Interview
Migrationspolitik:Dobrindt verteidigt Zurückweisung an Grenzen
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Minister Dobrindt hat seine Anordnung für verstärkte Grenzkontrollen und Zurückweisungen verteidigt. Zudem kündigte er an, Sicherheitsbehörden mit mehr Befugnissen auszustatten.
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat die deutsche Entscheidung für die Zurückweisung Asylsuchender an den Grenzen verteidigt.
Die Erkenntnis der vergangenen zehn Jahre müsse sein, "dass die illegale Migration die politische Stabilität Deutschlands und Europas gefährdet", sagte Dobrindt unter Anspielung auf Deutschlands Aufnahmebereitschaft bei der großen Fluchtbewegung im Jahr 2015 im Bundestag.
Dobrindt weist Kritik der Grünen zurück
Kritik der Grünen daran, dass die Zurückweisungen im europäischen Recht nicht vorgesehen sind, wies er zurück. "Die Gefahr für Europa geht doch nicht von denen aus, die ein erkennbar dysfunktionales Migrationssystem wieder funktionsfähig machen wollen", sagte Dobrindt explizit an die Grünen gerichtet. Die Gefahr gehe von denen aus, "die das dysfunktionale System zur europäischen Idee erklären wollen", sagte er.
Die Vorgängerregierungen hatten Zurückweisungen Schutzsuchender mit Verweis auf das europäische Recht abgelehnt, nach dem Deutschland zumindest verpflichtet ist zu prüfen, welches Land für das Asylverfahren zuständig ist.
Die Bundesregierung beruft sich bei ihrer Entscheidung allein auf nationales Recht, das im Widerspruch zur europäischen Dublin-Regelung steht.
Die Zahl unerlaubter Einreisen nach Deutschland geht offenbar zurück. Das berichtet die "Welt" und beruft sich dabei auf interne Zahlen der Bundespolizei, die von einer klar rückläufigen Entwicklung spreche. Seit Januar seien rund 22.170 Fälle registriert worden, so die Zeitung weiter.
Die Gesamtzahlen hatten 2024 bei 83.572 gelegen und 2023 bei 127.549. Vergleichszahlen für die Zeit bis Mitte Mai nannte die Zeitung nicht. Anfang Mai hatte die Bundespolizei selbst Zahlen für die Monate Januar bis April veröffentlicht. Danach war die Zahl unerlaubter Einreisen von 27.650 im Jahr 2024 auf 19.644 im laufenden Jahr gesunken. 10.302 Personen seien seit Januar unmittelbar an der Grenze oder im Zusammenhang mit dem illegalen Grenzübertritt zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden.
Quelle: KNA
Die Gesamtzahlen hatten 2024 bei 83.572 gelegen und 2023 bei 127.549. Vergleichszahlen für die Zeit bis Mitte Mai nannte die Zeitung nicht. Anfang Mai hatte die Bundespolizei selbst Zahlen für die Monate Januar bis April veröffentlicht. Danach war die Zahl unerlaubter Einreisen von 27.650 im Jahr 2024 auf 19.644 im laufenden Jahr gesunken. 10.302 Personen seien seit Januar unmittelbar an der Grenze oder im Zusammenhang mit dem illegalen Grenzübertritt zurückgewiesen oder zurückgeschoben worden.
Quelle: KNA
Dobrindt sprach erneut von einer "Migrationswende" und sagte, er werde den Weg "konsequent weitergehen". Er verwies auf weitere Vorhaben in der Asylpolitik im Koalitionsvertrag, darunter das Ende freiwilliger Aufnahmeprogramme und die Aussetzung des Familiennachzugs für Menschen mit subsidiärem Schutzstatus.
Dobrindt will Speicherung von IP-Adressen ermöglichen
Dobrindt kündigte zudem eine deutliche Ausweitung der Ermittlungsbefugnisse von Polizei und Sicherheitsbehörden an. Die Bundesregierung werde die Speicherung von IP-Adressen wieder einführen, sagte Dobrindt im Bundestag. Sie seien "oft der einzige Ermittlungsansatz", um Straftaten aufzudecken.
Wir werden diese systematische Straflosigkeit nicht zulassen, sondern systematische Entdeckungsrisikos für Schwerstkriminelle schaffen.
Alexander Dobrindt, CSU
CDU, CSU und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag eine "dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern" vereinbart. Sie soll verhältnismäßig sein und europa- und verfassungsrechtskonform ausgestaltet werden.
Eine solche Vorratsdatenspeicherung gab es in Deutschland bereits, sie wurde aber 2017 ausgesetzt, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die damalige Regelung für europarechtswidrig erklärte.
IP steht für Internetprotokoll. Es handelt sich um eine individuelle Ziffernfolge, die jedes Gerät online identifiziert. Eine Art wechselnde Telefonnummer für das Internet. Über die IP-Adresse kann nachvollzogen werden, welches Gerät wie lange und auf welchen Webseiten im Netz unterwegs war. Darüber kann dann auch der Anschlussinhaber des jeweiligen Geräts ermittelt werden.
Mehr Befugnisse für Bundespolizei und Nachrichtendienste
Die Bundesregierung werde der Bundespolizei auch die sogenannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) ermöglichen, sagte Dobrindt weiter. Sie erfasst Kommunikation, bevor sie verschlüsselt wird oder ermöglicht die Entschlüsselung. Zudem würden die Befugnisse der Nachrichtendienste ausgeweitet und ein besserer Datenaustausch ermöglicht - auch über den Einsatz Künstlicher Intelligenz für große Datenmengen.
Dobrindt kritisierte auch, Polizei und Sicherheitsbehörden seien bisher "zu oft unter Generalverdacht gestellt" worden. Die neue Bundesregierung werde "Schluss machen damit, dass wir Kennzeichnungspflichten einführen, Kontrollquittungen und Beschwerdestellen".
Er werde sich auch Versuchen entschlossen entgegenstellen, die Demokratie zu untergraben - "egal aus welcher Richtung sie kommen und egal, gegen wen sich der Hass richtet", sagte der CSU-Politiker und nannte in dieser Reihenfolge: Antisemitismus, Israelhass, Islamismus, Linksextremismus und Rechtsextremismus.
Deshalb habe er am Dienstag auch die Reichsbürgervereinigung Königreich Deutschland verboten, sagte der Innenminister. Er dankte dabei seiner SPD-Vorgängerin Nancy Faeser für die "geleistete Vorarbeit über Monate hinweg".
Vier Ministerinnen und Minister stellen Pläne vor
Neben Innenminister Dobrindt präsentieren heute auch Justizministerin Stefanie Hubig (SPD), Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sowie Bundesdigitalminister Karsten Wildberger (CDU) ihre Pläne für die schwarz-rote Regierungszeit.
Während Reiche und Wildberger von Vorstandsposten in Unternehmen ins Kabinett wechselten, hat Hubig bereits Regierungserfahrung - sie war zuletzt Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz.
Quelle: epd, AFP, dpa
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