Finnland bleibt als Nachbarland Russlands in Habachtstellung

Sicherheitsstrategie im Norden Europas:Finnland: Russlands wachsamer Nachbar

Katia Rathsfeld

von Katia Rathsfeld

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Finnland teilt über 1.300 Kilometer Grenze mit Russland. Anders als viele EU-Staaten hat es den Bevölkerungsschutz nach dem Kalten Krieg nicht abgebaut - das zahlt sich nun aus.

Wehrhaftes Finnland

Finnland, mit seiner langen Grenze zu Russland, setzt auf eine konsequente Sicherheitsstrategie: eine starke Landesverteidigung, breite gesellschaftliche Resilienz und internationale Kooperation.

11.11.2025 | 2:31 min

Die Bedrohung durch den Nachbarn Russland ist in Finnland zurzeit omnipräsent. Aber schon immer waren sich die Finnen bewusst, dass es eine plötzliche Bedrohung ihrer Sicherheit geben könnte. Das Land blieb in Habachtstellung - auch im tiefsten Frieden in Europa. Das bestätigt auch Finnlands Außenministerin Elina Valtonen im ZDF Morgenmagazin:

Wir konnten uns das tatsächlich nie leisten, dass wir in einem Glauben verfallen, dass Russland für immer eine friedliche Nation wäre.

Elina Valtonen, Finnlands Außenministerin

Finnland: "Russland versteht nur Stärke"

Die politische Vorsicht gegenüber Russland hätte man nie verloren, erklärt die finnische Außenministerin Elina Valtonen: "Wir können es uns nicht leisten, einfach nur hinzuschauen und nichts zu tun."

11.11.2025 | 6:42 min

Historische Spannungen und lange Grenze zu Russland

Finnland ist mit Spannungen zu Russland also seit jeher vertraut. Ein wesentlicher Teil der nationalen Identität des Landes entstand im Ringen mit dem östlichen Nachbarn. Etwa, als Finnland 1917 seine Unabhängigkeit vom Russischen Reich erlangte und kurz darauf im sogenannten Winterkrieg zu Beginn des Zweiten Weltkriegs mit einer kleinen, schlecht ausgerüsteten Armee einer deutlich überlegenen sowjetischen Streitmacht standhielt.

Auch heute sorgt das Expansionsstreben Moskaus seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine wieder für Unruhe in der finnischen Bevölkerung. Das Land teilt eine rund 1.340 Kilometer lange Grenze mit Russland und trat im vergangenen Jahr, auch aus Sorge vor dem großen Nachbarn, als 31. Mitglied der Nato bei.

Kurz darauf folgte Schweden dem Bündnis. Im November kündigten beide Länder an, ihre Strategien für den Zivilschutz weiter auszubauen.

Soldaten im Wald

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Außenministerin Valtonen sagt dazu im ZDF:

Wir investieren schon immer sehr stark in unsere eigene Abwehr. Wir haben die allgemeine Wehrpflicht nie abgegeben. Und wir nehmen alles sehr ernst, was an hybrider Bedrohung oder Kriegsführung auch von russischer Seite kommen kann.

Elina Valtonen, Finnlands Außenministerin

Im Privatleben setzen die Menschen in Finnland deshalb verstärkt auf Selbstverteidigung. Zudem hat Finnland anders als einige europäische Länder rund 50.000 Zivilschutzbunker aus der Ära des Kalten Krieges behalten. Im Ernstfall könnten sie fast 85 Prozent der Bevölkerung von rund 5,5 Millionen Menschen beherbergen.

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Außenministerin Valtonen: Finnland setzt auf Stärke gegenüber Russland

Auch die finnisch-deutsche Politikwissenschaftlerin Sarah Kirchberger vom Institut für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel berichtet von dieser Haltung in der finnischen Bevölkerung: Nach dem Beginn des Ukraine-Krieges hätten ihre Verwandten alte Militärpässe herausgekramt und sich "im Grunde schon mental auf die Situation bereit" gemacht, dass sie möglicherweise einen Einberufungsbescheid bekommen könnten, sagte sie im ZDF.

Dennoch seien die Finnen nicht panisch, "überhaupt nicht", sagt Valtonen. Angesprochen auf die richtige Strategie im Umgang mit Russland betont die Außenministerin, dass man, wenn man seine "Hausaufgaben gemacht hat", nicht ängstlich sein dürfe.

Ich würde das so beschreiben, dass Russland am Ende nur Stärke versteht.

Elina Valtonen, Finnlands Außenministerin

Finnische Reservisten bei einer Militärübung.

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Aufruf zu mehr Ukraine-Hilfe

Und das ist vielleicht das finnische Rezept, dass wir schon immer darauf setzen, dass wir im Falle des Falles dann auch bereit wären, uns zu verteidigen", betont Valtonen im Interview, das sie auf Deutsch führte, weil sie einige Jahre in Deutschland lebte.

Unsere Freiheit, die Unabhängigkeit, die ist uns einfach nur so teuer, dass wir die nicht einfach so aufgeben möchten.

Elina Valtonen, Finnlands Außenministerin

Auch deshalb spürten die Finnen große Sympathie für die Ukrainer - das Volk verdiene die Freiheit so "wie alle anderen hier im Westen". Deshalb brauche die Ukraine jetzt ganz dringend Luftverteidigung, militärische Güter und vor allem politische Unterstützung.

Wir können uns das einfach nicht leisten, einfach nur hinzuschauen und nichts zu tun.

Elina Valtonen, Finnlands Außenministerin

Mit Material von AP

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