China-Provokation im EU-Parlament:Taiwans Vizepräsidentin geht auf Konfrontationskurs
von Tobias Bluhm, Brüssel
Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim hält als erstes taiwanesisches Regierungsmitglied eine Rede im EU-Parlament. Für China dürfte das einem diplomatischen Frontalangriff gleichen.
Mit einer Rede in einem Raum des EU-Parlaments geht Taiwans Vizepräsidentin Hsiao Bi-khim auf Konfrontationskurs mit China. Sie appellierte an die Einhaltung internationaler Gesetze.
08.11.2025 | 0:45 minSchon oft bot Brüssel den Schauplatz für historische Momente. Und doch gibt es immer wieder Ereignisse, die die Europäische Union in ihrer fast 70-jährigen Geschichte noch nicht erlebt hat.
Für eine solche Premiere sorgte am Freitag Hsiao Bi-khim, die Vizepräsidentin Taiwans. Am Rande des Gipfeltreffens der "Interparlamentarischen Allianz zu China" (IPAC) war sie das erste Mitglied einer Regierung Taiwans, das eine Rede vor einem ausländischen Parlament ohne diplomatische Beziehungen zu ihrem Land hält.
Die "Interparliamentary Alliance on China" wurde 2020 als politisches Netzwerk gegründet, um den globalen Umgang mit China zu koordinieren und die internationale politische Zusammenarbeit zu fördern.
Die Mitglieder sind Abgeordnete verschiedener Länder und Fraktionen und setzen sich für die Wahrung von Menschenrechten, Demokratie und den internationalen Rechtsstaat ein und kritisieren in diesem Zusammenhang immer wieder die Politik der chinesischen Regierung.
Ist Taiwan der Schauplatz des nächsten blutigen Krieges? Ein Angriff Chinas könnte einen Konflikt der Supermächte auslösen. Wie groß ist die Gefahr einer chinesischen Invasion?
28.04.2023 | 43:17 minHsiao betont Werte, Wirtschaft und Widerstand
Auf dem Podium im EU-Parlament wies Hsiao auf Parallelen zwischen Europa und Taiwan hin. "Europa hat die Freiheit mit Waffen verteidigt, wir haben unter größtem Druck eine Demokratie begründet", so Hsiao über den Inselstaat, der seit mehreren Jahren von China bedroht wird.
Eine mutmaßliche Militärübung Chinas vor Taiwan hat international für Aufsehen gesorgt. Was das für das Treffen zwischen Trump und Xi bedeutet, erklärt Luisa Houben.
27.10.2025 | 1:04 minChina erkennt die Unabhängigkeit Taiwans nicht an. Immer wieder lässt Peking militärische Übungen in der Straße von Taiwan durchführen, einer wichtigen Handelsroute.
Taiwan ist nicht nur relevant, sondern unverzichtbar in den Bereichen Frieden, Wohlstand und Zukunft der Demokratie.
Hsiao Bi-khim, Vizepräsidentin Taiwans
"Sie testen unsere Widerstandsfähigkeit: Mit Angriffen auf unsere Infrastruktur und wirtschaftlich, mit Folgen für globale Lieferketten", sagt Hsiao. Schließlich stamme ein großer Teil der Computerchips aus Taiwan. "Deswegen ist die Straße von Taiwan nicht nur eine regionale Angelegenheit, sondern ein Eckpfeiler des weltweiten Wohlstands."
Im Dauerkonflikt mit China trainiert Taiwan den Ernstfall und bereitet sich in einer Militärübung mit scharfer Munition auf eine mögliche Blockade vor.
18.07.2025 | 1:31 minKeine offizielle EU-Veranstaltung - und doch ein Affront
Zwar sprach die Vizepräsidentin in Brüssel außerhalb einer Plenarwoche. Die private Veranstaltung gehörte also nicht zum offiziellen Programm der EU, die Taiwan nicht offiziell als Staat anerkennt.
Doch allein, dass ein Ausschuss-Raum des Europaparlaments die Kulisse für die Rede stellte und dass EU-Abgeordnete von Grünen bis Konservativen die Veranstaltung besuchten, kann als diplomatisches Signal an China gewertet werden. All das vor dem Hintergrund, dass Peking erst vor wenigen Tagen die angekündigten Exportkontrollen für Seltene Erden gegenüber der EU zurücknahm.
Wir können uns in Zeiten geopolitischer Spannungen nicht erlauben, Taiwan aus der Unterhaltung zu Frieden, Menschenwürde und Demokratie auszugrenzen.
Miriam Lexmann, slowakische EVP-Abgeordnete im EU-Parlament
Der Bundestagesabgeordnete Johannes Volkmann findet hingegen: "Wir sollten diese Rede nicht überbewerten. Unsere langjährige Auffassung bleibt, dass es keine einseitige Veränderung am Status quo im Rahmen der Ein-China-Politik geben sollte", erklärt der CDU-Politiker die deutsche Position gegenüber ZDFheute. "Vor allem nicht mit Gewalt. Gespräche mit allen Seiten sind daher sinnvoll, umso mehr in einem informellen Rahmen."
Taiwan ist Vorzeige-Demokratie und Wirtschaftsmacht. Die Sorge steigt, dass die Insel zum Kriegsschauplatz werden könnte. Ein Konflikt, der vor etwa hundert Jahren begann.
22.09.2024 | 30:33 minChina sieht Vertrauen zur EU untergraben
Den Auftritt von Hsiao Bi-khim dürfte die Regierung in Peking als Affront und Einmischung in innere Angelegenheiten werten, erklärt ZDF-Korrespondentin Luisa Houben in Peking: "Die Taiwan-Frage ist eine rote Linie in der chinesischen Politik." Die chinesische Regierung agiere nach dem "Ein-China-Prinzip", wonach es nur einen souveränen Staat gibt, zu dem Taiwan gehöre. Diese Position verlange Peking auch von der EU.
Die chinesische Botschaft für die EU reagierte auf die Rede am Freitag bereits verärgert. Ein Sprecher teilte mit, das "gegenseitige Vertrauen zwischen China und Europa" sei untergraben worden.
China bedroht seit Jahrzehnten das kleine, aber hochmoderne und wirtschaftlich starke Taiwan. China betrachtet Taiwan als Teil des eigenen Landes. Wie groß ist die Gefahr einer militärischen Eskalation? Mit welchen Folgen für uns alle?
08.04.2025 | 13:58 minAfrikanische Delegationen fehlen wegen Reiseverboten
Während Hsiao vor den IPAC-Mitgliedern um Unterstützung gegen die Drohgebärden Chinas bat, brachten viele Teilnehmer ihre eigenen Sorgen über den zunehmenden militärischen, wirtschaftlichen und politischen Einfluss Chinas zum Ausdruck. Welche Folgen dieser hat, zeigte sich auch im Raum selbst: Aus Kenia, Simbabwe und Uganda fehlten eingeladene Abgeordnete, nachdem die dortigen Regierungen Reiseverbote gegen Politiker verhängt hatten.
Mit dem Auftritt Hsiaos in Brüssel hat Taiwan ein deutliches Zeichen gesetzt. Er zeigt: Die EU ist längst nicht mehr nur Beobachterin im asiatisch-pazifischen Machtspiel. In Peking hat man das aufmerksam registriert.
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