Deutschland verpasst mit einem 1:2 gegen Portugal das Finale der Nations League.
Quelle: ddp
Man kann
Julian Nagelsmann wirklich keine fehlende Schlagfertigkeit vorwerfen. Schon als junger Coach erarbeitete er sich den Ruf eines Frechdachses, mit dem er sich schnell von den verschrienen Laptop-Trainern seiner Altersklasse abhob.
Die Euphorie soll transportiert werden
Auch nach dem bitteren 1:2 gegen Spanien im EM-Viertelfinale des vergangenen Jahres war Nagelsmann nicht um klare Worte verlegen: "Dass man zwei Jahre warten muss, bis man Weltmeister wird, tut weh", sagte er damals auf der Pressekonferenz nach dem Ausscheiden - wohl wissend, welche Euphorie er mit diesen Worten bewahren und entfachen wollte.
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Diese Euphorie hat nun vorerst einen Dämpfer erhalten. Das 1:2 gegen Portugal trifft die deutsche
Nationalmannschaft dabei auf mehreren Ebenen. Die verpasste Chance auf einen Titel bei der "Mini-EM" bedeutet nicht nur eine sportliche Niederlage, sondern dürfte es auch erschweren, die seit dem Frühjahr 2024 entstandene Aufbruchsstimmung bis in den nächsten Sommer zu transportieren.
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Selbst Nagelsmann fehlen Erklärungen
Schließlich hat Nagelsmann etwas geschafft, was seit der Ära Hansi Flick und der Entfremdung zwischen den Fans und Die Mannschaft kaum mehr für möglich zu halten war: eine neue Beziehung zwischen dem Land und dessen elf besten Fußballern herzustellen. Dafür war sicherlich der Rausch einer Heim-EM hilfreich, genauso wie der ansehnlichere Fußball.
Dass man nun recht deutlich gegen Portugal unterlegen war, passte eher wenig ins Bild. Und selbst der schlagfertige Julian Nagelsmann wirkte nach der Partie ungewohnt ansatzlos. Gleich mehrmals bezog er sich auf einen Satz
Joshua Kimmichs aus der Kabine, den dieser anschließend auch bereitwillig öffentlich wiederholte. "Wir müssen verstehen: Wenn wir nicht bei hundert Prozent sind, wird es gegen jeden Gegner schwer."
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Ein Satz, der mehr Fragen als Antworten aufwirft
Nun klingt ein solcher Satz auf den ersten Blick richtig und analytisch, bei näherer Betrachtung eröffnet er allerdings mehrere substanzielle Fragen. "Wenn wir nicht gut sind, sind wir nicht gut", so lässt sich die Aussage auch übersetzen. Gilt das nicht für jeden? Und folgt daraus wirklich zwingend der Umkehrschluss, also: "Wenn wir gut drauf sind, schlagen wir jeden"?
Das darf zumindest bezweifelt werden. Vor allem aber verfehlt diese Analyse den wohl entscheidendsten Punkt: Tatsächlich kann aufgrund der hohen Leistungsdichte im europäischen Spitzenfußball vermutlich jede Topmannschaft an einem guten Tag jede andere schlagen. Auf diesem Niveau geht es daher eher darum, die Faktoren "Form" und "Glück" so irrelevant wie möglich zu halten - und das gelingt eben doch am ehesten durch eigene Qualität.
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Der Kader gehört nicht zur Weltspitze
Wie groß aber die qualitativen Unterschiede zwischen dem deutschen und einem portugiesischen Kader sind, verdeutlichten die Wechsel nach einer knappen Stunde: Während Portugal Vitinha und Francisco Conceição einwechselte, kamen auf deutscher Seite Robin Gosens und Serge Gnabry in die Partie.
Jener Vitinha, der vor vier Tagen die Champions League gewann und als derzeit wohl bester Mittelfeldspieler Europas gilt, tunnelte Gosens gleich zu Beginn und ließ ihn, nun ja, eben wie einen Spieler der AC Florenz aussehen.
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Und auch Conceição steht für eine neue Flügelspieler-Generation, die der alten (zu der Gnabry nun mal auch gehört) aktuell den Rang abläuft. Nur fünf Minuten nach seiner Einwechslung erzielte er den Ausgleich, danach kippte - auch dank seiner Dribblings - die Partie völlig.
Für die DFB-Auswahl geht es nun darum, sich mit einem Sieg gegen Spanien oder Frankreich zumindest ein bisschen Heim-EM-Euphorie zu bewahren. Sie könnte bis zum nächsten Sommer noch ganz nützlich sein.
Videos ausgewählter Spiele zur Fußball-Nations-League der Saison 2024/25.