Abschiebe-Pläne der CDU: Was Syrer in Deutschland darüber denken

Debatte um Rückführungen:Was Syrer zu den Abschiebe-Plänen der Regierung sagen

von Peter Theisen

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Außenminister Wadephul hat bezweifelt, dass syrische Geflüchtete bald in ihre Heimat zurückkehren. Teile der CDU sehen das anders. Wie blicken Syrer in Deutschland auf die Debatte?

Syrer in Deutschland

Lange herrschte Krieg in Syrien. In Deutschland läuft die Debatte, Syrer wieder in ihr Heimatland zurückzuschicken, um es wieder aufzubauen. Doch was denken Syrer selbst?

10.11.2025 | 2:00 min

Eine Baustelle in Frankfurt. Khaled Hashem kommt uns mit Helm und Warnweste entgegen. Er kam 2015 aus Syrien nach Deutschland. Heute arbeitet er als Architekt und Bauleiter. Für die Diskussion um eine Rückkehr der Syrer aus Deutschland hat er wenig Verständnis.

Ich finde die Diskussion unrealistisch, weil in Syrien die Infrastruktur und die Gebäude total zerstört sind. Es ist derzeit unmöglich, sich dort ein neues Leben aufzubauen.

Khaled Hashem, Architekt

Hashem hat Frau und zwei Kinder, eines ist bereits in der Schule. "Da kann man nicht einfach so sagen: ich gehe jetzt mal schnell nach Syrien zurück." Er hat inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit. Grundsätzlich kann er sich dennoch vorstellen, irgendwann nach Syrien zurückzukehren. Er schätzt, dass das aber frühestens in acht oder zehn Jahren möglich sein wird.

SGS mit der Moderatorin Marietta Slomka und dem Migrationsrechtler Prof. Daniel Thym

Falls das Bundesamt für Migration den Schutzstatus von mehr als 100.000 Syrern widerriefe, würde das zu einer Masse an Klagen führen, so Migrationsrechtler Prof. Daniel Thym.

09.11.2025 | 5:36 min

Rechtsanwältin: Selbst Syrer mit deutscher Staatsangehörigkeit in Sorge

In der Rechtsanwaltskanzlei von Nahla Osman in Rüsselsheim steht das Telefon nicht mehr still. "Die Menschen sind total verunsichert. Selbst Syrer, die bereits die deutsche Staatsangehörigkeit haben, sind besorgt, dass man sie irgendwann doch wieder zurückschickt", sagt die syrischstämmige Anwältin, die in Hessen aufgewachsen ist.

Gerade sitzt Abdulhamid Mohamed in ihrem Büro. Der 30-jährige Chemiker ist vor knapp zwei Jahren nach Deutschland gekommen, zuvor hat er in der Türkei gelebt. Sein Asylantrag wurde inzwischen abgelehnt. Syrien sei mittlerweile sicher, stand im Bescheid. Das sieht er anders.

Ich habe dort auch keine Familie mehr. Hier in Deutschland habe ich schnell Deutsch bis zum Niveau B1 gelernt. Ich wollte auch weiter machen, aber die Behörden sagten mir, ich sollte zu Hause bleiben.

Abdulhamid Mohamed, Chemiker

Eine Frau geht am 4. November 2025 an Stromkabeln vorbei, die entlang beschädigter Gebäude im Stadtteil Ain Tarma am östlichen Rand der Hauptstadt Damaskus verlaufen. Im vergangenen Monat erhöhte das syrische Energieministerium die Preise um mindestens das 60-Fache gegenüber dem bisherigen Tarif, was bei der Bevölkerung, die bereits unter jahrzehntelangen Sanktionen und 14 Jahren Krieg leidet, für Entsetzen sorgte.

In Syrien haben fast 14 Jahre Bürgerkrieg nicht nur für massive Zerstörung gesorgt, vielerorts droht noch Gefahr durch Landminen. Hilfsorganisationen kümmern sich um die Räumung.

09.11.2025 | 2:38 min

Abschiebungen: Rechtsanwältin rechnet mit Klagewelle

Nahla Osman ist zuversichtlich, dass sie seine Abschiebung noch abwenden kann. Zigtausende Syrer dürften gegen ihre Bescheide klagen, das würde die Gerichte über Jahre beschäftigen. Osman findet es angesichts des Fachkräftemangels bizarr, dass nun gut ausgebildete Menschen, die sich um Integration bemühten, wieder weggeschickt werden sollen.

Man hat den Flüchtlingen gesagt: 'Lernt Deutsch. Integriert Euch!' Und jetzt droht man ihnen mit Abschiebung! Das schürt Unsicherheit, Frust und Angst.

Nahla Osman, Rechtsanwältin

Syrien: "Sicherheitslage zerbrechlich"

Der Empfang des syrischen Interimspräsidenten al-Scharaa bei Trump sei "historisch". Doch die Sicherheitslage im Land bleibe "fragil", berichtet ZDF-Korrespondentin Golineh Atai aus Damaskus.

10.11.2025 | 3:17 min

Abschiebungsdebatte ist "verletzend"

Das Haus am Dom in Frankfurt. Dort findet eine Veranstaltung der Organisation Syrmania statt. Syrmania hat sich auf die Fahnen geschrieben, den Aufbau Syriens von Deutschland aus zu unterstützen. Die Männer tragen schicke Anzüge, die Frauen sind elegant gekleidet, einige mit, einige ohne Kopftuch. Es sind lauter hochqualifizierte Menschen, die es befremdlich finden, dass sich die Diskussion nur noch um Abschiebungen dreht.

Zilal Meknas arbeitet als Architektin: "Es ist wirklich verletzend, dass wir nun darüber nachdenken sollen, noch einmal von vorn anzufangen. Ich habe damals meine Heimat Syrien gezwungenermaßen verlassen müssen. Ich hoffe, dass mir das nicht noch einmal - hier in Deutschland - passiert."

Der Lehrer Florian Schempp unterrichtet am 31.08.2015 an der Friedenauer Gemeinschaftsschule/1. Gemeinschaftsschule Schöneberg in Berlin in einer Willkommensklasse deutsch

Neue Schüler, neue Lehrer: Die Berliner Willkommensklassen versuchen, geflüchtete Kinder zu integrieren. Eine syrische Geflüchtete in Brandenburg hat es geschafft, als Lehrerin zu arbeiten.

22.08.2025 | 15:06 min

Syrer: "Deutschland kann auch mir gegenüber dankbar sein"

Auch Ibraheem Iskef kam 2015 nach Deutschland. Unter Lebensgefahr übers Mittelmeer, wie er erzählt. In Deutschland absolvierte er ein Studium zum Bauingenieur. Heute arbeitet er in diesem Beruf am Frankfurter Flughafen. Das in die Jahre gekommene Terminal eins wird gerade aufwändig saniert. "Ich bin Deutschland sehr dankbar für die Möglichkeiten, die es mir gegeben hat," sagt er und fügt selbstbewusst hinzu:

Und ich denke, Deutschland kann auch mir gegenüber dankbar sein, denn ich gebe dem Land viel zurück.

Ibraheem Iskef, Bauingenieur

Im Moment sei es zielführender, dass in Deutschland gut ausgebildete Syrer ihr Wissen über Netzwerke an ihre Landsleute in Syrien weitergeben, um den Aufbau des Landes zu unterstützen, meint Ali Al-Mawas, der Präsident von Syrmania. Aber niemand sollte gegen seinen Willen gezwungen werden, in seine zerstörte Heimat zurückzukehren.

Peter Theisen berichtet aus dem ZDF-Studio in Wiesbaden.

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