Preise für Lebensmittel:Was 30.000 Kassenzettel pro Tag verraten
von Dietrich Duppel
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Der Einkauf im Supermarkt ist teurer geworden. Hersteller und Händler schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu. Welche Tipps 30.000 Kassenbons den Verbrauchern geben.
Die Preise für Lebensmittel sind in den vergangenen fünf Jahren in Deutschland um fast 40 Prozent gestiegen. Der Ukraine-Krieg und die damit einhergehenden Energie- und Lieferprobleme sind Preistreiber. Hinzu kamen Missernten, unter anderem bei Kaffee, Kakao, Orangen und Oliven. Und auch die Lohnerhöhungen schlagen zu Buche.
Doch all dies, so Anne Markwardt von der Verbraucherorganisation foodwatch, könne die Preissteigerungen allein nicht erklären. Denn im selben Zeitraum machten die internationalen Hersteller und die deutschen Supermärkte und Discounter gute Gewinne.
Lebensmittelmarkt in Deutschland in wenigen Händen
Die großen Anbieter dominieren das Geschäft.
Tomaso Duso, Chef der Monopolkommission
In so einem Oligopol hätten die Unternehmen durchaus die Möglichkeit, Preise zu steuern, ohne dass es immer echten Wettbewerb um Preisnachlässe gibt, erläutert Tomaso Duso, Chef der Monopolkommission.
Ob die Monopolisierung dazu führt, dass die Preise in den Märkten annähernd identisch sind, ist jedoch umstritten. Vielmehr betont Rewe-Chefeinkäufer Daniel Kniel: "Die Preise in Deutschland entstehen im Wettbewerb und dieser Wettbewerb ist in Deutschland sehr, sehr intensiv."
Besonders Landwirte leiden unter dem Preiskampf
Mit wöchentlichen Sonderangeboten bei Eckprodukten wie zum Beispiel Butter wollen die Märkte die Kunden in ihren Laden locken. Unter diesem Preiskampf leiden vor allem die Landwirte, deren Anteil an den Verkaufserlösen von über 50 Prozent in den 60er Jahren auf heute unter 22 Prozent gesunken ist. Auch kleinere Hersteller, wie etwa regionale Molkereien, haben gegenüber den großen Konzernen keine Marktmacht.
Sie können die Doku "Rewe, Edeka und Co. - Wer verdient an unseren Lebensmitteln?" am 15. Juli um 20:15 Uhr im ZDF sehen oder jederzeit im ZDF-Streamingportal.
Marktmacht von internationalen Konzernen umstritten
Ganz anders dagegen die großen internationalen Lebensmittelkonzerne wie Kellogg's, Mondelez oder Coca-Cola. Wenn der Handel ihre Preisforderungen nicht akzeptiert, kann es vorkommen, dass die Regale leer bleiben. Händler und Hersteller schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu.
"Die Handelsunternehmen sind nicht ein Robin Hood, der das, was er bei den Herstellern einsammelt, an die einfachen Leute weiter verteilt", sagt Patrick Kammerer, Geschäftsführer des Markenverbandes.
Wenn im Handel die Verkaufspreise steigen, profitiert vor allem der Handel.
Patrick Kammerer, Geschäftsführer des Markenverbandes
Rewe-Chefeinkäufer Kniel widerspricht: "Die global agierenden Markenhersteller haben eine besondere Marktstellung und Marktmacht."
Strategie von Rewe und Edeka: Eigenmarken stärken
Gegen die Macht der Markenhersteller haben Rewe und Edeka eine Strategie entwickelt: Der Anteil der Eigenmarken in ihrem Sortiment wird immer größer und differenzierter. So gibt es nicht nur die Basismarken "Ja" und "Gut & Günstig", sondern immer mehr Eigenmarken für regionale, hochwertige oder Bio-Produkte.
Doch auch diese Eigenmarken sind in den letzten Jahren deutlich im Preis gestiegen. Anne Markwardt von foodwatch kommentiert: "Man muss weder mit dem Lebensmittel-Einzelhandel noch mit den großen Konzernen Mitleid haben." Beide Seiten verhandelten offensichtlich hart miteinander. "Aber sie sind beide wahnsinnig mächtig."
Supermarkt oder Discounter: Was ist günstiger?
Sven Reuter hat eine Vergleichs-App für den täglichen Einkauf entwickelt. Sie analysiert jeden Tag etwa 30.000 Kassenbons aller Supermärkte und Discounter. Die Erkenntnisse von Reuter sind verblüffend: Im Prinzip kostet alles überall gleich viel. "Wenn ein Händler einen Preis verändert, nach unten oder nach oben, dann ist es in der Regel so, dass innerhalb von 48 Stunden fast alle Preise gleich gezogen sind."
Und noch eine Überraschung hat Reuter parat:
Oftmals ist der Einkauf bei den Supermärkten günstiger als bei den Discountern, weil die Supermärkte viel mehr Angebote haben.
Sven Reuter, hat Zehntausende Kassenbons analysiert
Verbraucherinnen und Verbrauchen können also eines beherzigen: Vergleichen und genau hinschauen beim Einkauf.
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