Orban bei Putin: "Friedensmission" als PR-Strategie

Besuch in Moskau:Orban bei Putin: "Friedensmission" als PR-Strategie

Christian von Rechenberg

von Christian von Rechenberg

|

Orban ist auf "Friedensmission" in Russland - So zumindest inszeniert es der ungarische Ministerpräsident selbst. In Wirklichkeit verfolgt er mit seinem Besuch andere Ziele.

Ungarns Ministerpräsident Orban und Kremlchef Putin schütteln sich die Hand

Beim Treffen mit Putin hat der ungarische Ministerpräsident Orban erneut zu einem Russland-USA-Gipfel geladen.

28.11.2025 | 0:28 min

Ungarn bleibt einer der letzten EU-Staaten, die weiterhin große Mengen russisches Öl und Gas importieren. "Ungarn ist stark von diesen russischen Importen abhängig", erklärt Daniel Mikecz, Politikwissenschaftler an der Ungarischen Akademie der Wissenschaften in Budapest. Und so verkauft Ministerpräsident Viktor Orban seinen Besuch in Moskau offiziell als "Geschäftsreise", um Ungarns Energieversorgung zu sichern.

Trotz des EU-Plans, bis 2027 sämtliche russischen Energieimporte zu stoppen, und trotz eines US-Embargos. Doch auf die EU hat Orban nie viel Rücksicht genommen und das Embargo hat Donald Trump unlängst höchstpersönlich für seinen Freund Viktor Orban gelockert. Offenbar für ein Jahr.

Gleichzeitig laufen internationale Verhandlungen über einen neuen Ukraine-Friedensplan. Die USA und die Ukraine verhandeln über einen Entwurf, der mehr Sicherheitsgarantien vorsieht. Russland zeigt sich zurückhaltend und lehnt Zugeständnisse ab. Vor diesem Hintergrund inszeniert Orban seinen Moskau-Besuch bei Wladimir Putin auch als "Friedensmission".

Premierminister Orban auf einer Rede während der Zeremonie.

Ungarns Nationalfeiertag stand dieses Jahr im Zeichen des Wahlkampfs 2026. Orban nutzte den Tag, um Stimmung gegen die EU zu machen, sein Kontrahent warb für einen Systemwechsel.

23.10.2025 | 2:26 min

Orban bei Putin: Wahlkampf statt Energiepolitik

Um Energielieferungen zu beschließen, so Mikecz, brauche es allerdings kein Treffen zweier Regierungschefs. Orban braucht etwas anders: die Bilder - für eine innenpolitische Inszenierung.

Es geht um den Wahlkampf und nicht wirklich um Energiequellen.

Daniel Mikecz, Politikwissenschaftler

Orban wolle sich als internationaler Akteur präsentieren, der direkten Zugang zu Putin und Trump hat.

Er betont seinen direkten Kontakt zu Staats- und Regierungschefs.

Daniel Mikecz, Politikwissenschaftler

Orban - der Freund der Supermächtigen, der Garant für Energiesicherheit. Mit diesem Narrativ will er seinem Herausforderer Peter Magyar die Bühne nehmen und zeigen: Nur er genießt die nötige internationale Anerkennung. Magyar liegt in den Umfragen weit vorne - in knapp fünf Monaten wählen die Ungarn ein neues Parlament. Orban steht unter Druck.

Ungarns Premierminister Viktor Orban

Viktor Orban steht schon länger politisch unter Druck. Der ungarische Ministerpräsident wollte bereits mit Geldsegen für Dorfkneipen punkten.

15.04.2025 | 2:19 min

"Friedensmission" als politisches Kalkül

Auch hinter Orbans "Friedensmission" sieht Mikecz vor allem eine PR-Strategie:

Er versucht jetzt wahrscheinlich, noch einmal einen Friedensgipfel in Budapest vorzubereiten.

Daniel Mikecz, Politikwissenschaftler

Ein solches Treffen mit Putin und Trump - das schon einmal geplant war, dann aber vonseiten des US-Präsidenten auf unbestimmte Zeit verschoben wurde - würde Orban nutzen, um sich als Friedensstifter zu inszenieren. Seit Jahren macht er den Ungarinnen und Ungarn erfolgreich Angst vor einem Krieg in Europa, beschimpft Brüssel als Kriegstreiber.

Ein Friedensgipfel in Budapest, womöglich ohne Beteiligung Brüssels, wäre daher ein weiterer Schlag ins Gesicht für die EU und eine Provokation ganz nach Putins Geschmack. "Es liegt im Interesse Putins, einen solchen Friedensgipfel in Orbans Ungarn abzuhalten", meint Mikecz.

Ob Orban mit dieser Strategie letztendlich Erfolg hat, ist fraglich.

Ich bin nicht überzeugt, dass dies die Wahlergebnisse im nächsten Jahr entscheiden wird.

Daniel Mikecz, Politikwissenschaftler

Die ungarische Bevölkerung beschäftigt sich stärker mit Korruption, Inflation, maroden Schulen und Kliniken. "Die hungernde Wählerschaft reagiert aufgrund der schlechten Wirtschaftslage auch empfindlicher auf Korruption", erklärt Mikecz. Themen, die Orban im Wahlkampf bisher umkurvte.

kunst

Seit Jahren verletzt Ungarns Ministerpräsident den Rechtsstaat. Ein neues Gesetz bedeutet nun das Ende der Meinungsfreiheit.

27.05.2025 | 2:49 min

Orbans Imagekampagne in trauter Runde mit Putin könnte daher verpuffen, wenn die innenpolitischen Probleme überwiegen, so der Experte. Selbst dann, wenn Orban dank eines Deals mit Putin die Preise für Gas und Öl niedrig halten kann.

Zwischen Marionette und Autonomie

Bliebe die Frage, was Orban ist? Puppenspieler oder selbst Marionette? Politikwissenschaftler Daniel Mikecz bringt es auf den Punkt:

Vielleicht eine autonome Marionette.

Daniel Mikecz, Politikwissenschaftler

Putin nutze Orban wie einen Agenten, der Zugang zu EU und Nato hat und beide im Sinne Russlands beeinflussen könne. Gleichzeitig nutzt Orban Machthaber wie Putin und Trump, um sich Handlungsfreiheit zu verschaffen - im Interesse Ungarns und vor allem zum eigenen Machterhalt.

Vor allem aber, braucht Orban Geld. Von der EU kommt keines mehr, Milliarden sind eingefroren wegen Verstößen gegen EU-Recht. Auf der Suche nach neuen Geldquellen habe Orban "in China und den USA schon angefangen", sagt Mikecz.

In Russland noch nicht. Der Moskau-Besuch wirft also auch diesbezüglich einige wichtige Fragen auf.

Daniel Mikecz, Politikwissenschaftler

Christian von Rechenberg ist ZDF-Korrespondent in Wien.

Weitere Nachrichten zu Ungarn

  1. US-Präsident Donald Trump (L) und Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban (R) stehen vor dem Weißen Haus

  2. Viktor Orban, aufgenommen am 26.06.2025

    Geheimagenten in Brüssel:Hat Ungarns Geheimdienst die EU ausspioniert?

    Tobias Bluhm, Brüssel

  3. Ungarn, Budapest: Demonstranten nehmen an einer von der Oppositionspartei Tisza organisierten Kundgebung anlässlich der Feierlichkeiten zum 69. Jahrestag des Ausbruchs der ungarischen Revolution von 1956 gegen die kommunistische Herrschaft und die Sowjetunion teil.

  4. Viktor Orban, Ministerpräsident von Ungarn und Vorsitzender der ungarischen Partei Fidesz während des Gipfeltreffens des Europäischen Rates, dem Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs im Europa-Gebäude, dem Sitz des Europäischen Rates, unmittelbar nach dem NATO-Gipfel in Den Haag in den Niederlanden am 26.06.2025.

  5. Hungarian Prime Minister Viktor Orban visits Romania

  6. Hauptsitz des Internationalen Strafgerichtshofs

  7. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hält eine Rede im Parlament in Budapest am 12. Mai 2025.
    Analyse

    Ungarische Spione in Ukraine?:Spionageverdacht: Warum der Fall brisant ist

    von Christian Mölling, András Rácz
    mit Video0:21

  8. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban kommt zur Abstimmung der Abgeordneten des ungarischen Parlaments in Budapest, Ungarn, um die Verfassungsänderungen zu genehmigen, die die Rechte von LGBTQ-Personen und anderen Gruppen weiter einschränken.

    Parlament für Änderung:Ungarn: Nur zwei Geschlechter in Verfassung

    mit Video0:20