Für wen lohnt sich ein dynamischer Stromtarif? Ein Vergleich
Stromkosten sparen mit Risiko:Für wen sich ein dynamischer Stromtarif lohnt
von Sven-Hendrik Hahn
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Manchmal ist Strom unschlagbar günstig. Bei viel Wind und Sonne sinkt der Preis. Davon können nun auch Privatkunden profitieren. Doch wer nicht aufpasst, zahlt drauf.
Seit 2025 müssen Stromanbieter einen dynamischen Stromtarif anbieten: Weht viel Wind oder scheint die Sonne stark, können Verbraucher richtig sparen. Doch nicht für jeden lohnt sich der Tarif.02.06.2025 | 3:35 min
Strom für wenige Cent pro Kilowattstunde: Wer sich die Preise an der europäischen Strombörse EPEX anschaut, wundert sich manchmal, wieso wir so hohe Strompreise zahlen. Teilweise drehen sie durch Wind und Sonne gar ins Minus.
Dann lohnen sich die neuen dynamischen Strompreise für Privatnutzer: Selbst inklusive Steuern und Abgaben könnten Kunden den Strom für unter zehn Cent je Kilowattstunde bekommen, wie das Vergleichsportal Verivox in einer Auswertung von Mai 2025, die WISO vorliegt, zeigt.
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Zum Vergleich: Der Durchschnittspreis für alle Stromkunden liegt laut Verivox derzeit bei fast 35 Cent je Kilowattstunde. Das klingt also verlockend. Aber am gleichen Tag kostete um 20 Uhr der Strom wieder 44 Cent pro Kilowattstunde. Konkret bedeutet das: Nur wer Großverbraucher hat wie ein Elektroauto, einen Stromspeicher oder eine Wärmepumpe, die er gezielt in günstigen Zeiten laden kann, profitiert.
Kunden zahlen auch hier einen monatlichen Grundpreis. Aber der sogenannte Arbeitspreis, der bei normalen Stromtarifen für die gesamte Vertragslaufzeit fest ist, ändert sich, teilweise sogar stündlich. Dieser Preis richtet sich danach, was die Kilowattstunde an der Strombörse kostet. Hinzu kommen für Endkunden noch Steuern, Abgaben und die Provision des Anbieters.
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Dynamischer Stromtarif: Billig in der Nacht
Die Übersicht zeigt: Der Strompreis schwankt je nach Nachfrage und Produktion. Heißt: In der Regel ist er ab frühmorgens bis zur Mittagszeit teuer und zieht am frühen Abend bis zum Höhepunkt um 20 Uhr erneut an. Gegen Mittag fällt er, wenn die Produktion insbesondere von Solarstrom anläuft. Günstig wird Energie auch in der späten Nacht, weil die Nachfrage gering ist. Sollten sich diese Tarife durchsetzen, könnte sich die Nachfrage besser auf den gesamten Tag verlagern, wenn künftig alle ihre Autos oder Stromspeicher in günstigeren Zeiten aufladen.
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Vorgaben und Hürden
Voraussetzung: Sie müssen einen sogenannten "Smart Meter" haben, also ein digitales Messsystem, das Daten senden und empfangen kann. Seit diesem Jahr haben Kunden einen Anspruch darauf, dass das eingebaut wird, weiß Christina Wallraf, Energie-Expertin von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Doch: "Dadurch entstehen einmalige zusätzliche Kosten von 100 Euro", plus oft eine monatliche Gebühr, so die Expertin.
Und: "Anscheinend ist auch der ein oder andere Messstellenbetreiber überfordert mit dem Einbau der intelligenten Messsysteme", ergänzt Wallraf. Die Folge: Nicht einmal zwei Prozent der Haushalte haben einen Smart Meter.
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Ersparnis nicht garantiert
Alle Stromanbieter in Deutschland müssen inzwischen mindestens einen flexiblen Tarif im Angebot haben. Darüber hinaus gibt es Start-Ups, die sich auf diese Tarife spezialisiert haben. Laut Verbraucherschützerin Wallraf liegt die Abgabenlast bei etwa über 20 Cent je Kilowattstunde, zum Beispiel für Steuern, Umlagen und Marge.
Hinzu kommt der Börsenstrompreis. Der muss also sehr niedrig sein, damit die Endkunden profitieren. Denn bei hoher Nachfrage kann der dynamische Strompreis auch mal 50 oder 60 Cent erreichen. Zur Erinnerung: Im Schnitt kostet die "klassische" Kilowattstunde Strom derzeit fast 35 Cent.
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Stromkunden tragen das Risiko durch Preisschwankungen
Verbraucherschützer loben dynamische Stromtarife zwar, weil sie flexibles Verbrauchsverhalten belohnten und somit die Nachfrage steuern könnten. Stand jetzt aber steht für Christina Wallraf fest: "Jeder, der einen hohen Verbrauch hat, für den macht es Sinn, sich mit dem Thema näher zu beschäftigen."
Ob es sich lohne, müsse man ausprobieren: "Alle anderen Stromkunden und Stromkundinnen sollten die ganz normalen Stromtarife wählen, weil das Risiko hoher Preise bei den dynamischen Stromtarifen sehr hoch ist." Klassische Tarife mit festen Strompreisen zu jeder Tageszeit sind für viele derzeit also die bessere Wahl.
Sven-Hendrik Hahn ist Redakteur des ZDF-Magazins "WISO".
Der Stromanbieterwechsel muss ab dem 6. Juni 2025 binnen 24 Stunden erfolgen. Die Kündigungsfrist des bestehenden Vertrags bleibt aber weiterhin gültig. Die Details im Überblick.
von Helena Schwar
mit Video
Quelle: dpa
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Dieser Artikel wurde erstmals am 8. Oktober 2024 veröffentlicht und am 11. Juni 2025 aktualisiert.