Diskussion bei Markus Lanz:Hat der Atomausstieg unseren Strom verteuert?
Grünen-Fraktionschefin Dröge greift die Union bei Markus Lanz frontal an: Der Atomausstieg habe keinen Einfluss auf Strompreise, Erneuerbare senkten die Preise. Was ist dran?
Hier die komplette Sendung "Markus Lanz" vom 1. Oktober 2025.
02.10.2025 | 44:23 minEs war ein Frontalangriff der Grünen-Fraktionschefin im Bundestag Katharina Dröge auf Unionspolitiker Tilman Kuban: "Die Union hat so einen Zettel mit Unwahrheiten über die Energiepolitik", die "in jeder Sendung vorgetragen" würden, erklärte sie am Abend in der ZDF-Sendung Markus Lanz. Danach gebe es zwar Faktenchecks, die Aussagen richtig stellen - "in der nächsten Sendung sitzt wieder jemand von der Union hier und trägt die selben Unwahrheiten vor", so Dröge.
Grund genug für einen Faktencheck zu Dröges zentralen Aussagen zum Thema Energiepolitik.
Die Regierung hat Entlastungen bei den Strompreisen auf den Weg gebracht. ZDF-Wirtschaftsexperte Frank Bethmann über die Auswirkungen für Unternehmen und Verbraucher.
03.09.2025 | 1:18 minWelchen Effekt hat der Atomausstieg auf die Strompreise?
Dröges Kernargument: "Der Atomausstieg hatte keinen Effekt auf die Strompreise." Was ist dran?
Der endgültige Atomausstieg im Jahr 2023 hatte nach Berechnungen und Energiemarktstudien einen Effekt auf die Strompreise - aber nur in sehr geringem Maße.
Andere Faktoren waren und sind aber deutlich entscheidender. Strom war nach dem Abschalten der letzten Atomkraftwerke im April 2023 im Durchschnitt sogar wieder billiger geworden, weil andere Effekte die Preise dämpften - beispielsweise die Streichung der EEG-Umlage, die Senkung der Stromsteuer für das produzierende Gewerbe, ein hoher Anteil an erneuerbaren Energien an der Produktion oder sinkende Gaspreise.
Energiemarktstudien berechnen durch das Abschalten der letzten AKW relativ geringe Effekte auf die Strompreise für Industrie und Haushaltskunden: Einer Schätzung des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) zufolge wären die Großhandelsstrompreise (also nicht die Endpreise) im Jahr 2023 mit Kernkraft etwa ein bis acht Prozent niedriger gewesen. Eine Modellrechnung des Analyseunternehmens Prognos aus dem vergangenen Jahr kommt auf rund 0,3 bis 0,4 Cent weniger pro Kilowatt, wenn die Laufzeiten der AKW verlängert worden wären.
Ein wesentlicher Faktor, der die Stromkosten nach wie vor antreibt, sind die vergleichsweise hohen Gaspreise: Seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine ist Deutschland abgeschnitten von der Versorgung mit damals billigem Gas aus Russland.
Wirtschaftsministerin Reiche will bei der Energiewende andere Schwerpunkte setzen. Bremst sie Erneuerbare aus?
21.09.2025 | 3:39 minHaben Erneuerbare die Atomkraft kompensiert?
"Wir haben es geschafft, mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien, das, was an Leistung von Atomenergie noch im Netz war, innerhalb von einem Jahr zuzubauen", sagte Dröge bei Lanz. Ein Blick auf die Zahlen bestätigt das:
Die drei zuletzt vom Netz genommenen AKW hatten in den zwölf Monaten vor ihrer Abschaltung zusammen rund 30 Terawattstunden Strom produziert. Das sind etwa sechs Prozent der Last in diesem Zeitraum. Das geht aus Daten des Fraunhofer Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) hervor.
Bisher fällt der Anteil von Biogas an den erneuerbaren Energien gering aus. Mit einem neuen Verfahren kann nun aber die Effizienz um knapp 30 Prozent gesteigert werden.
18.09.2025 | 1:42 minIn den zwölf Monaten nach dem Ausstieg produzierten erneuerbare Energien 33 Terawattstunden mehr als im Vorjahreszeitraum. Der Zubau der Erneuerbaren konnte die weggefallenen AKW-Kapazitäten also bereits damals überkompensieren und ging danach weiter. Dennoch benötigt man derzeit für die gesicherte Stromversorgung stets noch konventionelle Kohle- und Gaskraftwerke als Backup für Zeiten mit Dunkelflauten - wenn also weder Wind weht noch die Sonne scheint.
Welchen Einfluss haben Erneuerbare auf die Strompreise?
"Die erneuerbaren Energien senken die Strompreise", erklärte Dröge. Diese Aussage braucht Kontext: In der Herstellung ist der Strom aus erneuerbaren Energien unschlagbar günstig.
Photovoltaik und Windkraft produzieren zu Kosten zwischen vier und elf Cent pro Kilowattstunde, wie das ISE berechnete. Zum Vergleich: Eine Kilowattstunde Strom aus konventionellen Kraftwerken wie Kohle- oder Gaskraftwerken kostet zwischen 15 und 33 Cent.
Fünf neue Strompreiszonen in Deutschland sollen Stromkosten fairer verteilen und den Netzausbau vorantreiben. WISO zeigt am Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommern, was das für Unternehmen bedeutet.
05.05.2025 | 5:10 minSo führt die Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen nachweislich zu einer Absenkung der Marktpreise. Grund dafür ist das sogenannte Merit-Order-Prinzip: Es sorgt dafür, dass günstiger Strom aus Erneuerbaren immer zuerst in den Markt gelangt. Teurere Kraftwerke kommen seltener zum Einsatz, wenn viel Strom aus Wind- oder Solarkraft verfügbar ist - dadurch sinkt der Strompreis an der Börse. Das belegen auch Studien.
Aber: Natürlich müssen in Zeiten von Dunkelflauten konventionelle Kraftwerke einspringen, die teurer produzieren. Bruno Burger vom ISE hat für ZDFheute berechnet, wie viel Geld durch erneuerbare Energiequellen im vergangenen Jahr eingespart wurde: Der durchschnittliche Börsenstrompreis lag 2024 bei 7,96 Cent pro Kilowattstunde. Ohne erneuerbare Energien wäre der Strom demnach etwa 1,5 Cent teurer gewesen.
Das heißt aber nicht, dass Endkunden im gleichen Umfang von günstigen Strompreisen an der Börse profitieren: Die geringeren Beschaffungskosten sind nur ein Posten auf der Stromrechnung - ein sehr großer Anteil sind Netzentgelte, Steuern und Abgaben. Die sorgen häufig dafür, dass die geringeren Beschaffungskosten für Strom kaum bei den Endverbrauchern ankommen.
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