Mehrheit fordert mehr Druck auf Israel

Exklusiv

ZDF-Politbarometer:Mehrheit für mehr Druck auf Israel

von Jordan Grawenhoff und Dominik Rzepka
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Eine große Mehrheit der Deutschen hält das Vorgehen Israels in Gaza für nicht gerechtfertigt, vor allem Anhänger von Linken und BSW. Einen Rüstungsstopp befürworten die meisten.

26.01.2022, Berlin: Die Fahnen von Israel und Deutschland wehen vor dem Abgeordnetenhaus Berlin.
ZDF-Politbarometer: Eine Mehrheit fordert mehr Druck auf Israel.
Quelle: dpa

Das militärische Vorgehen Israels gegen die Hamas im Gazastreifen, das eine hohe Zahl ziviler Opfer fordert, halten gut drei Viertel der Wahlberechtigten für nicht gerechtfertigt. Das sagen 76 Prozent der Befragten im aktuellen ZDF-Politibarometer, 13 Prozent sind gegenteiliger Ansicht.
Eine große Mehrheit von 83 Prozent findet es richtig, wenn Deutschland Israel keine Waffen mehr liefert, die im Gazastreifen eingesetzt werden können. Bei den Anhängern von Linken und BSW beträgt dieser Wert sogar 95 Prozent.
Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu
Die EU-Kommission und 26 Staaten fordern Israel dazu auf, die Lage im Gazastreifen zu verbessern. Konkret: Israel soll mehr Hilfe zulassen, um eine Hungersnot zu verhindern.13.08.2025 | 0:23 min

Wie Linke und BSW punkten wollen

Der Politikwissenschaftler Thomas Jäger beobachtet, dass gerade Linke und BSW versuchen, mit Kritik an der israelischen Regierung gezielt politisch zu punkten.

Insbesondere die Linke versucht, dieses Thema für sich zu nutzen.

Thomas Jäger, Universität Köln

In manchen kulturellen Milieus handele es sich dabei um eine wirklich wichtige Frage. Insofern gebe es dort eine ganz gezielte Bearbeitung dieses Wählermarktes. "Das ist auch genau das Klientel, das diese Parteien wählt", sagt er ZDFheute.
Heidi Reichinnek und Jens Spahn
Aus dem Archiv: Die Union hat einen Unvereinbarkeitsbeschluss, der jegliche Zusammenarbeit mit der Linken ausschließt.11.05.2025 | 4:21 min

Hat die Linke ein Problem mit Antisemitismus?

Der Linken attestiert Jäger auch ein Problem mit Antisemitismus. "Das wissen sie selbst. Dort gibt es auch interne Auseinandersetzungen", sagt er.
Aber: "Das Hauptmotiv, warum sie das ausnutzen, liegt darin, dass sie im Wettbewerb der 'linken Parteien' hier einen Punkt machen können, den die anderen 'linken Parteien' - vor allem die SPD - nicht machen können", so Jäger.
Demonstration linker Gruppen in Berlin-Neukölln: Einige Teilnehmer tragen Palästinenser-Tücher und Palästina-Fahnen
Aus dem Archiv: Nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel erleben Juden in Deutschland offenen Hass. Die Zahl antisemitischer Vorfälle hat sich deutlich erhöht.23.01.2024 | 8:38 min

Mehrheit für Anerkennung Palästinas

Die SPD hatte sich in Teilen zuletzt dafür offen gezeigt, Palästina als eigenen Staat anzuerkennen. Im ZDF-Politbarometer sprechen sich 60 Prozent dafür aus, 22 Prozent dagegen.
Eine Mehrheit von 62 Prozent ist außerdem der Ansicht, dass Deutschland politisch mehr Druck auf Israel ausüben sollte, um den Krieg zu beenden. Für nicht mehr Druck plädieren 30 Prozent.

Zweistaatenlösung
:SPD: Anerkennung Palästinas kein Tabu

Die SPD-Abgeordnete Siemtje Möller betont, eine Anerkennung Palästinas als Staat müsse nicht am Ende der Verhandlungen stehen. Kanzler Merz sprach von einem der letzten Schritte.
von Britta Spiekermann
Siemtje Möller SPD in der 17. Sitzung des 21. Deutschen Bundestages im Reichstagsgebäude. Berlin, 09.07.2025
mit Video

Merz hatte Rüstungsstopp verkündet

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte zuletzt einen teilweisen Rüstungsstopp nach Israel angekündigt. Dafür wurde er zum Teil auch aus den eigenen Reihen heftig kritisiert.
In einem Argumentationspapier heißt es, dass auch der Druck der Straße den Kanzler bewogen habe, die Solidarität mit dem jüdischen Staat einzuschränken.
Mit Bezug auf den Plan, auch Gaza-Stadt zu erobern, steht dort: "Diese Eskalation trägt auch zur Verschärfung gesellschaftlicher Konflikte in Deutschland und Europa bei."
Israeli security waits for Israeli far-right Finance Minister Bezalel Smotrich to arrive for a press conference near Ma ale Adumim settlement, to announce his plan to approve more than 3,000 Jewish housing units, schools, health facilities and a country club in the controversarial E1 settlement project in the West Bank, on Thursday, August 14, 2025.
Die Bundesregierung hat Israels Pläne, tausende neue Wohnungen im Westjordanland zu bauen, scharf kritisiert. Der Siedlungsbau verstoße gegen UN-Resolutionen, so das Auswärtige Amt.15.08.2025 | 0:27 min

Merz von Umfragen getrieben?

Politikwissenschaftler Stefan Fröhlich geht allerdings nicht davon aus, dass Umfragen wie das ZDF-Politbarometer die Entscheidung des Kanzlers maßgeblich getrieben hätten.
Merz habe bereits im Mai auf der Digitalkonferenz re:publica deutlich gemacht, "wie er die Lage im Gazastreifen einschätzt". Dabei bezeichnete er das, was dort passiere, als inakzeptabel. Fröhlich sagt ZDFheute:

Man würde dem Kanzler sonst ein sehr populistisches Verhalten unterstellen. Das würde ich nicht tun.

Stefan Fröhlich, Universität Erlangen-Nürnberg

Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 11. bis 13. August 2025 bei 1.370 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch und online erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU 29 Prozent, AfD 17 Prozent, SPD 15 Prozent, Grüne 19 Prozent, Linke 12 Prozent, BSW 3 Prozent, FDP 3 Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, den 05. September 2025. Informationen zur Methodik der Umfrage und zu den genauen Frageformulierungen finden Sie auch auf www.forschungsgruppe.de.

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