Kritik nach Bemerkungen über Belém:Merz hält Verhältnis zu Lula für "völlig unbelastet"
"Unverschämt", "arrogant", "außenpolitisch taktlos": Merz' Äußerungen über die Gastgeberstadt der Klimakonferenz sorgen für Kritik. Der Kanzler zeigt sich davon aber unbeeindruckt.
Die Äußerungen von Friedrich Merz über Belém sorgten für Kritik. (Archivbild)
Quelle: epaBundeskanzler Friedrich Merz sieht das deutsch-brasilianische Verhältnis durch seine viel kritisierte Äußerung über die brasilianische Millionenstadt Belém nicht als belastet an. Der CDU-Vorsitzende sagte bei einer Pressekonferenz mit dem schwedischen Ministerpräsidenten Ulf Kristersson in Berlin:
Ich habe gesagt, Deutschland ist eines der schönsten Länder der Welt, und das wird vermutlich auch Präsident Lula so akzeptieren.
Friedrich Merz, Bundeskanzler
Er werde am Wochenende beim G20-Gipfel im südafrikanischen Johannesburg "völlig unbelastet" mit dem brasilianischen Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva sprechen. Zuvor hatte bereits Regierungssprecher Stefan Kornelius gesagt, das Merz sich nicht entschuldigen werde.
Merz kann die Stadtbild-Debatte auch auf brasilianisch: Empörung in Belém, Vorwürfe von Arroganz bis Rassismus - während Deutschland bei der COP30 eine Schlüsselrolle spielt.
18.11.2025 | 2:57 minMerz irritiert mit Aussage nach Besuch bei Klimakonferenz
Der Kanzler hatte sich nach seinem Besuch bei der Klimakonferenz in Belém auf einem Handelskongress in Berlin zu seinen Eindrücken von der armen Millionenstadt am Amazonas geäußert. "Ich habe einige Journalisten, die mit mir in Brasilien waren, letzte Woche gefragt: Wer von euch würde denn gerne hierbleiben? Da hat keiner die Hand gehoben", sagte er.
Die waren alle froh, dass wir vor allen Dingen von diesem Ort, an dem wir da waren, in der Nacht von Freitag auf Samstag wieder nach Deutschland zurückgekehrt sind.
Friedrich Merz, Bundeskanzler
Man lebe in Deutschland "in einem der schönsten Länder der Welt".
Lula: Berlin bietet "nicht einmal zehn Prozent der Qualität"
Der letzte Satz war die Botschaft, die Merz mit seiner Äußerung verbinden wollte. In Brasilien kam das ganz anders an. Mit einigen Tagen Verzögerung brach sich die Empörung Bahn. Etliche brasilianische Medien griffen die Bemerkung auf.
Im brasilianischen Belém findet zurzeit die UN-Klimakonferenz statt.
17.11.2025 | 0:17 minDas Nachrichtenportal "Diário do Centro do Mundo" schrieb von einem "unverschämten Vergleich". Auch der Bürgermeister der Stadt reagierte auf Merz' Aussagen und bezeichnete diese als "unglücklich, arrogant und voreingenommen".
Auch Lula meldete sich zu Wort. Merz hätte in eine Bar gehen, dort tanzen und die lokale Küche probieren sollen, "denn dann hätte er gemerkt, dass Berlin ihm nicht einmal zehn Prozent der Qualität bietet, die der Bundesstaat Pará und die Stadt Belém bieten", sagte er.
Umweltminister Carsten Schneider hat bei der Klimakonferenz COP30 60 Millionen Euro Klimahilfen zugesagt.
17.11.2025 | 0:23 minSPD-Politikerin: Merz' Aussage bedient Vorurteil vom "arroganten Deutschen"
Auch die Grünen zeigten sich enttäuscht von der Brasilienreise sowie den anschließenden Äußerungen des Kanzlers. Das abgegebene Bild von Merz sei "außenpolitisch taktlos, klimapolitisch ambitionslos und gegenüber Brasilien schlicht respektlos", so die Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge.
Langsam fragt man sich, ob der Kanzler überhaupt noch irgendwo auftreten kann, ohne Deutschland in Erklärungsnot zu bringen.
Katharina Dröge, Co-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion
Die SPD-Politikerin Isabel Cademartori sagte über Merz' Äußerung: "Sie bedient das Vorurteil vom "arroganten Deutschen" und fällt in eine Phase, in der der "Westen" - insbesondere durch das Auftreten von Donald Trump - in Südamerika als aggressiv und imperialistisch wahrgenommen wird", sagte sie dem "Spiegel". Gerade jetzt wäre aus ihrer Sicht eine europäische Charmeoffensive erforderlich, die echte Partnerschaft auf Augenhöhe signalisiere.
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