Analyse
Verstärkung für Ziele der Nato:Pistorius will mehr Soldaten für Deutschland
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Dass die Bundeswehr stärker werden muss, darin sind sich Experten, Truppe und Verteidigungsminister einig. Mit Blick auf die Nato fordert Pistorius nun 60.000 weitere Soldaten.
Die Bundeswehr muss um bis zu 60.000 Soldaten wachsen, um die neuen Ziele der Nato für eine bessere Verteidigungsfähigkeit zu erreichen. Das sagte Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in Brüssel vor einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister.
Wir gehen davon aus - das ist aber auch nur eine Daumengröße, um es klar zu sagen - dass wir rund 50.000 bis 60.000 Soldatinnen und Soldaten in den stehenden Streitkräften mehr brauchen als heute.
Boris Pistorius, Verteidigungsminister
Und gleichzeitig wird sich die Frage natürlich stellen: Reicht der neue Wehrdienst aus über die nächsten Jahre?", sagte Pistorius.
Der neue Wehrbeauftragte des Bundestages, Henning Otte (CDU), sieht laut "Tagesspiegel", die "massiv" steigenden Anforderungen der Nato ohne einen teilweise verpflichtenden Wehrdienst und eine attraktivere Bundeswehr kaum zu erfüllen.
Im Sender Phoenix ergänzte Otte: "Wenn die Notwendigkeit besteht, von Freiwilligkeit auf verpflichtend zu schalten, zum Schutz der Truppe, dann werde ich dies auch einfordern".
Streitkräfte brauchen dringend mehr Personal
In der Bundeswehr war die Zahl der Soldaten im vergangenen Jahr trotz mehr Einstellungen erneut leicht gesunken, während der Altersdurchschnitt stieg. Zum Jahresende 2024 habe es rund 181.150 Soldatinnen und Soldaten gegeben, hatte das Verteidigungsministerium erklärt. Ein Jahr zuvor, am Stichtag 31. Dezember 2023, waren es noch rund 181.500 Männer und Frauen in Uniform gewesen.
Pistorius nennt für den Wehrdienst rund 460.000 Soldatinnen und Soldaten: Konkret 203.000 Männer und Frauen der stehende Streitkräfte, die 60.000 vorhandenen Reservisten sowie 200.000 zusätzliche Reservisten, die nun nötig seien. Militärplaner gehen davon aus, dass die Obergrenze von 460.000 erhalten bleiben wird, aber deutlich mehr aktive Soldaten und womöglich weniger Reservisten eingeplant werden.
Deutschland hatte sich in den 2+4-Verträgen von 1991 verpflichtet, die Zahl seiner Soldaten auf 370.000 Mann zu beschränken. Laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages ist der Begriff der Personalstärke nicht genau definiert. Die Formulierung lege nahe, "dass es sich dabei nur um die aktive, ständig verfügbare Truppenstärke handelt, also um regulär im Dienst befindliche Soldaten (Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, Grundwehrdienstleistende)". (Quelle: dpa)
Deutschland hatte sich in den 2+4-Verträgen von 1991 verpflichtet, die Zahl seiner Soldaten auf 370.000 Mann zu beschränken. Laut Wissenschaftlichem Dienst des Bundestages ist der Begriff der Personalstärke nicht genau definiert. Die Formulierung lege nahe, "dass es sich dabei nur um die aktive, ständig verfügbare Truppenstärke handelt, also um regulär im Dienst befindliche Soldaten (Berufssoldaten, Soldaten auf Zeit, Grundwehrdienstleistende)". (Quelle: dpa)
Erklärtes Ziel waren zuletzt aber 203.000 aktive Soldaten in den Streitkräften gewesen. Verteidigungsminister Pistorius hat bereits sein Modell für einen neuen Wehrdienst vorgelegt.
Um die Verteidigungsfähigkeit zu stärken, hat unterdessen in der Ostsee das zweiwöchige Nato-Marine-Manöver Baltops begonnen. Die ersten Schiffe der 17 an der Übung beteiligten Nato-Länder liefen am Vormittag vom Marine-Stützpunkt Rostock-Warnemünde aus, darunter die deutsche Korvette "Magdeburg" und der französische Minensucher "Vulcain". Bis 20. Juni wollen die Einheiten unter anderem die Abwehr von U-Booten, den Einsatz unbemannter Systeme, Minenräumen, Kampfmittelbeseitigung und Luftverteidigung auf See im Verbund üben.
An dem seit über 50 Jahren durchgeführten Nato-Großmanöver nehmen 50 Boote und Schiffe, etwa 9.000 Soldatinnen und Soldaten und auch mehr als 25 Luftfahrzeuge teil. Die Ostsee gilt auch angesichts des andauernden russischen Angriffskrieges auf die Ukraine als strategisch wichtiges Meer.
Nato will militärisch aufrüsten
Die Nato will ihre militärischen Fähigkeiten zur Abschreckung und Verteidigung angesichts der anhaltenden Bedrohung durch Russland extrem ausbauen. Generalsekretär Mark Rutte hatte am Vortag in Brüssel gesagt:
Wir benötigen mehr Ressourcen, Truppen und Fähigkeiten, um auf jede Bedrohung vorbereitet zu sein und unsere kollektiven Verteidigungspläne vollständig umzusetzen.
Marc Rutte, Nato-Generalsekretär
Oberste Priorität hätten die Luft- und Raketenabwehr, weitreichende Waffensysteme, Logistik und große Verbände von Landstreitkräften.
Fünf-Prozent-Ziel für Wehretat
Hinsichtlich der Finanzierung der Verteidigung gibt es aus Deutschland Signale für eine Erhöhung des Beitrags: Fünf-Prozent vom Bruttoinlandsprodukt - wie es auch US-Präsident Donald Trump fordert. Dabei sieht die Bundesregierung 3,5 Prozent für Rüstung und 1,5 Prozent für Infrastruktur vor.
US-Verteidigungsminister Pete Hegseth geht von einer Einigung der Nato-Mitgliedsländer auf eine Erhöhung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung aus. Dies werde so kommen, sagt Hegseth vor einem Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel. "Es geht um eine Verpflichtung zu fünf Prozent Verteidigungsausgaben in diesem Bündnis", erklärt er.
Dies müsse bis zum Nato-Gipfel in Den Haag Ende des Monats erreicht werden. Kampfbereitschaft sei eine Grundvoraussetzung für ein funktionierendes Bündnis, fügt Hegseth hinzu. Der Nato-Gipfel findet vom 24. bis 26. Juni statt.
Quelle: dpa, AFP, Reuters, Sch
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