Bundesgerichtshof: Welche Fälle am BGH landen

FAQ

Bundesgerichtshof 1950 gegründet:75 Jahre Rechtsprechung: Welche Fälle am BGH landen

|

Seit 75 Jahren prägt der BGH als letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren die Rechtsprechung in Deutschland. Welche Fälle dort landen - und warum in Karlsruhe: ein Überblick.

Außenaufnahme des Bundesgerichtshofs. Archivbild

Der Bundesgerichtshof (BGH) wurde am 1. Oktober 1950 gegründet.

Quelle: Uli Deck/dpa

Seit 75 Jahren entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) als letzte Instanz über Straf- und Zivilverfahren aus ganz Deutschland. Seine Entscheidungen prägen damit die Rechtsprechung der Bundesrepublik.

Aber welche Fälle landen eigentlich bei den hohen Senaten in Karlsruhe und Leipzig? Und was hat sich seit der Gründung des Gerichts am 1. Oktober 1950 geändert? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Jubiläum:

Was macht der BGH?

Als letzte Instanz in Zivil- und Strafverfahren steht der BGH an der Spitze der Amtsgerichte, Landgerichte und Oberlandesgerichte. Er sorgt dafür, dass die geltenden Gesetze in der ganzen Bundesrepublik einheitlich ausgelegt werden.

Das Bundesgericht ist dabei organisatorisch nicht den Ländern, sondern dem Bundesjustizministerium unterstellt. Es besteht aus 13 Zivilsenaten und sechs Strafsenaten. Zwei Strafsenate sitzen in Leipzig, alle übrigen Senate in Karlsruhe.

Welche Fälle landen beim Gericht?

Oft landet ein Verfahren über die Revision beim BGH. Das heißt, dass eine oder beide Parteien eines Gerichtsverfahrens die Entscheidung eines Land- oder Oberlandesgerichts anfechten. Der BGH prüft dann als sogenanntes Revisionsgericht nur, ob in der Vorinstanz Rechtsfehler passiert sind. Er nimmt aber keine neuen Beweise auf oder verhört selbst Zeugen.

Außerdem entscheidet der BGH über sogenannte Nichtzulassungsbeschwerden, wenn die Revision zum BGH von der Vorinstanz nicht zugelassen wurde.

Warum sitzt der BGH (überwiegend) in Karlsruhe?

Die Standortwahl hatte vor allem pragmatische Gründe, sagt Detlev Fischer, ehemaliger BGH-Richter und Leiter des Rechtshistorischen Museums im Bibliotheksgebäude des Gerichts. Nach dem Zweiten Weltkrieg stand der traditionsreiche Standort Leipzig, wo das Reichsgericht seinen Sitz hatte, nicht mehr zur Verfügung, weil er in der DDR lag. Der neue Standort sollte eine ähnliche kulturelle Bedeutung wie Leipzig mitbringen und genügend Wohnraum für die Richterschaft und sonstige Mitarbeitenden bieten, erklärt Fischer.

Eine modellhafte Nachbildung der Justitia. Archivbild

Etwa eine Million Strafverfahren sind in Deutschland unerledigt, im Staatsdienst fehlen rund 2.000 Juristen und bei der Polizei 50.000 Beamte.

24.09.2024 | 10:09 min

Lange galt Köln demnach als Favorit - nicht zuletzt, weil es dort schon ein oberstes Gericht für die britische Besatzungszone gab. Auch Kanzler Konrad Adenauer (CDU) habe sich für seine frühere Heimatstadt eingesetzt.

Doch der damalige Justizminister und gebürtige Franke Thomas Dehler (FDP) wollte den Gerichtssitz bewusst nach Süddeutschland verlagern, wie Fischer sagt. Schließlich entschied sich der Bundestag 1950 gegen Köln und für Karlsruhe.

Und seit wann gibt es die Senate in Leipzig?

Der 5. Strafsenat saß nach Errichtung des BGH erst in Berlin. Nach der Wiedervereinigung wurde er 1997 nach Leipzig verlegt. Im Jahr 2020 wurde dann ein weiterer Strafsenat in Leipzig geschaffen.

Wie viele Richterinnen und Richter hat der BGH?

Bei der Eröffnung des Gerichts vor 75 Jahren waren zunächst nur 12 von 53 vorgesehenen Richterstellen besetzt, erklärt Rechtshistoriker Fischer. Zum Jahresende seien es immerhin schon 42 gewesen, bis Sommer 1953 stieg die Zahl demnach auf etwa 100.

Der überwiegende Teil der Richter sei auch zur NS-Zeit schon in der Justiz tätig gewesen, rund 40 Prozent von ihnen seien Mitglieder der NSDAP gewesen, sagt Fischer. Heute sind am BGH insgesamt 154 Richterinnen und Richter tätig.

Wie wird die Richterschaft gewählt?

Die BGH-Richterinnen und -Richter werden vom Richterwahlausschuss gewählt. Das Gremium besteht aus den 16 Landesjustizministerinnen und -ministern sowie 16 weiteren, vom Deutschen Bundestag gewählten Mitgliedern.

Gewählt werden kann theoretisch jeder Deutsche ab 35 Jahren, der die Befähigung zum Richteramt besitzt. Neben fachlicher und persönlicher Qualifikation spielt laut BGH auch die föderale Zugehörigkeit eine Rolle, da alle Bundesländer nach ihrer Bevölkerungszahl in den Bundesgerichten vertreten sein sollen.

Symbolbild Schriftzug Bundesverfassungsgericht

Die Wahl ans Bundesverfassungsgericht ist streng geregelt. Bundestag und Bundesrat bestimmen die Richter:innen - bisher einigten sich die Parteien ohne großen Streit.

11.07.2025 | 0:50 min

So funktioniert die Richterwahl am Bundesverfassungsgericht:

Wer darf als Anwalt am BGH vortragen?

In Zivilsachen dürfen die Parteien nur durch speziell beim BGH zugelassene Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte vertreten werden. Zurzeit gibt es 35 solcher BGH-Anwältinnen und -Anwälte. Ein spezieller Wahlausschuss benennt die Kandidaten, über die dann das Bundesjustizministerium entscheidet.

Für Strafverfahren gibt es am BGH keine gesonderte Anwaltschaft. Die Aufgaben der Staatsanwaltschaft übernimmt am BGH der Generalbundesanwalt.

Welche anderen Bundesgerichte gibt es?

Insgesamt gibt es fünf oberste Gerichtshöfe des Bundes. Neben dem BGH mit Sitz in Karlsruhe und Leipzig gibt es:

  • das Bundesarbeitsgericht in Erfurt
  • den Bundesfinanzhof in München
  • das Bundessozialgericht in Kassel
  • das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig

Eine Sonderstellung hat das Bundesverfassungsgericht, das über die Einhaltung des Grundgesetzes wacht.

Stimmabgabe

Nachdem die Wahl neuer Verfassungsrichter im vergangenen Juli gescheitert ist, war der zweite Durchgang erfolgreich: Alle drei Kandidaten wurden gewählt. Andrea Maurer ordnet die Wahl ein.

25.09.2025 | 1:26 min

Ist mit einem BGH-Urteil immer das letzte Wort gesprochen?

Meistens schon. Wenn es aber zum Beispiel um verfassungsrechtliche Fragen geht, kann das Bundesverfassungsgericht als höchstes deutsches Gericht angerufen werden. Betroffene können sich dort auch noch gegen Gerichtsentscheidungen der eigentlich letzten Instanz wehren, wenn sie ihre Grundrechte verletzt sehen.

Geht es um bestimmte europarechtliche Fragen, kann außerdem der Europäische Gerichtshof in Luxemburg zuständig sein.

Denkwürdige Urteile aus 75 Jahren BGH







Quelle: dpa

Justizfälle am Bundesgerichtshof

  1. Die Schauspielerinnen Lois Maxwell (l) und Samantha Bond, die beide die Rolle der Miss Moneypenny in verschiedenen James-Bond-Filmen spielten, posieren mit Waffen aus früheren James-Bond-Filmen

    Markenstreit um "Miss Moneypenny":BGH prüft werbliche Nutzung von Bond-Figur


  2. Thüringen, Erfurt: Björn Höcke, AfD-Fraktionschef, während einer Sitzung des Thüringer Landtags.

  3. Symbolbild: Arzt markiert Gesichtshaut einer Patientin

    BGH-Urteil zu Beauty-Eingriffen :Werbung mit Vorher-Nachher-Fotos ist verboten

    von Katharina Reiter
    mit Video

  4. Berlin: In einer Apotheke liegen Medikamente und Arzneimittel in einem Medikamentenlager bereit.
    FAQ