Interview
Drohende Beitragssprünge:Klingbeil drängt: Sozialversicherung reformieren
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Damit Beiträge und Zuschüsse für die Sozialversicherungen nicht weiter steigen, müssten Reformen her, fordert Finanzminister Klingbeil - aber nicht nur zu Lasten der Arbeitnehmer.
"Beiträge dauerhaft stabil halten" - Das fordert SPD-Finanzminister Klingbeil. (Archivbild)
Quelle: dpa
Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) dringt auf Strukturreformen bei den finanziell immer instabileren Sozialversicherungen. "Steigende Sozialversicherungsbeiträge sind ein Problem. Für die Arbeitnehmer, weil sie weniger Geld in der Tasche haben, für Unternehmen, weil sie höhere Lohnkosten haben", sagte Klingbeil der "Bild am Sonntag". "Deshalb müssen wir die Beiträge stabilisieren."
Vor allem bei den Kranken- und Pflegekassen droht ein Beitragssprung, der kurzfristig nur mit höheren Zuschüssen des Bundes vermieden werden kann. Die sind laut Klingbeil aber keine Dauerlösung. Der SPD-Chef sagte der Zeitung:
Der Finanzminister kann nicht dauernd angerufen und nach mehr Geld gefragt werden.
Lars Klingbeil, Bundesfinanzminister
"Wir brauchen Strukturreformen, um die Beiträge dauerhaft stabil zu halten." Allerdings erwarte er von allen Verantwortlichen "mehr Fantasie als Leistungskürzungen für die Arbeitnehmer".
Pflegekassen mit Milliardendefizit
Auch Kanzler Friedrich Merz dringt auf grundlegende Reformen der großen Sozialversicherungen für Rente, Gesundheit und Pflege. Nötig seien mehr Eigenverantwortung bei der Absicherung und mehr Effizienz des Versicherungssystems. Laut Koalitionsvertrag sollen zur Finanzstabilisierung der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zunächst Kommissionen eingesetzt werden.
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) hat für die Pflege einen baldigen Start einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe angekündigt. Nach Berechnungen der DAK steuert die Pflegeversicherung allein in diesem Jahr auf ein Defizit von 1,65 Milliarden Euro zu. Prognosen zufolge dürfte die Zahl der Menschen, die Leistungen aus der staatlichen Pflegeversicherung erhalten, in den nächsten beiden Jahrzehnten um mehr als ein Fünftel steigen.
Warken: Notpaket für Krankenversicherung
Um den weiteren Anstieg der Beitragssätze in der gesetzlichen Krankenversicherung zu bremsen, will Warken in der Koalition zudem ein "Notpaket" verhandeln. Sie sprach von einer "dramatischen Lage". Man könne nicht bis 2027 warten, bis die geplante Reformkommission Ergebnisse vorlege. Das Gremium müsse zudem zügig eingesetzt werden, hatte die Ministerin im "Redaktionsnetzwerk Deutschland" angemahnt.
Der Koalitionsvertrag sieht zudem vor, das aktuelle Rentenniveau von 48 Prozent bis 2031 zu stabilisieren. Es beschreibt, wie hoch eine Standardrente im Verhältnis zum Durchschnittseinkommen ist. Die Alterung der Gesellschaft setzt das System allerdings unter Druck.
Quelle: dpa, AFP, KNA
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