Ukraine-Krieg: Russlands Vorteil durch Chinas Unterstützung
Analyse
Drohnen per Glasfaser gesteuert:Russlands Vorteil durch Chinas Unterstützung
von Christian Mölling und András Rácz
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Der Krieg der Drohnen hat eine Schwachstelle: Elektronische Störungen. Abhilfe schaffen Verbindungen via Glasfaser. Und da hat Russland dank Chinas Hilfe einen klaren Vorteil.
Die so genannten FPV-Drohnen werden via Glasfaser gesteuert und so weniger anfällig für elektronische Störungen.
Quelle: epa
Drohnen sind im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine medial allgegenwärtig. Gleichzeitig beschreibt der Begriff eine ganze Reihe sehr unterschiedlicher Flugsysteme, zum Beispiel mit verschiedenen Aufgaben und Reichweiten.
Die nun immer wichtiger werdenden Drohnen mit Glasfaserverbindung sind lange bekannt als First-Person-View-Systeme (FPV), vor allem direkt auf dem Gefechtsfeld anzutreffen, mit der Aufgabe, als Munition zu wirken oder kleine Verbände aufzuklären. Sie haben keine Beziehung zu den größeren Drohnen, wie die Geran-Drohnen, mit denen Russland ukrainische Städte angreift.
Drohnen und ihre Schwächen
Die größte Schwachstelle aller Drohnen ist ihre Anfälligkeit für elektronische Störungen, die gemeinhin als elektronischer Kampf oder Jamming bezeichnet werden. Sobald die Funkverbindung mit dem Drohnenpiloten unterbrochen wird, kann die Maschine nicht mehr gesteuert werden. Sie fliegt entweder weiter, bis ihr die Energie ausgeht, oder, wenn sie so programmiert ist, landet sie oder zerstört sich selbst.
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In jedem Fall ist sie verloren. Zu Beginn des Krieges war es sogar oft möglich, dass die andere Seite die Kontrolle über die Drohne elektronisch übernahm, wenn sie das Signal reproduzieren konnte, mit dem die Drohne gesteuert wurde.
Rüstungswettlauf im Kleinen
In den dreieinhalb Jahren des Krieges gab es einen ständigen Wettbewerb zwischen Drohnenbetreibern und Jamming-Einheiten, die immer neuere Sender, Antennen, Frequenzumwandler entwickelten, aber die grundlegende Anfälligkeit für elektronische Störungen blieb bestehen.
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Über Glasfaserkabel gesteuerte Drohnen tauchten erstmals in der ersten Hälfte des Jahres 2024 auf dem Schlachtfeld auf. Die Idee, dass das Signal über einen Draht übertragen wird, ist keineswegs neu.
Mehrere gelenkte Panzerabwehrraketen verfügen über dasselbe System, etwa die US-amerikanische TOW (die Abkürzung bedeutet: "tube-launched, optically tracked, wire-guided") oder die russische 9M14 Malyutka. Die Rakete ist mit einer Drahtrolle versehen, die sich während des Fluges abrollt und eine unbeeinflussbare Kontrolle über die Rakete ermöglicht.
Quelle: DGAP
... ist Senior Advisor beim European Policy Centre. Er forscht und publiziert seit über 20 Jahren zu den Themenkomplexen Sicherheit und Verteidigung, Rüstung und Technologie, Stabilisierung und Krisenmanagement. Für ZDFheute analysiert er regelmäßig die militärischen Entwicklungen im Ukraine-Konflikt.
Quelle: DGAP
... ist Associate Fellow im Programm Sicherheit und Verteidigung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) in Berlin. Er forscht und publiziert zu Streitkräften in Osteuropa und Russland und hybrider Kriegsführung.
Glasfaser als Immunisierung gegen elektronischen Kampf
Dieselbe Logik wird nun auch auf Drohnen angewandt. Die Herausforderung besteht darin, dass insbesondere FPV-Drohnen viel leichter sind und über weniger Antriebsenergie verfügen als Panzerabwehrraketen, so dass anstelle des herkömmlichen, leichten Drahtes etwas noch Leichteres verwendet werden musste.
Die Lösung ist Glasfaserkabel: Sogar mehrere Kilometer davon sind so klein und leicht, dass auch die leichteren FPV-Drohnen sie tragen können. Normalerweise wird die Glasfaserrolle an der Unterseite der Drohne angebracht, so dass der Draht die Propellerblätter nicht berührt.
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Da das Leitsignal physisch über das Glasfaserkabel übertragen wird, sind diese Drohnen praktisch unverwundbar gegen jede Art von elektronischem Angriff. Dies erhöht ihre Effektivität und die Gefahr, die sie für den Feind darstellen, beträchtlich.
Bleibende Probleme bei den Drohnen
Natürlich gibt es auch gewisse taktische Hindernisse. Aufgrund des Kabels, das von der Drohne ausgeht, müssen beim Fliegen dieser Maschinen früher unbedeutende physische Hindernisse berücksichtigt werden, wie zum Beispiel Fenster, dichte Vegetation, Stromleitungen usw. Die Piloten haben sich jedoch schnell darauf eingestellt, und jetzt setzen beide Seiten Glasfaserdrohnen in großer Zahl ein.
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Russlands Vorteil
Derzeit hat Russland in diesem Bereich einen beträchtlichen Vorteil, da China es mit viel mehr - und fortschrittlicheren - Glasfaserkabeln und -rollen beliefert als die Ukraine. Dank der chinesischen Unterstützung können russische Glasfaserdrohnen 25 bis 30 (!) Kilometer weit fliegen, während die ähnlichen Systeme der Ukraine derzeit nur etwa 15 bis 20 Kilometer weit fliegen können.
Je nach Entwicklung könnte die Ukraine in der Lage sein, die technologische Lücke zu schließen - in Bezug auf den schieren Umfang der Produktion wird Russland jedoch weiterhin die Oberhand behalten, wenn Chinas Unterstützung bleibt.
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Langfristige Risiken für die Umwelt
Auf lange Sicht werden die Glasfaserkabel, die nach jedem Drohnenflug am Boden verbleiben, eine große Herausforderung für die Umwelt darstellen. Es ist noch unklar, wie es möglich sein wird, Tausende von Kilometern an Glasfaserkabeln von ehemaligen Schlachtfeldern zu räumen, die von diesen Drohnen überflutet wurden.
Es gibt erschütternde Bilder aus der Ostukraine, wo ganze Wälder von diesen dünnen, silbrigen Leitungen bedeckt sind, die auf den Baumkronen und auch auf offenem Feld liegen, als wären sie eine Art Spinnennetz, was sie nicht sind. Diese Befürchtungen werden jedoch, wenn überhaupt, erst nach Beendigung des Krieges ausgeräumt werden können.
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