Winter des Stellenabbaus statt Herbst der Reformen?

Wirtschaftsdebatte bei "Lanz":Winter des Stellenabbaus statt Herbst der Reformen?

von Felix Rappsilber

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"Dino-Industrien von gestern" seien kein "Wachstumsmotor", so Ökonom Schularick bei "Lanz". Journalistin Löhr fordert ein "umfassendes Reformpaket, was allen gleichermaßen wehtut".

Markus Lanz vom 13. November 2025: Markus Lanz, Julia Löhr,  Prof. Andreas Peichl, Prof. Moritz Schularick, Harald Jähner, Schalte aus Detroit: Prof. Rüdiger Bachmann

Sehen Sie hier die Sendung "Markus Lanz" vom 13. November 2025 in voller Länge.

13.11.2025 | 75:31 min

"Wenn wir jetzt statt des Herbsts der Reformen einen Winter des Stellenabbaus erleben, dann wird das für diese Regierung in der Tat sehr schwierig": "FAZ"-Journalistin Julia Löhr warnte am Donnerstagabend bei "Markus Lanz" vor einem Stillstand der Wirtschaftspolitik.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) habe im Wahlkampf suggeriert, dass allein schon "durch den Wechsel im Kanzleramt und eine CDU-geführte Bundesregierung" ein wirtschaftlicher Ruck durch Deutschland gehe. Das Gegenteil sei der Fall:

Jetzt sind wir eine alternde Gesellschaft, die sich an den Status Quo klammert. (...) Die Politik macht das, die Unternehmen machen das und die Bürger machen das.

Julia Löhr, Journalistin

Es sei unheimlich schwer, "so einen Tanker wieder gedreht zu bekommen, ihn wieder beweglicher zu machen", so Löhr.

Markus Söder (l-r), CSU-Vorsitzender und Ministerpräsident von Bayern, Bärbel Bas (SPD), Bundesministerin für Arbeit und Soziales und SPD-Parteivorsitzende, Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), und Lars Klingbeil (SPD), Bundesminister der Finanzen, Vizekanzler und SPD-Bundesvorsitzender, geben am Rande des Koalitionsausschusses eine Pressekonferenz.

Die Spitzen von CDU, CSU und SPD beraten über Maßnahmen, die die Wirtschaft ankurbeln sollen. Eine Einigung gab es etwa bei der Entlastung der Industrie bei den Strompreisen.

13.11.2025 | 1:34 min

Wirtschaftsexperte Schularick: "Dino-Industrien von gestern"

Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, sprach in diesem Zusammenhang von "Dino-Industrien von gestern":

Die Autoindustrie wird nicht der Wachstumsmotor von morgen sein.

Moritz Schularick, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft

Batterien machten in der Automobilindustrie inzwischen ein "Riesen-Teil der Wertschöpfung" aus. Die Exportzahlen und der technologische Vorsprung chinesischer Elektroautos würden zeigen, dass wir in diesem "Rennen technologisch den Anschluss verloren" hätten.

Neuwagen Volkswagen Tayron, Tiguan und Touran schweben durch das VW Stammwerk. (Archiv)

Deutschlands Automobilindustrie steckt tief in der Krise: Tausende Beschäftigte bei Herstellern und Zulieferern verlieren ihren Arbeitsplatz – vom Bandarbeiter bis zum Ingenieur.

11.11.2025 | 6:10 min

Dennoch ging Schularick von dem Szenario aus, dass deutsche Automobilhersteller im Luxussegment "auch weiterhin international mitspielen". Er betonte, die Produktion von Verbrennern nicht "verteufeln" zu wollen: "Wir können auch weiterhin Verbrenner herstellen, die wir dann in den Rest der Welt exportieren. Das ist vielleicht gar nicht schlecht fürs Klima, wenn unsere effizienten Verbrenner auch im globalen Süden fahren."

Schaltgespräch mit Wulf Schmiese beim Koaltionsausschuss

Bei ihrem Koalitionsausschuss haben Union und SPD mehrere Beschlüsse zur Wirtschaft gefasst. Beim Verbrenner-Aus gebe es weiter "Zwist", so ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese.

13.11.2025 | 2:05 min

Peichl fordert Investitions-Booster

Um die deutsche Wirtschaft wieder auf Wachstumskurs zu bringen, schlug Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen, vor: "Man müsste bei der Körperschaftssteuer, bei den Unternehmenssteuern einen Investitions-Booster machen, dass man sogar (...) mehr als 100 Prozent für zusätzliche Investitionen abschreiben kann." Er kritisierte die Bundesregierung:

Statt der geplanten Senkung der Stromsteuer machen wir die Mütterrente, was ungefähr das Gleiche kostet - aber haben kein Geld mehr, die Stromsteuersenkung zu machen.

Andreas Peichl, Leiter des ifo Zentrums für Makroökonomik und Befragungen

Derzeit seien die Energiepreise hoch, die Arbeitskosten sehr hoch und die Lohnnebenkosten würden weiter steigen. Neben dem Fachkräftemangel gebe es laut Peichl mittlerweile auch einen Mangel an einfachen Arbeitskräften.

Bremerhaven: Containerschiffe liegen am Hafen. Zölle erschweren und verteuern den Handel, die Konjunktur lahmt - doch das Geschäft deutscher Schifffahrtsunternehmen zeigt sich krisenfest

Die Ökonomen des Sachverständigenrats haben ihre Wachstumsprognose für 2026 leicht nach unten korrigiert - auf 0,9 Prozent. Die Bundesregierung fordern sie auf, umzusteuern.

12.11.2025 | 2:43 min

Rente: Koppelung an Reallöhne oder Inflation?

Deswegen forderte Schularick: "Alle Anreize für Frühverrentung sind absurd. Da müssen wir ran."

Mit Blick auf den größten Ausgabeposten des Bundeshaushaltes, den Zuschuss zur gesetzlichen Rentenversicherung, erklärte Löhr: "So wie die Reallöhne steigen, so steigen auch die Renten." Unter Ökonomen gebe es daher den Vorschlag, die Renten nur an die Höhe der Inflation zu koppeln.

2.000 Euro im Monat steuerfrei!

Im Kampf gegen den Fachkräftemangel hofft die Koalition auf die Rentner. Aktivrente nennt sie ihr Angebot - bis zu 2000 Euro steuerfrei pro Monat zusätzlich zur Rente.

15.10.2025 | 2:37 min

In der Rentendebatte gehe es Löhr zufolge nur um die Frage, "in welchem Ausmaß die Renten steigen":

Rentenkürzungen sind gesetzlich ausgeschlossen (...), auch wenn das letztes Jahr im Wahlkampf vonseiten der SPD anders klang.

Julia Löhr, Journalistin

Rentner beim Spaziergang

Eine große Mehrheit der Deutschen hat Zweifel an der langfristigen Verlässlichkeit der gesetzlichen Rente. 83 Prozent halten sie für nicht mehr zukunftssicher.

04.11.2025 | 1:34 min

Löhr: Brauchen umfassendes Reformpaket

Angesichts der prekären Wirtschaftslage forderte Julia Löhr "ein umfassendes Reformpaket, was allen gleichermaßen wehtut". Es würde den Regierungsparteien, den Besserverdienern, den Unternehmen, aber aber auch den Bürgergeld-Empfängern und Verwaltungsangestellten etwas abverlangen, so Löhr.

Schularick stimmte zu: "Wir können mehr arbeiten. Wir können die Wochenarbeitszeit raufsetzen. Wir können Arbeitskräftepotenzial nutzen (...) und müssen wahrscheinlich zu einer Zuwanderungspolitik finden, die in unserem ökonomischen Interesse ist - gesteuert und in Berufe, in Sektoren, aus Herkunftsländern, wie das in unserem Interesse liegt."

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