Schulstart: Warum teure Lernmittel ein Problem sind

Hohe Kosten zum Schulstart:Warum teure Lernmittel ein Problem sind

Mona Trebing
von Mona Trebing
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In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beginnt am Montag das neue Schuljahr. Viele Familien können sich nötiges Schulmaterial nicht leisten. Das kann zu Benachteiligung führen.

Niedersachsen, Oldenburg: Ein Grundschüler und eine Grundschülerin
Füller, Federmäppchen, Schulranzen, Tablet - die Kosten für Lernmaterial können schnell steigen. Das kann sich nicht jede Familie leisten.
Quelle: dpa

Für die beiden Schwestern Amy-Lee und Lee-Ann aus Eisenach in Thüringen geht am Montag die Schule wieder los. Sie kommen in die zweite und dritte Klasse. Das neue Schuljahr verursacht auf der einen Seite Vorfreude. Auf der anderen Seite hohe Kosten für ihre Mutter.
Eltern müssen zu Schulbeginn oft tief in die Tasche greifen. Schulranzen, Sporttasche oder Turnschuhe gehören zur Grundausstattung. Genau wie Stifte, Schreibhefte und Zeichenblöcke.
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Preise für Schulmaterial gestiegen

Die Inflation hat auch vor Schulmaterialien in den vergangenen Jahren nicht Halt gemacht. Zuletzt sind laut Statistischem Bundesamt besonders die Preise für Schul- und Lehrbücher gestiegen. Im Juni kosteten sie knapp vier Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Gerade für Familien mit vielen Kindern oder geringem Einkommen kann das Schuljahr zu einer echten Herausforderung werden.

Wir merken vor Schulbeginn, dass der finanzielle Druck bei den Familien größer wird.

Katharina Eckardt, Caritas Thüringen

Viele müssten sich entscheiden, ob sie in den Ferien einen Ausflug machen oder dieses Geld sparen, um ihren Kindern entsprechende Schulmaterialien zu kaufen, erklärt Katharina Eckardt, Fachdienstleisterin bei der Thüringer Caritas. Zum Schulstart verteilt die Caritas deshalb thüringenweit Sachspenden an Familien mit geringem Einkommen.
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Staatliche Unterstützung reicht oft nicht aus

Auch Lee-Ann und Amy-Lee dürfen sich so Stifte, Blöcke, Hefte sowie ein neues Federmäppchen aussuchen. "Das ist eine riesengroße Stütze für mich", erzählt Mutter Jenny Rechenbach, die insgesamt drei schulpflichtige Kinder hat.
Zwar erhält sie einen staatlichen Zuschuss aus dem Bildungs- und Teilhabepaket (BuT) des Bundes. 195 Euro stehen Familien, die beispielsweise Sozialhilfe, Bürger- oder Wohngeld beziehen, pro Jahr und Kind zu. Doch selbst mit dieser Unterstützung sei es knapp, so Rechenbach. Allein für die Arbeitshefte würden pro Kind mindestens 50 Euro anfallen.
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Lernmittelfreiheit in Deutschland nicht einheitlich

Eigentlich gilt in Deutschland der Grundsatz der Lernmittelfreiheit. So sollten Lernmittel, vor allem Schulbücher, an öffentlichen Schulen kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Doch Bildung ist Ländersache. Die Lernmittelfreiheit hat dadurch viele Gesichter. Wer wie viel für was zahlen muss, kann regional sehr unterschiedlich sein.
So kann beispielsweise in Sachsen die Lernmittelfreiheit auch für Taschenrechner gelten, Nordrhein-Westfalen schließt "Rechengeräte aller Art" von vornherein aus.
Dann gibt es Kostenobergrenzen: In Thüringen beispielsweise sollen Verbrauchsmaterialien wie Arbeitshefte 30 Euro in Grundschulen und 40 Euro in weiterführenden Schulen theoretisch nicht überschreiten. Woanders kann diese Grenze niedriger sein. Eine Überschreitung kommt in der Praxis schon mal vor.
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Teure Technik wird oft vorausgesetzt

Diese Unterschiede würden zu mehr Chancen- und Bildungsungleichheit führen, sagt Gerhard Brand, Bundesvorsitzender des Verband Bildung und Erziehung (VBE)

Wir haben da diesen föderalen Flickenteppich. Aber nicht nur innerhalb der Länder, sondern es geht hinunter bis in die Kommunen.

Gerhard Brand, Verband Bildung und Erziehung (VBE)

Dabei gehe es nicht nur um Stift, Papier oder Taschenrechner. Unterricht wird digitaler, auch für Hausaufgaben wird Technik immer häufiger vorausgesetzt. Wer kein Endgerät besitzt oder sich keins leisten kann, könne Nachteile beim Lernen haben. Einige Schulen stellen den Kindern Tablets zur Verfügung, aber längst nicht alle. Oft sind hier wieder die Eltern in der Pflicht.
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Staatliche Hilfen müssen langfristig sein

"Das sind hohe Kosten, weil wir eben nicht nur über die Anschaffung sprechen", so Brand. "Sondern auch über WLAN oder möglicherweise einen Drucker". Bildungsgerechtigkeit sei zwar ein schönes Wort, doch "ein Stück weit Romantik in der Realität", meint der Vorsitzende des VBE.
Auch Hilfsfonds von Kommunen oder Schul-Fördervereine können einkommensschwache Familien unterstützen. Neben den staatlichen Hilfen wie BuT, dem Digitalpakt oder dem Startchancen-Programm. Für den Vorsitzenden des VBE ist zukünftig wichtig, dass diese Programme langfristig und dauerhaft seien, um den Schulen mehr Planungssicherheit zu gewährleisten.

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Die Thüringer Landeselternvertretung wiederum fordert, die Kriterien für das Bildungs- und Teilhabepaket zu lockern, die Einkommensgrenze nach oben zu setzen. "Damit auch Eltern, die mehr verdienen, in den Genuss kommen, das Teilhabepaket zu bekommen", sagt Landeselternsprecher Peter Oehmichen zu ZDFheute. Dann müssten sich weniger Familien Gedanken über teures Schulmaterial machen.
Mona Trebing ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Thüringen.

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