Wehrpflicht wieder einführen? Was junge Menschen sagen
Debatte in Deutschland:Zurück zur Wehrpflicht? Was junge Menschen sagen
von Luisa Houben
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Wehrpflicht - ja oder nein? Eine Mehrheit in Deutschland ist dafür. Was aber denken diejenigen, die es betreffen würde: Schülerinnen und Schüler, die bald 18 Jahre alt werden?
2011 wurde die Wehrpflicht in Deutschland ausgesetzt. Angesichts der internationalen politischen Lage beschäftigt die Debatte um eine Wiedereinführung der Wehrpflicht Politik und Bürger.09.04.2025 | 6:40 min
Junge Menschen in Deutschland haben die Wahl: Sie können nach der Schule eine Ausbildung anfangen, Freiwilligendienst leisten, studieren oder reisen. Zur Bundeswehr zu gehen, ist eine von vielen Optionen.
Das könnte sich bald ändern. Die Bundesregierung diskutiert offen über die Rückkehr der Wehrpflicht.
Das wäre schon hart, also ich würde mich jetzt nicht freuen.
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Rimon, Schüler
Rimon geht in die 10. Klasse der Weihungstalschule, eine Gemeinschaftsschule in Staig südlich von Ulm. Hier sind der Krieg in der Ukraine und im Nahen Osten ständig Thema. Die Schülerinnen und Schüler verfolgen die Debatten um Deutschlands Plan, "kriegstüchtig" zu werden.
Pistorius plant Wehrpflicht-Option
Geht es nach Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sollen junge Menschen dazu ihren Beitrag leisten. Im geplanten Wehrdienstgesetz will er eine Option für eine teilweise Rückkehr zur Wehrpflicht verankern, die greift, wenn es zu wenige Freiwillige gibt. Der SPD-Minister schätzt, dass die Bundeswehr etwa 60.000 aktive Soldatinnen und Soldaten zusätzlich brauche.
Baden-Württembergs Regierungschef Kretschmann sieht keine vernünftige Alternative zu Aufrüstungsplänen in Deutschland und Europa. Pazifismus heiße jetzt verteidigungsbereit sein.
von Luisa Houben, Max Schwarz
Exklusiv
Vorbereitet sein, aber zu welchem Preis?
Rimon hat andere Pläne. Er will eine Ausbildung zum Automobil-Kaufmann machen. Und hält es doch für notwendig, seine Generation auf einen möglichen Krieg vorzubereiten.
Damit wir im Ernstfall wissen, wie man mit einer Waffe umgeht und wir unsere Heimat verteidigen können.
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Rimon, Schüler
Er würde seine Familie und Freunde bei einem Angriff schützen wollen. So sehen es auch andere in seiner Jahrgangsstufe: Sie fänden es wichtig, dass Deutschland in der Lage ist, die Bevölkerung zu verteidigen und sind grundsätzlich bereit, einen Beitrag zu leisten. Freiwillig zur Bundeswehr gehen wollen sie aber nicht.
"Die Akzeptanz für die Bundeswehr ist gestiegen bei jungen Menschen," sagt Jugendforscher Simon Schnetzer. Viele fragten sich aber, ob ein Wehrdienst sinnvoll investierte Zeit wäre und tatsächlich auf die Vision einzahle, Deutschland "kriegstüchtig" zu machen.
Das Verteidigungsministerium arbeitet an einem neuen Wehrdienst-Modell, das schon 2025 auf freiwilliger Basis starten soll. Was denken junge Menschen über den Dienst an der Waffe?11.04.2025 | 2:39 min
Die Wehrpflicht war 2011 unter Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Sie galt bis dahin nur für Männer und tritt für Männer wieder in Kraft, wenn der Bundestag den Spannungs- oder Verteidigungsfall feststellt. Soll die Pflicht auch für Frauen gelten, müsste das Grundgesetz geändert werden.
Das nun nötige Gesetz über einen neuen Wehrdienst wird im Verteidigungsministerium geschrieben. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD kommt das Wort "Wehrpflicht" nicht vor. Darin heißt es stattdessen: "Wir schaffen einen neuen attraktiven Wehrdienst, der zunächst auf Freiwilligkeit basiert."
Quelle: dpa
Bevormundung oder Chance?
Lilly (17) und Jasmin (16) treibt um: "Wie lange müssten wir zur Bundeswehr und was wäre danach?" Jeder habe schließlich persönliche Ziele und eine Vorstellung vom eigenen Leben. Verpflichtet zu werden und keine Wahl zu haben, missfällt ihnen.
Ihr Mitschüler Bilal findet: Wehrdienst leisten zu müssen, könnte auch eine Chance sein - erst recht, wenn es alle betrifft.
Es kann ein gutes Jahr sein, wo man viel lernt wie Disziplin und einem für sein Leben viel mitgegeben wird.
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Bilal, 17 Jahre alt
Die Mehrheit der Deutschen will die Wehrpflicht zurück. Laut ZDF-Politbarometer sehen 45 Prozent Männer und Frauen in der Pflicht - 35 Prozent sind gegen die Wiedereinführung.27.06.2025 | 0:17 min
Mehrheit der Jungen gegen Wehrpflicht
Junge Menschen sind bei der Frage, ob es eine Wehrpflicht geben soll deutlich skeptischer als ältere. Laut ZDF-Politbarometer lehnen sie mehr als die Hälfte der 18- bis 34-Jährigen ab.
In der Debatte um eine Rückkehr zur Wehrpflicht geht die Meinung bei Jüngeren und Älteren auseinander.
Quelle: ZDF
Menschen unter 18 Jahren wurden hier nicht befragt. Und auch in der öffentlichen Debatte spielen sie eine untergeordnete Rolle.
Ich glaube nicht, dass bei der Debatte im Vordergrund steht, was die Bedürfnisse unserer Generation sind, ob die durch eine Wehrpflicht erhalten oder verletzt werden.
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Lona, Schülerin
Lona und ihre Mitschülerinnen Charlotte und Loreena haben dafür Verständnis. Bei der Entscheidung gehe es darum, "was gut sei für die gesamte Bevölkerung", sagen sie. Dazu gehöre, dass das Land in der Lage sei, sich zu verteidigen.
Bedacht werden wollen sie trotzdem. "Weil es uns betreffen würde," sagt Charlotte. Die drei gehen in die 11. Klasse des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Gundelfingen bei Freiburg.
Bayerns Ministerpräsident Söder fordert eine Wehrpflicht. Wenn man "stärkste Armee in Europa" werden will, ginge das "nicht nur mit Fragebögen und Freiwilligkeit", sagte er im ZDF.23.06.2025 | 8:03 min
Junge Menschen wollen die Wahl haben
Jugendforscher Schnetzer appelliert:
Wir müssen junge Menschen bei Zukunftsentscheidungen mehr beteiligen.
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Simon Schnetzer, Jugendforscher
Wehrdienst werde dann attraktiv, wenn sich die Bundeswehr mehr auf das Mindset der Jungen einstelle. "Nicht nur im Recruiting, sondern auch im Führungsstil und Umgang. Sie wollen zum Beispiel schnelles, konstruktives Feedback und legen wert auf agile Prozesse."
Lona findet: In Deutschland sollte es die Möglichkeit geben, zwischen Wehrdienst und Zivildienst zu wählen. Zweiteres könnte sie sich nach dem Abi vorstellen:
Als einen Dienst an der Gesellschaft und aus Verantwortung gegenüber meinen Eltern oder Großeltern.
Die Marine klagt aktuell über fehlenden Nachwuchs: Von knapp 15.000 militärischen Dienstposten blieb im letzten Jahr jeder fünfte unbesetzt. Die Herausforderungen aber wachsen.
von Ines Trams
mit Video
Auch Angst, Deutschland zu verteidigen
Loreena würde sich für die Bundeswehr entscheiden. "Nichts machen ist keine Option", findet die 16-Jährige. Gleichzeitig könne sie sich schlecht vorstellen, was sie erwarten würde in der Ausbildung und bei möglichen Einsätzen.
Dieser Gedanke macht auch Angst.
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Charlotte, Schülerin
Es sei so einfach gesagt, Deutschlands Sicherheit und Demokratie verteidigen zu wollen, sagt die 17-Jährige. Viel schwieriger sei zu beantworten, ob man in letzter Konsequenz bereit wäre, dafür das eigene Leben zu opfern.