Scheinvaterschaften: Dobrindt will "Sozialbetrug" verhindern

Ausmaß unbekannt:Regierung will gegen Fake-Väter vorgehen

von Johannes Lieber und Britta Spiekermann

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Das Kabinett hat einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem missbräuchliche Anerkennungen von Vaterschaften verhindert werden sollen. Genaue Zahlen müsse man "erahnen", so Dobrindt.

Der Schatten von einem Mann und einem schaukelnden Kind fallen auf Sand auf einem Spielplatz.

Männer nehmen gegen Bezahlung Vaterschaften für Kinder ausländischer Frauen an - und erschleichen dadurch Sozialleistungen. Gegen diese Masche will die Regierung stärker vorgehen.

10.12.2025 | 1:36 min

Ein Kind zu haben kann teuer werden. Windeln, Spielzeug, Essen - das alles kostet Geld. Aus der Anerkennung der Vaterschaft lässt sich dagegen ein gutes Geschäft machen, vermutet zumindest das Bundeskabinett.

Einige Fälle wurden bekannt, in denen deutsche Staatsbürger - gegen Geld - mehrere fremde Kinder als ihre eigenen anerkennen ließen. Dadurch erhalten deren Mütter in Deutschland ein Bleiberecht und so auch den Zugang zu entsprechenden Sozialleistungen. Mutmaßlich ein lohnendes Geschäft für die angeblichen Väter.

Ausländerbehörden sollen Vaterschaft ablehnen können

Im Gesetzentwurf der Bundesregierung ist nun ein neues Verfahren bei der Anerkennung der Vaterschaft vorgesehen. Konkret soll in Fällen, bei denen eine "missbrauchsgeeignete Konstellation" vorliegt, die Ausländerbehörde den Antrag ablehnen können. Konkret sind damit Fälle gemeint, in denen ein Partner die deutsche Staatsbürgerschaft oder ein sicheres Aufenthaltsrecht hat und der andere nicht.

Außerdem soll der Missbrauch von Vaterschaftsanerkennungen strafbar sein - das ist bisher noch nicht der Fall. Ein ähnliches Gesetz hatte die Ampel-Regierung vergangenes Jahr auf den Weg gebracht. Durch den Bruch der Koalition wurde es aber nie verabschiedet.

Gesetz zur Vaterschaft

Das Bundeskabinett hat im Oktober ein neues Gesetz beschlossen, um die Rechte von leiblichen Vätern zu stärken. Sie sollen künftig leichter widersprechen können, wenn ein anderer Mann die Vaterschaft für ihr Kind übernommen hat.

29.10.2025 | 1:41 min

Dobrindt: Ausmaß lässt sich nur "erahnen"

Hinter den Fällen stecke ein System, sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU).

Man hat erkannt, dass das ein möglicher Weg ist, sich einen Aufenthaltsrechtstitel zu erschleichen und Sozialbetrug zu begehen.

Alexander Dobrindt (CSU), Bundesinnenminister

Wie groß das Ausmaß jedoch tatsächlich ist, kann der Minister nicht sagen. Er schätzt, dass es sich um "mehrere tausend Fälle" pro Jahr handle, so Dobrindt. Es gebe allerdings keine Statistik darüber, die genaue Angaben macht, wie verbreitet "dieser Missbrauch" sei. Man müsse das Ausmaß "erahnen", sagt Dobrindt selbst.

Anwalt hält Zahlen für "frei erfunden"

Der Rechtsanwalt und Notar Dirk Siegfried, der sich auf Familienrecht spezialisiert hat, hält die Angabe von "mehreren tausend Fällen" dagegen für "frei erfunden".

Das sind reine Spekulationen. Es gibt überhaupt gar keine Tatsachengrundlage für diese Zahlen.

Dirk Siegfried, Rechtsanwalt und Notar

Das Justiz- und das Innenministerium haben im vergangenen Jahr Zahlen bei den Ausländerbehörden abgefragt. Von Anfang 2018 bis Ende 2021 gab es knapp 1.800 Verdachtsfälle, von denen sich 290 erhärteten. Gut 70 Fälle pro Jahr. Die Behörden gehen aber von einer hohen Dunkelziffer aus.

Ruhrgebietskommunen gegen organisierten Sozialbetrug

Schrottimmobilien, gefälschte Jobs, dubiose Anmeldungen: Im Ruhrgebiet gehen die Behörden gegen Sozialbetrüger vor, denn Schleuser missbrauchen gezielt das deutsche Sozialsystem.

08.07.2025 | 4:04 min

Grüne befürchten Generalverdacht

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag, Helge Limburg, kritisiert das geplante Gesetz ebenfalls.

Der Gesetzentwurf bedeutet einen Generalverdacht für zahlreiche Familien in ganz Deutschland und vor allem Rechtsunsicherheit für die Kinder.

Helge Limburg, rechtspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen

Es gebe bereits jetzt "wirksame gesetzliche Möglichkeiten", diese Art von Missbrauch zu verfolgen. Wenn Gesetze nicht richtig funktionierten, müsse man die "Kommunikation zwischen den Behörden" verbessern, statt ein neues Gesetz "in die Welt zu setzen", so Limburg.

Johannes Lieber und Britta Spiekermann berichten aus dem ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.

Über dieses Thema berichteten die heute-Nachrichten am 10.12.2025 ab 19 Uhr.

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