Polen startet Grenzkontrollen zu Deutschland - Wirtschaft besorgt
Wirtschaftsvertreter besorgt:Polen startet Grenzkontrollen zu Deutschland
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Seit 2023 kontrolliert Deutschland an der polnischen Grenze - seit heute Nacht auch umgekehrt. Die Wirtschaft sorgt sich, Polens Innenminister hingegen bleibt positiv.
Um die illegale Migration einzudämmen hat Deutschland die Kontrollen entlang der deutsch-polnischen Grenze intensiviert. Jetzt hat auch die polnische Seite mit Kontrollen begonnen.07.07.2025 | 2:36 min
Polen hat mit eigenen stationären Kontrollen an der Grenze zu Deutschland begonnen. Nach den Worten des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk soll damit "der unkontrollierte Strom von Migranten hin und zurück begrenzt" werden.
An insgesamt 52 Grenzübergängen soll nach Angaben der Behörde stichprobenhaft kontrolliert werden. Die Grenzer werden dabei besonders Busse, Kleinbusse und Pkw mit vielen Insassen im Auge haben, aber auch Fahrzeuge mit getönten Scheiben.
Die neuen Kontrollen haben den Grenzverkehr zu Deutschland nach Angaben von Polens Innenminister Tomasz Siemoniak bisher kaum beeinträchtigt. Dem Sender TVN24 sagte er:
Alles verläuft ohne Zwischenfälle, der Verkehr fließt bislang reibungslos
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Tomasz Siemoniak, Polens Innenminister
Der Polen-Beauftragte der Bundesregierung warnte dennoch: "Das ist kein guter Tag für das deutsch-polnische Verhältnis", sagte Knut Abraham (CDU) der Nachrichtenagentur Reuters. "Eine Verdichtung der Kontrollen an der deutsch-polnischen Grenze wird nicht die Lösung des Migrationsproblems sein."
Kontrollen an 52 Grenzübergängen
Seit Mitternacht werden Reisende an den 52 Übergängen entlang der deutsch-polnischen Grenze stichprobenartig überprüft. Auch an den 13 Übergängen zum Baltenstaat Litauen gibt es Kontrollen.
Seit Mitternacht kontrolliert Polen die Grenzen zu Deutschland und Litauen.
Quelle: ZDF
An der Grenze zu Litauen fassten die polnischen Grenzer kurz nach Mitternacht einen estnischen Staatsbürger. Er hatte den Angaben zufolge vier Menschen aus Afghanistan im Auto, die irregulär einreisen wollten. Die Afghanen sollen nach Litauen zurückgewiesen werden. Der Schleuser habe gedacht, dass er es noch vor Einführung der Kontrollen über die Grenze schaffen werde, sagte Innenminister Siemoniak. "Und genau das ist der Beweis dafür, dass diese Kontrollen notwendig sind."
Tusk innenpolitisch unter Druck
Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte Anfang Mai verstärkte Grenzkontrollen und die Zurückweisung von Asylsuchenden an der polnischen Grenze angeordnet. Seine Vorgängerin Nancy Faeser (SPD) führte bereits im Oktober 2023 stationäre Kontrollen an der Grenze zu Polen ein.
Tusk steht innenpolitisch unter Druck, nachdem Deutschland auch Asylbewerber an der Grenze abgewiesen hatte. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte erklärt, er strebe gemeinsame Grenzkontrollen mit Nachbarländern im jeweiligen Hinterland an.
Ab Montag kontrolliert Polen den Verkehr aus Deutschland. Auf was sich Reisende und Pendler einstellen müssen und wie die Wirtschaft reagiert: die wichtigsten Fragen im Überblick.
FAQ
Wirtschaftsvertreter wegen Kontrollen besorgt
Tusk hatte wiederholt deutlich gemacht, dass sein Land lieber auf die Kontrollen an eigenen Grenzposten verzichten würde, damit aber auf das einseitige deutsche Vorgehen reagiere. Bereits durch die deutschen Kontrollen war es wiederholt zu Störungen und Verzögerungen im grenzüberschreitenden Verkehr gekommen. Es wird befürchtet, dass sich dies durch die polnischen Kontrollen noch verschärft.
Nach Jahrzehnten offener Grenzen werden wieder Pässe kontrolliert. Scheitert die EU an der Grenzpolitik ihrer Mitgliedsstaaten? Mehr dazu im "heute journal - der Podcast"06.06.2025 | 40:26 min
Auch Vertreter von Wirtschaftsverbänden zeigten sich angesichts der Grenzkontrollen besorgt über negative Auswirkungen. "Aus der Wirtschaft und insbesondere von den IHKs vor Ort bekommen wir besorgniserregende Rückmeldungen", sagte die Hauptgeschäftsführerin der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK), Helena Melnikov, dem "Handelsblatt".
"Wenn Pendler an der deutsch-polnischen Grenze nicht mehr verlässlich und pünktlich zu ihrer Arbeit kommen, steigt die Gefahr, dass sie sich dauerhaft anders orientieren - mit Folgen für den Fachkräftemangel in Regionen wie Brandenburg."