Vor Nato-Gipfel: Alles dreht sich um das Ziel von fünf Prozent

Verteidigungsminister der Nato:Vor Gipfel: Alles dreht sich um fünf Prozent

von Isabelle Schaefers, Brüssel
|

Die Nato steuert nach stürmischen Monaten auf den Gipfel im Juni zu. Die Aufgabe: ein Kompromiss zu dem Fünf-Prozent-Ziel, das die USA fordern. Hält die viel beschworene Einheit?

NATO Generalsekretär Mark Rutte bei einer PK vor dem Verteidigungsministertreffen in Brüssel.
Im Mittelpunkt des Treffens steht die Debatte um höhere Verteidigungsausgaben. Doch neben finanziellen Aspekten spielt auch die Frage nach mehr Personal eine zentrale Rolle.05.06.2025 | 1:33 min
Die Nato-Verteidigungsminister haben gerade offiziell eine Aufgabe: das Treffen ihrer Staats- und Regierungschefs in zwei Wochen in Den Haag vorzubereiten. Was bürokratisch klingt, ist eine massive Nato-weite Aufrüstung, die die Minister einen weiteren Schritt voran bringen. Fünf Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) sollen künftig in die Verteidigung gesteckt werden. Bisher erreichen einige Staaten nicht einmal die bisher geltenden zwei Prozent.

Fünf Prozent ja, aber…

Donald Trump hatte die neue Zahl in den Raum gestellt und fünf Prozent des BIP für Verteidigungsausgaben gefordert. Sein Verteidigungsminister Pete Hegseth formuliert es heute erneut so:

Ich bin hier, um klar zu machen, dass jedes Nato-Mitglied versteht: Die Lasten müssen auf alle Schultern verteilt werden.

Pete Hegseth, US-Verteidigungsminister

Doch im Nato-Hauptquartier und vielen europäischen Hauptstädten wurden fünf Prozent lange als unrealistisch abgetan.
Politiker bei einem Treffen des NATO-Bündnisses in Brüssel
In Brüssel beraten die Nato-Außenminister über Verteidigungsausgaben. US-Außenminister Hegseth betont dabei die Forderung nach der Erhöhung der Ausgaben.05.06.2025 | 0:24 min
Beim Treffen der Nato-Außenminister in Antalya im Mai dann die Überraschung: man habe sich politisch auf fünf Prozent geeinigt. Beim genaueren Hinsehen handelt es sich allerdings um einen Kompromiss, den Nato-Generalsekretär Mark Rutte vorgeschlagen hatte: 3,5 Prozent für klassische Verteidigung und zusätzlich 1,5 Prozent für Sicherheit im weiteren Sinne, wie etwa Infrastruktur.

Wir müssen in unsere Flugabwehr investieren, in unsere Überwachsungssysteme und noch mehr. Das alles bedeutet gigantische Ausgaben.

Mark Rutte, Nato-Generalsekretär

so erklärt Rutte es.
Nato Gipfel
Bundesaußenminister Wadephul hat den russischen Präsidenten eindringlich zu direkten Verhandlungen mit dem ukrainischen Staatschef Selenskyj aufgerufen. Putin sei dabei, "seine Karten zu überreizen", sagte Wadephul bei einem Nato-Treffen in Antalya.15.05.2025 | 2:36 min

Nicht alle wollen fünf Prozent

Die Verteidigungsminister beschließen zunächst die so genannten Nato-Fähigkeitsziele, also das, was jedes Land militärisch konkret bereitstellen muss. Immer wieder wird betont, dass die Zahl Fünf sich aus eben diesem Bedarf ableite. Aber klar ist auch: Die Zahl Fünf steht am Ende nicht zufällig. "Das Ergebnis sind in der Tat die fünf Prozent, die Präsident Trump gefordert hat, die er für notwendig hält. Und wir folgen ihm da", so formulierte es der deutsche Außenminister Johann Wadephul in Antalya. Verteidigungsminister Boris Pistorius machte es noch deutlicher:

Die Zahl fünf Prozent ist vom amerikanischen Präsidenten vorgegeben.

Boris Pistorius, Verteidigungsminister

Nato-Länder, die Zwei-Prozent-Ziel erreichen

ZDFheute Infografik

Ein Klick für den Datenschutz
Für die Darstellung von ZDFheute Infografiken nutzen wir die Software von Datawrapper. Erst wenn Sie hier klicken, werden die Grafiken nachgeladen. Ihre IP-Adresse wird dabei an externe Server von Datawrapper übertragen. Über den Datenschutz von Datawrapper können Sie sich auf der Seite des Anbieters informieren. Um Ihre künftigen Besuche zu erleichtern, speichern wir Ihre Zustimmung in den Datenschutzeinstellungen. Ihre Zustimmung können Sie im Bereich „Meine News“ jederzeit widerrufen.
Rutte hat einen Kompromiss auf den Tisch gelegt, der alle mitnehmen soll - die Länder, die wie die USA fünf Prozent fordern, wie etwa die baltischen Staaten. Aber eben auch die Länder, die eher weniger ausgeben wollen, die teilweise nicht einmal die aktuell geforderten zwei Prozent erreichen. Dazu gehören vor allem die Südeuropäer.
"Es wird Staaten geben, die sich an dieses Fünf-Prozent-Ziel sehr eng halten werden und ganz sicherlich auch große Fortschritte machen. Es wird aber auch Staaten geben, beispielsweise Spanien oder Belgien, Kroatien, Italien, Kanada, die alle darunter bleiben werden. Die werden sagen, wir brauchen einfach viel mehr Zeit", so Stefanie Babst, Politologin und ehemalige leitende Mitarbeiterin bei der Nato.
ZDF-Korrespondent Andreas Stamm
Die Nato-Außenminister beraten in Brüssel über Verteidigungsausgaben. Man sei sich bereits beim Fünf-Prozent-Ziel einig, nun würden Details verhandelt, so ZDF-Korrespondent Stamm.05.06.2025 | 1:13 min

Rutte muss Nato am Laufen halten

Bis wann die Mehrausgaben fällig sein sollen, darauf muss man sich bis zum Gipfel noch einigen. Rutte hatte das Jahr 2032 als Ziel vorgeschlagen. In den letzten Monaten wurde klar: Trumps USA stehen offiziell weiter zur Nato. Klarer als zu Beginn des Jahres zu befürchten war. Allerdings hat dieser Beistand einen Preis. Das Einlenken auf den Trump-Kurs wirkt von außen oftmals wie ein Einknicken vor Washington.
Doch die Strategie von Mark Rutte wird von den meisten Alliierten als einzig mögliche gesehen. "Die Rolle von Mark Rutte ist ganz klar: Er muss die Nato am Laufen halten. Er muss Kompromisse finden. Er muss alle an einen Tisch bringen. Wir müssen eine gemeinsame Sprache finden. Und der Name dieser gemeinsamen Sprache ist im Moment: Mark Rutte", so der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur gegenüber dem ZDF.
In zwei Wochen wird sich zeigen, ob diese gemeinsame Sprache ausreichend beherrscht wird, um auch den Nato-Gipfel in Einigkeit über die Bühne zu bringen. Die Zahl Fünf könnte dabei helfen.
Isabelle Schaefers ist Nato-Korrespondentin im ZDF-Studio Brüssel.

Bedrohung durch Russland
:Nato beschließt großes Aufrüstungsprogramm

Seit Monaten wird über die unzureichende Verteidigungsfähigkeit Deutschlands und Europas diskutiert. Die Nato hat jetzt ein umfassendes Programm zur Aufrüstung beschlossen.
Nato-Verteidigungsministertreffen in Brüssel
mit Video

Weitere Nachrichten zur Nato