Neuer EU-Vorschlag:Was ein Kippen des Verbrenner-Aus' bedeutet
von Richard Luttke
Die EU-Kommission stellt das geplante Verbrenner-Aus ab 2035 infrage. Was hinter dem Vorstoß steckt und welche Folgen das für die Autoindustrie haben könnte - ein Überblick.
Ursprünglich wollte die EU ab 2035 Verbrenner komplett verbieten. Stattdessen überlegt man nun, zehn Prozent der Flotte eines Autoherstellers auch als Verbrenner oder Hybrid zuzulassen.
12.12.2025 | 1:57 minBundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat den geplanten Kurswechsel der EU-Kommission beim Verbrenner-Aus bereits begrüßt. Was genau die Kommission am kommenden Dienstag vorstellen wird, ist noch nicht offiziell bestätigt. Im Kern geht es wohl um eine Abschwächung der CO2-Vorgaben für Neuwagen. Die wichtigsten Fragen im Überblick.
Was genau soll geändert werden?
Bisher hatten sich Vertreter der EU-Staaten und des Europaparlaments 2022 eigentlich darauf geeinigt, dass Neuwagen in der EU ab 2035 im Betrieb kein klimaschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) mehr ausstoßen dürfen. Diese Regelung soll nun aufgeweicht werden.
Den möglichen Kurswechsel zum Verbrenner-Aus begrüßt auch Bundeskanzler Merz. Das Ziel des Klimaschutzes werde nicht infrage gestellt.
12.12.2025 | 1:34 minKonkret sei laut dem Vorsitzenden der konservativen EVP-Fraktion, Manfred Weber, nun geplant, "bis 2035 90 Prozent der Emissionen von Neufahrzeugen" zu reduzieren. Hintergrund sind die sogenannten Flottengrenzwerte, die eigentlich eine Reduktion des CO2-Ausstoßes von neu zugelassenen Autos bis 2035 um 100 Prozent im Vergleich zu 2021 vorsehen. Durch die abgesenkten Ziele könnten beispielsweise auch Plug-in-Hybride weiter zugelassen werden.
"Wir stehen ganz klar zum Klimaschutz", sagt EVP-Chef Weber zur geplanten Änderung am Verbrenner-Aus. Man müsse dafür sorgen, dass das Auto "kein ideologisches Kampfobjekt wird".
11.12.2025 | 4:09 minWarum hat die EU-Kommission jetzt ihre Meinung geändert?
Insbesondere den deutschen Autoherstellern ist das Verbrenner-Aus ein Dorn im Auge. So bezeichnete beispielsweise BMW-Chef Oliver Zipse die bisherige Regelung als "fahrlässig".
Dazu kam in den letzten Monaten der Druck aus der Politik - vor allem aus Deutschland, aber auch aus anderen EU-Ländern. So richtete sich im November Kanzler Merz an die EU-Kommission und forderte eine Anpassung der Regulierung.
In der EU wächst der Widerstand gegen das geplante Verbrenner-Aus ab 2035. Wie Autohersteller und Zulieferer reagieren, berichtet Florian Neuhann.
12.12.2025 | 1:43 minHintergrund ist die angespannte Situation der deutschen Autoindustrie und die damit verbundene Sorge vor massiven Jobverlusten bei Herstellern und in der Zulieferindustrie.
Ist die Entscheidung sinnvoll für die Autoindustrie?
Unter Wissenschaftlern löst ein mögliches Abschwächung der Vorgaben für die Autoindustrie oft Stirnrunzeln aus. Gegenüber dem Science Media Center haben mehrere Forscher ihre Einschätzungen zu einem Aufweichen der Flottengrenzwerte gegeben.
Der angekündigte Kurswechsel beim Verbrenner-Aus geht dem CSU-Chef Söder nicht weit genug. Das und weiteres, wie die Wahl der Parteispitze, wird beim Parteitag der CSU Thema sein.
12.12.2025 | 0:26 minProf. Dr. Patrick Plötz, Wissenschaftler am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe, hält eine Aufweichung des Null-Gramm Ziels für den falschen Weg. Der Absatz von Verbrennungsmotoren sinke, während der von Batteriefahrzeugen stark ansteige. Europa könnte "weiter technologisch an Anschluss verlieren", befürchtet er.
Achim Kampker von der RWTH Aachen sieht immerhin "kurzfristig positive wirtschaftliche Effekte" für die deutsche Autoindustrie. Dadurch könnte eine Aufweichung sinnvoll für die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit Europas sein. Gleichzeitig sieht er jedoch die Gefahr, dass es zu Verzögerungen bei Investitionen in Elektrofahrzeuge und Batteriewertschöpfung kommen könnte.
Auch Pläne zum Einsatz von synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, welche die Nutzung von Verbrennungsmotoren CO2-neutral machen soll, sind für Falko Ueckerdt vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung "nicht nur höchst unplausibel, sondern auch ökonomisch ineffizient". Es sei unrealistisch, dass diese in ausreichenden Mengen zur Verfügung stünden und preislich konkurrenzfähig sein werden.
Die EU-Kommission könnte von ihrem geplanten Verbot von Verbrenner-Autos ab 2035 abrücken. "Da prallen zwei Lager aufeinander", so ZDF-Korrespondent Andreas Stamm.
04.12.2025 | 3:09 minWann tritt der Vorschlag in Kraft?
Die Kommission hat angekündigt, ihre konkreten Vorschläge am Dienstag kommender Woche zu präsentieren - Änderungen sind aber noch möglich. Danach haben dann das Europaparlament und die EU-Staaten die Möglichkeit, das Vorhaben abzuschwächen oder zu verschärfen. Am Ende braucht es eine ausreichende Mehrheit in beiden Institutionen.
Richard Luttke ist Redakteur im ZDF-Team Wirtschaft & Finanzen.
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