Experte zu Waffen für Ukraine:Lange: Reichweitenbeschränkung nie notwendig
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Sicherheitsexperte Nico Lange begrüßt Merz' Ansage, dass es keine Reichweitenbeschränkung mehr für Waffen an Kiew gebe. Nun müssten Systeme wie der Taurus geliefert werden.
Dass die Reichweite von deutschen Waffen in der Ukraine nicht mehr begrenzt ist, sei "gut und richtig", sagt Militärexperte Nico Lange und spricht sich für Taurus-Lieferungen aus.28.05.2025 | 4:08 min
Bereits als Oppositionsführer hatte Friedrich Merz (CDU) darauf gepocht, die Ukraine in Sachen Waffenreichweite nicht zu beschränken. Als Bundeskanzler hält er daran fest. Am Montag sagte er:
Es gibt keinerlei Reichweitenbeschränkungen mehr für Waffen, die an die Ukraine geliefert worden sind - weder von den Briten noch von den Franzosen noch von uns.
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Friedrich Merz, Bundeskanzler
Bei seinem Besuch in Finnland am Dienstag bekräftigte Merz seine Haltung, die von Politikern und Beobachtern als Abkehr von den roten Linien seines Vorgängers gesehen wird.
Vizekanzler Lars Klingbeil (SPD) will von einem Kurswechsel nichts wissen und widersprach dem Eindruck, dass sich die deutsche Ukraine-Politik grundlegend geändert habe.
Mit seinem Statement über mehr Reichweite für Waffen in der Ukraine hat Merz eine Debatte losgetreten. Über weitere Waffenlieferungen will die Regierung nicht öffentlich sprechen.28.05.2025 | 2:11 min
Sicherheitsexperte begrüßt Aufhebung der Reichweitenbeschränkung
Anders sieht das offenbar Nico Lange: Merz habe dokumentiert, dass Deutschland nun genauso handle wie andere wichtige Verbündete der Ukraine, sagte der Sicherheitsexperte im ZDF. Er begrüßte die Haltung des Kanzlers. Die Entscheidung sei "gut und richtig", "militärisch sinnvoll" - und rechtlich gedeckt.
Es war nie notwendig, eine zusätzliche Beschränkung zu haben zusätzlich zu den Auflagen des Völkerrechts.
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Nico Lange, Sicherheitsexperte
Quelle: Tobias Koch
... ist Senior Fellow bei der Münchner Sicherheitskonferenz. Von 2004 bis 2006 forschte und lehrte er in St. Petersburg - später leitete er die Auslandsbüros der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung in der Ukraine und in den USA. Von 2019 bis 2022 war er Leiter des Leitungsstabes im Bundesministerium der Verteidigung.
Die bisherige Sorge, dass Deutschland durch solch eine Entscheidung selbst zur Kriegspartei im Ukraine-Krieg werde, sei unbegründet. "Es ist völkerrechtlich vollkommen klar, dass man durch die Lieferung von Waffen nicht zur Kriegspartei wird - egal, welche Waffen das sind."
Ebenso lasse das Völkerrecht Angriffe auf militärische Ziele auf dem Territorium des Aggressors zu. "Daran bestand nie ein Zweifel." Deutschland habe sich damit zu Unrecht schwergetan. "Gut, dass Deutschland jetzt dokumentiert, dass es auch so steht wie andere", so Lange.
Man sei dafür, dass "die Ukraine mit beispielsweise dem Taurus" die Möglichkeit habe, "sich weitreichend zu verteidigen", so Felix Banaszak, Parteivorsitzender Bündnis 90/Die Grünen.28.05.2025 | 6:30 min
Lange für Lieferung von Waffen mit großer Reichweite
Wirkung werde die Entscheidung allerdings nur haben, wenn Deutschland auch tatsächlich Waffen mit höherer Reichweite liefere: "Sonst bleibt es ja Theorie."
Eine Lieferung des Marschflugkörpers Taurus, unter Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vehement ausgeschlossen, sei vor dem Hintergrund der jüngsten Luftangriffe auf Kiew nun eine "militärische Notwendigkeit".
Allein mit Luftverteidigung lasse sich diese Art von Angriffen nicht abwehren. Man könne aber mit Abstandswaffen wie dem Taurus die Flugplätze bedrohen, von denen die russischen Bomber starten, so Lange. Dann müsse Russland die Bomber weiter zurückziehen.
Taurus wäre eine Unterstützung bei der ukrainischen Luftverteidigung.
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Nico Lange, Sicherheitsexperte
"Die militärische Notwendigkeit ist weiterhin da." Man führe in Deutschland eine irrationale Diskussion zu dem Thema.
"Die Ukraine muss sich auch weiterhin auf Krieg einstellen und da ist die große Erwartung an Deutschland, dass weiterhin starke militärische Hilfe geleistet wird", so ZDF-Reporter Timm Kröger.28.05.2025 | 3:22 min
Kritik aus dem Kreml: "Werden immer drohen"
Die Kritik des Kremls am sich abzeichnenden deutschen Kurswechsel hält Lange für haltlos. Der Kreml würde sicherlich auch in einer "Lieferung von 5.000 Helmen eine Bedrohung sehen". Man könne sich jetzt nicht von einem Akteur abhängig machen, der unsere eigene Sicherheit zerstören wolle.
Die werden immer alles schrecklich finden und die werden immer drohen.
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Nico Lange, Sicherheitsexperte
Demnach müsse man die russische Kritik aushalten können. Sicherheitspolitisch sei klar, dass man "den Russen mit Stärke begegnen muss, damit man einem Frieden näherkommt".
Das Interview führte Nazan Gökdemir, zusammengefasst hat es Christian Harz.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.