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Sabotage, Spione, Desinformation:Russlands hybride Angriffe auf Deutschland
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Russland führt hybride Angriffe auf Deutschland aus. Dabei bedient sich der Kreml an Spionen, Sabotage, Drohnen zur Ausspähung, Desinformation und übt mutmaßlich Anschläge aus.
Hunderte Autos wurden im Spätwinter beschädigt, als Bauschaum in den Auspuff gesprüht wurde. Russland wird als Strippenzieher verdächtigt.
Quelle: Südwest Presse / Oliver Heider
Ein brennendes Paket, Cyberattacken, Drohnenflüge über Kasernen: Inzwischen vergeht kaum eine Woche, ohne dass eine mutmaßliche russische Ausspähoperation oder ein Sabotageakt auffällt. Der Werkzeugkasten der russischen Geheimdienste sei aktuell gut gefüllt, heißt es vom Verfassungsschutz.
Hybride Angriffe auf uns in Deutschland sind Realität, jeden Tag.
Carsten Breuer, Generalinspekteur der Bundeswehr
Das erklärte der Generalinspekteur der Bundeswehr, General Carsten Breuer, vor einigen Wochen bei einer Veranstaltung Managern und Sicherheitsbeauftragten deutscher Unternehmen. Die russische Führung sehe Krieg als einen "permanent vorhandenen Zustand, der sich beliebig eskalieren lässt".
Aktuell bleibe sie damit noch unterhalb des Artikel 5 des Nato-Vertrages - also unterhalb der Schwelle, bei der die Bündnispartner der Allianz einander Beistand leisten müssten.
Da die Wachsamkeit der Sicherheitsbehörden in Europa mit Bezug auf russische Geheimdienstoperationen seit Februar 2022 deutlich gestiegen ist, setzt Russland zunehmend auf sogenannte Menschen ohne nachrichtendienstliche Erfahrung, die kurzfristig angeheuert werden. Auch sie können, wenn sie unerkannt bleiben, Schaden anrichten.
Russlands hybride Angriffe: Sabotage und Anschlagspläne
Mehrfach waren in den vergangenen Monaten Schiffe der Marine Ziel von mutmaßlichen Sabotageaktionen: Mal waren es durchtrennte Kabelbäume, mal Metallspäne in einem Antrieb, dann Öleintrag im Trinkwassersystem. Zugänge zu Werften, Munitionsdepots und Arsenale müssen kurzfristig robust geschützt und überwacht werden.
Im Juli 2024 gerät im DHL-Logistikzentrum Leipzig ein Paket in Brand. Nach Angaben der früheren Präsidenten des Bundesamts für Verfassungschutz, Thomas Haldenwang, schrammt Deutschland an diesem Tag nur knapp an einem Flugzeugabsturz vorbei.
Es sei einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass das Paket mit dem Brandsatz, das noch am Boden in einem Frachtcontainer lag, nicht während des Fluges in Brand geraten sei, womöglich über bewohntem Gebiet.
Spione in Deutschland
Im Juni 2024 ließ die Bundesanwaltschaft in Frankfurt am Main drei mutmaßliche Spione festnehmen: einen Russen, einen Ukrainer und einen Armenier. Sie sollen Informationen zu einem ehemaligen Offizier der ukrainischen Armee gesammelt haben.
Es sei naheliegend, dass der Auftraggeber ein russischer Geheimdienst war, hieß es damals. Der Betroffene ließ sich zum Schein auf ein Treffen ein und alarmierte die Polizei. Im Auto der Männer fanden die Ermittler einen GPS-Sender, der mutmaßlich am Auto der Zielperson befestigt werden sollte.
Das passt zu Ausspähungen und Störaktionen, die Nachrichtendienste als "Gefechtsfeldvorbereitung" einzustufen: eine wachsende Zahl von Drohnen, die über Militärgeländen und Industrieanlagen auftauchen und teils unempfindlich gegen elektronische Abfangmittel sind. Die Annahme: Die Flugkörper sollen Daten sammeln und die deutsche Abwehrreaktion antesten.
Gesellschaftliche Spaltung vorantreiben
Zwei Tage vor der vorgezogenen Bundestagswahl wies das Innenministerium auf zwei mutmaßlich aus Russland gesteuerte Fake-Videos hin, die vermeintliche Manipulationen bei Stimmzetteln für die Bundestagswahl zulasten der AfD zeigten.
Die Polizei geht dem Verdacht nach, dass eine Serie von Sabotageakten gegen Autos in mehreren Bundesländern von Moskau aus gesteuert wurde. Nach ersten Ermittlungen sei davon auszugehen, dass die Saboteure für ihre Taten Geld von einem russischen Auftraggeber erhalten hätten, hieß es aus Sicherheitskreisen. Bei den Fahrzeugen war jeweils das Auspuffrohr mit Bauschaum verstopft worden. Am Tatort lagen teils Papierschnipsel mit Slogans, die auf die Grünen hinweisen sollten - womöglich ein Versuch, die Tat als Aktion radikaler Klimaaktivisten darzustellen und somit die gesellschaftliche Spaltung zu befeuern.
Marine: Russische Fischer sahen sich U-Boote an
Noch im Mai 2024 bescheinigte der Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Jan Christian Kaack, der russischen Marine bei Begegnung auf See absolutes Normverhalten, bei dem eingespielte Verfahren beachtet würden. Das hat sich in Richtung Konfrontation geändert. Es gebe ein zunehmend aggressives Verhalten der Russen und "die Gefahr einer Eskalation". Kaack sagte vor einigen Tagen in Berlin nach einem Vorfall: "Wir können es nicht zulassen, dass zwei russische Fischer in den Hafen von Eckernförde einlaufen und sich die U-Boote angucken."
Quelle: dpa
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