Internationaler Strafgerichtshof: Ungarn leitet Rückzug ein

Parlament beschließt Gesetz:Strafgerichtshof: Ungarn leitet Rückzug ein

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Ungarn treibt seinen Rückzug vom Internationalen Strafgerichtshof voran. Dafür hat nun das Parlament den Weg frei gemacht. Die Orban-Regierung hält das Gericht für "politisch".

Hauptsitz des Internationalen Strafgerichtshofs
Ungarn, das zu den Gründungsmitgliedern des Internationalen Strafgerichtshofs zählt, hat jetzt seinen Rückzug beschlossen.
Quelle: AP | dejong

Das ungarische Parlament hat einem Rückzug des EU-Mitgliedstaats aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zugestimmt. 134 Mitglieder sprachen sich für den Schritt aus, 37 waren dagegen, sieben enthielten sich, teilte das Parlament in Budapest mit.
Die Regierung des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban behauptet, der Gerichtshof agiere "politisch". Sie hatte den Schritt bereits am 3. April angekündigt, kurz nachdem der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu einem Staatsbesuch in Ungarn war. Gegen Netanjahu liegt seit November ein vom IStGH ausgestellter Haftbefehl wegen Kriegsverbrechen im Gazastreifen vor. Die mehr als 120 IStGH-Mitgliedstaaten sind damit eigentlich verpflichtet, den israelischen Regierungschef festzunehmen, sobald er ihr Territorium betritt.
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In Ungarn war Netanjahu trotz dieses Haftbefehls des IStGH nicht verhaftet worden. Netanjahu hat die Vorwürfe zurückgewiesen.

IStGH-Austritt nach einem Jahr in Kraft

In dem von Vize-Ministerpräsident Zsolt Semjen eingebrachten Gesetzentwurf steht:

Ungarn lehnt die Nutzung internationaler Organisationen - insbesondere von Strafgerichten - als Instrumente politischer Einflussnahme entschieden ab.

Gesetzenwurf im ungarischen Parlament

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Der Austritt eines Landes aus dem Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) tritt ein Jahr nach Eingang einer schriftlichen Mitteilung über diese Entscheidung beim Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN) in Kraft. Außenminister kündigte diese Mitteilung unmittelbar nach der Parlamentsabstimmung an. Ungarn gehört zu den Gründungsmitgliedern des Gerichts.
Das Gericht mit Sitz in Den Haag war 2002 gegründet worden, um Menschen die für die schwersten Verbrechen der Welt verantwortlich sind, strafrechtlich zu verfolgen. Es wird erwartet, dass der Austritt Ungarns ein Jahr dauern wird. Ungarn ist nach Burundi und den Philippinen das dritte Land, das sich aus dem Gericht zurückzieht.
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Quelle: Reuters, AFP, dpa

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