Streit um soziale Gerechtigkeit:DIW-Präsident fordert Pflichtdienst für Rentner
Ein soziales Jahr auch für Rentnerinnen und Rentner? Dafür spricht sich der DIW-Präsident Fratzscher aus. "Wir brauchen mehr Solidarität der Alten mit den Jungen", fordert er.
Sollten sich Rentnerinnen und Rentner stärker einbringen in der Gesellschaft? Dafür hat sich DIW-Präsident Fratzscher jüngst ausgesprochen.
Quelle: SVEN SIMONDer Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, fordert eine gerechtere Lastenverteilung in der Gesellschaft zwischen Jung und Alt. "Wir sollten ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Rentnerinnen und Rentner einführen", sagte der DIW-Ökonom dem "Spiegel".
Der Sozialverband VdK sprach von einer "Schnapsidee". Kritik kam auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Das Bundessozialministerium kommentierte den Vorschlag zunächst nicht.
Wehrpflicht - ja oder nein? Eine Mehrheit in Deutschland ist dafür. Was aber denken diejenigen, die es betreffen würde: Schülerinnen und Schüler, die bald 18 Jahre alt werden?
28.06.2025 | 6:40 minFratzscher: Junge Generation besonders belastet
Die ältere Generation müsse sich gesellschaftlich "stärker einbringen, beispielsweise im Sozialbereich, aber auch bei der Verteidigung", fordert der Ökonom Fratzscher. Die Bundeswehr würde dann von den technischen Fähigkeiten vieler Rentner profitieren, erläuterte er.
Warum sollten wir die nicht nutzen, gerade von Leuten, die früher bei der Bundeswehr ausgebildet wurden?
Marcel Fratzscher, DIW-Präsident
An den aktuellen Diskussionen über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht für junge Erwachsene störe ihn, "dass wir die Lösung unserer Probleme häufig schematisch den Jungen aufbürden".
Die Bundeswehr braucht dringend mehr Personal. Aber wie? Reicht es, Freiwillige anzuwerben oder muss eine Wehrpflicht her?
09.07.2025 | 2:38 minDie jungen Generationen seien aber bereits stark durch steigende Sozialabgaben und die Folgen des Klimawandels belastet.
Wir brauchen mehr Solidarität der Alten mit den Jungen.
Marcel Fratzscher, DIW-Präsident
Nötig sei die Verhandlung eines "neuen Generationenvertrags" für Deutschland, erklärte Fratzscher.
Zuvor hatte sich ebenso der Soziologe Klaus Hurrelmann für ein Pflichtjahr am "Ende des Arbeitslebens" starkgemacht. Es sei nicht gerecht, nur von der Jugend zu erwarten, das Land zu verteidigen.
DGB: Generationen nicht gegeneinander ausspielen
Kritik kam auch vom Sozialverband VdK. Präsidentin Verena Bentele sagte der AFP, es entstehe "mehr und mehr der Eindruck, dass Rentnerinnen und Rentner für das zur Verantwortung gezogen werden sollen, was in unserer Gesellschaft nicht funktioniert". Dabei übernähmen viele schon heute "einen wichtigen Beitrag für eine solidarische Gesellschaft", etwa indem sie sich um Kinder und andere Angehörige kümmern.
Der DGB lehnt ein Pflichtjahr für Rentner kategorisch ab. "Wir warnen davor, mit solchen Vorschlägen Generationen gegeneinander auszuspielen", sagte DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel der dpa.
Die Frage, wer tatsächlich auf wessen Kosten lebt, ist in allererster Linie eine Frage zwischen Reich und Arm, also zwischen Kapital und Arbeit, und nicht etwa zwischen den Generationen.
Anja Piel, DGB
Das Bundessozialministerium äußerte sich zu dem Vorschlag zunächst nicht. Es gebe grundsätzlich "enorm viele Forderungen und Vorstellungen beim Thema Rente", die derzeit im Raum stünden, sagte eine Sprecherin. Deshalb werde nun Anfang 2026 auch eine Rentenkommission eingesetzt, in der diese diskutiert würden. Sie soll 2027 ihre Ergebnisse vorlegen.
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