird transparent gestaltet. Brian Lettkemann, Gründer eines Cowsharing-Unternehmens, erklärt:

Früher war es ganz normal, dass sich mehrere Leute eine Kuh geteilt haben und diese restlos verwertet wurde.

Brian Lettkemann, Gründer eines Cowsharing-Unternehmens

"Cow-Sharing" bei "Besserfleisch": May-Britt Wilkens und Brian Lettkemann geben erst den Schlachtauftrag raus, wenn die ganze Kuh bestellt wurde.
Cowsharing: May-Britt Wilkens und Brian Lettkemann geben erst den Schlachtauftrag raus, wenn die ganze Kuh bestellt wurde.
Quelle: ZDF/Hanna Leissner

"Heute gehen die Menschen in den Supermarkt und kaufen das schönste Stück für möglichst wenig Geld", so Lettkemann.

Den Leuten muss wieder klarwerden, was sie essen […] Es soll nicht nur um den Verkauf, sondern auch um Aufklärung gehen.

Brian Lettkemann, Gründer eines Cowsharing-Unternehmens

Ein Teller mit Blumenkohl, Broccoli, Sellerie, Möhren, Spinat, Rotkohl, Quinoa, Kichererbsen, Tomaten und einem Dipp: von oben greift eine Hand zu.
Fleisch ist für viele ein Grundnahrungsmittel. Doch die Viehzucht schadet Umwelt und Klima. Die Wissenschaft sucht deshalb nach umweltschonenden Alternativen zu Steak und Schnitzel.21.11.2023 | 42:22 min

Kurze Transportwege und transparente Herkunft

Cowsharing reduziert die Fleischverschwendung erheblich, da sichergestellt ist, dass das gesamte Tier Verwendung findet. Außerdem stärkt das Modell die regionale Landwirtschaft durch kurze Transportwege und transparente Herkunft.
Darüber hinaus schafft es ein Bewusstsein für die tatsächlichen Kosten und die Herkunft des Fleisches - Aspekte, die in der anonymisierten Massenproduktion oft verlorengehen.
"Wir brauchen einen wertschätzenden Umgang mit dem wertvollen Lebensmittel Fleisch", fordert die Politologin und ehemaliger Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung Barbara Unmüßig. "Weniger und besser muss die Leitidee sein."

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