Zustand der Koalition:Wo zusammenwächst, was nicht zusammen gehört
von Wulf Schmiese
Am Abend treffen sich Union und SPD zum Koalitionsausschuss. Trotz Streits in diesem Jahr, etwa bei der Rente, ist das Verhältnis der Koalitionsspitzen besser als oft angenommen.
Die Spitzen von Union und SPD treffen sich am Abend zum letzten Koalitionsausschuss des Jahres.
10.12.2025 | 3:02 minDiese Regierung hat eine starke und eine schwache Seite: schwach gestartet und dann ganz stark abgerutscht. Das gilt zumindest für ihr Ansehen. Zwei durch die Bundestagswahl geschröpfte Fraktionen müssen miteinander koalieren, weil es gar keine andere Mehrheit in der Mitte gibt.
In den Umfragen sind Union und SPD binnen dieser gemeinsamen sieben Monate immer tiefer gesunken. Vorsicht war von Anbeginn geboten für Friedrich Merz nach seinem historisch peinlichen Einbruch. Am 6. Mai verkündet Bundestagspräsidentin Julia Klöckner:
Der Abgeordnete Friedrich Merz hat die erforderliche Mehrheit von mindestens 316 Stimmen nicht erreicht.
Julia Klöckner am 6. Mai 2025
Das hatte es noch nie gegeben in der Bundesrepublik: durchgefallen. Die eigene Koalition trägt den Kanzler nicht. Auch wenn sie dann im weiteren Wahlgang hält, war dieser Fehlstart ein Menetekel. Merz' Regieren bleibt brüchig.
Was ist die Kanzlermehrheit bei der Rente wert, wenn sie machttaktisch erzwungen wirkt?
07.12.2025 | 3:49 minKoalitionsausschuss: Treffen auf Augenhöhe?
Mögliche Risse künftig vorherzusehen und zu umgehen, das sollte die Aufgabe des Koalitionsausschusses sein. Der erste tagte Ende Mai und kam dann regelmäßig alle paar Wochen zusammen, am Abend nun der letzte in diesem Jahr. Das sind Treffen auf Augenhöhe.
Da lädt nicht der Kanzler seine Nachrangigen zu sich, sondern alle vier Parteivorsitzenden dieser Koalition mit den weiteren Führungsleuten aus CDU, CSU und SPD tauschen sich aus. Eine informelle Runde, in der sie sich eigentlich recht gut verstehen. Das Erstaunliche ist: Je schlechter die Zusammenarbeit in den Hinterbänken läuft, desto enger ist sie ganz oben geworden.
Das Jahr neigt sich dem Ende zu - und trotzdem will Schwarz-Rot noch mehrere Vorhaben unter Dach und Fach bringen.
10.12.2025 | 2:28 minSchlechte Außenwirkung von Schwarz-Rot
Hat diese Regierung schlecht regiert, wie es die Meinungsumfragen suggerieren? Sie hat jedenfalls nicht auf ihr gemeinsames Erscheinungsbild geachtet, weil die drei Koalitionsparteien den jeweils eigenen Wählern gefallen wollten. Je schlechter es zusammen lief, desto besser wollten sie sich getrennt voneinander darstellen.
Das ist kein neues Phänomen: Wenn Parteien schlecht drauf sind, dann zieht es sie zurück ans ideologische Herdfeuer. Dort schwelgen sie in Erinnerung an ihre besten Zeiten: als sie noch richtig stark waren. Die einen links, die anderen rechts der Mitte.
Bürgergeld, Rentenreform – die To-Do-Liste der Koalition ist lang. Interview mit SPD-Politiker Dirk Wiese.
10.12.2025 | 5:16 minStreit ja, aber Koalition steht noch
Als Rezept für gemeinsamen Erfolg taugt solche Romantik nicht. Die gefeierten Unterschiede schüren vielmehr das Misstrauen beim Partner, den Zorn auf das erzwungene Zusammensein. Beides entlud sich krachend an Frauke Brosius-Gersdorf.
Die SPD-Kandidatin wurde nicht Richterin am Bundesverfassungsgericht, weil in der Unions-Fraktion sie viele für zu links hielten - und ihren Rückzug als Erfolg bejubelten. Umgekehrt feierte sich die SPD für die eigene Härte, bei dem Rentenpaket 1 die Junge Gruppe der Unionsfraktion gebrochen zu haben.
Solche Erfolge links oder rechts werden jedoch von außen als gemeinsame Niederlangen wahrgenommen. Als Streit, Scheitern, Verkrachen. Doch selbst in den beiden Aufsehen erregenden Fällen hat es diese antagonistische Koalition am Ende nicht zerrissen.
Aus dem Archiv: Die von der SPD nominierte Bewerberin für das Verfassungsgericht, Frauke Brosius-Gersdorf, verzichtet auf ihre Kandidatur.
07.08.2025 | 0:28 minWas Schwarz-Rot erreicht hat
An der Spitze der Regierung ist man sich einig: Entweder wir schaffen das jetzt gemeinsam oder keine Seite von beiden. Dort gibt es keine politische Todessehnsucht, sondern den festen Vorsatz, die 124 Seiten des Koalitionsvertrags abzuarbeiten.
Bislang sind 130 Vorlagen abgehakt, teils unter großer Anstrengung und jeweils hohem innerparteilichen Druck. Migration, Rente, Sozialbeiträge, Bürgergeld, Gesundheitskosten, Bürokratieabbau, bei allem zeigt sich: Je lauter von außen und unten das Getöse, desto stiller und besser arbeiten sie oben miteinander.
In der Koalition nimmt CSU-Chef Markus Söder neuerdings häufiger die Vermittlerrolle ein.
07.12.2025 | 4:34 minKanzler bietet Bas das Du an
Sie gestehen einander auch die jeweiligen Auftritte zu. Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) brachte sich im September vor den Jusos mit "Bullshit" in Stellung gegen Merz, der gesagt hatte, die Bundesrepublik könne sich diesen Sozialstaat nicht mehr leisten.
Daraufhin erhielt sie vom Kanzler, der ihr gerade erst das Du angeboten hatte, einen Anruf auf dem Handy.
Ob er ihr das Du wieder entziehen wolle, fragte sie ihn nur halb im Scherz. Nein, sondern auf ein Bier einladen beim nächsten gemeinsamen Termin. Es folgte die geräuscharme Verabschiedung zweier Bundeshaushalte. Nicht so leicht, an dem von 2025 war bekanntlich die Ampel-Koalition zerbrochen.
SPD-Chefin Bärbel Bas bei Maybrit Illner zu Rentenstreit und Klassenkampf mit den Arbeitgebern.
04.12.2025 | 18:01 minSpitzen-Verhältnis wird stetig besser
Das Verhältnis der Spitze, also all derer, die sich im Koalitionsausschuss treffen, sei richtig gut geworden, wird beiderseits versichert. Außendruck, auch die extreme außenpolitische Situation, schweißt den Kern dieser Regierung offenbar immer fester zusammen.
Doch das beste Miteinander nützt nichts, wenn die Konjunktur nicht anspringt. Dass die üppigen und teuren Maßnahmen dieser schwarz-roten Koalition endlich wirken mögen, ist die große Hoffnung für 2026. Mit wirtschaftlichem Wachstum, heißt es ganz oben in der Koalition, werde auch weiter unten das Miteinander wachsen.
Union und SPD vor Koalitionsausschuss:Worum Schwarz-Rot vor Weihnachten noch ringt
mit Video2:28Studie von CDU-naher Stiftung:Merz' Migrationskurs vor der Wahl hat Linken genutzt
von Nicole Diekmannmit Video0:46