Hohe Kosten durch Klimawandel:"Schäden lassen sich in Deutschland schon beziffern"
Die Länder müssen massiv in Klimaschutz investieren, warnt Klima-Experte Matthias Duwe. Die Kosten für Schäden wären um ein Vielfaches teurer, als sie rechtzeitig zu vermeiden.
Wie sieht es mit dem globalen Klimaschutz aus? Während Trumps Amerika Klimaschutz aktiv bekämpft und der Green Deal in Europa wankt, versucht China aus Klimatechnologie ein Geschäftsmodell zu machen.
09.11.2025 | 43:16 minZDFheute: Welche wirtschaftlichen Risiken birgt der Klimawandel?
Matthias Duwe: Die wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels sind massiv spürbar. Wir haben diverse Studien dazu. Eine ist der Klimarisikoindex von Germanwatch und in der aktuellen Ausgabe von 2025 wird dort eine Summe von über vier Billionen US-Dollar benannt, die über die letzten 30 Jahre an Schäden aufgelaufen ist.
Auch in Deutschland lassen sich die Schäden schon beziffern.
Wir haben allein in den beiden Dürresommern 2018, 2019 jeweils 20 Milliarden Euro Schäden gehabt.
Dann über die Hochwasserkatastrophe an Ahr und Erft nochmal dieselbe Summe. Und insofern allein über die letzten zwei Jahrzehnte weit über 100 Milliarden Schäden in Deutschland.
… Experte für transformative Klimapolitik. Er koordiniert als Projektleiter (Head Climate) die klimapolitische Arbeit am Ecologic Institut Berlin, einem unabhängigen, akademischen Think Tank für Umweltforschung und Politikanalyse.
ZDFheute: Welche Prognosen stellen Sie für die Zukunft, und wie sicher sind die?
Duwe: Es gibt natürlich Unsicherheiten, aber die Tendenz ist eindeutig. Mit jedem Grad Erwärmung nehmen auch die Schäden signifikant zu. Nicht nur Extremwetterereignisse, sondern auch grundlegende Veränderungen, die in vieler Hinsicht wirtschaftlich wesentliche Auswirkungen haben werden, zum Beispiel sinkende Arbeitsproduktivität, Ernteausfälle oder im Gesundheitssystem.
Die Organisation Germanwatch stellt in ihrem neuen Klimarisikoindex dar, welche Länder in den letzten 30 Jahren am meisten von klimabedingten Extremwetterereignissen betroffen waren.
12.11.2025 | 2:33 minEs gibt Studien, die schon bis zum Jahr 2050 vorhersagen, dass wir einen Einkommensverlust global von bis zu 20 Prozent erleiden könnten. Allein in der Landwirtschaft könnten Ernteausfälle von zehn bis 25 Prozent drohen. Das sind erschreckende wirtschaftliche Schäden.
Trümmer nach einem Tornado in Mississippi: Die Schäden durch die Folgen des Klimawandels weltweit nehmen zu.
Quelle: ddpZDFheute: Auf der Weltklimakonferenz ist die Rodung tropischer Regenwälder ein wichtiges Thema. Ein großes Problem, weil dadurch CO2 freigesetzt wird. Warum lässt sich das so schwer stoppen?
Matthias Duwe: Wir haben hier starke finanzielle Anreize. Über die Rodung werden Rinderhaltung und Sojaanbau ermöglicht, die hohe finanzielle Renditen bieten. Und dann ist natürlich noch die starke Nachfrage nach dem Holz selbst. Und das große Problem im Kontext des Klimawandels ist, dass jeder Hektar, der da gerodet wird, 70 bis über 100 Millionen Tonnen CO2 freisetzt.
ZDFheute: Sie haben den Sojaanbau in Südamerika angesprochen. Was hat der mit Deutschland zu tun?
Duwe: Der Hunger und die Nachfrage nach Soja sind letztendlich ein Hunger auf Fleisch und auf Tierprodukte, denn 80 Prozent der Sojaproduktion werden direkt verfüttert an Rinder und an anderes Vieh, an Schweine und vor allem Geflügel.
Friedrich Merz hat in Brasilien finanzielle Unterstützung für den Schutz von Tropenwäldern versprochen. Zur Rolle des Kanzlers beim Klimaschutz - Wulf Schmiese.
07.11.2025 | 1:15 minZDFheute: Stichwort Klimafinanzierung. 300 Milliarden US-Dollar jährlich sind ärmeren Ländern für die Bewältigung des Klimawandels zugesagt worden. Gebraucht wird offenbar deutlich mehr. Wofür werden diese riesigen Summen benötigt?
Duwe: Zum einen geht es bei der Klimafinanzierung darum, dass die Industrieländer von der Nutzung fossiler Brennstoffe, die den Klimawandel erst hervorgerufen haben, historisch profitiert haben und insofern nach dem Verursacherprinzip in der Pflicht stehen, zuerst zu handeln.
Die internationale Gemeinschaft hat sich mit dem Pariser Klimaziel auch darauf verpflichtet, ärmere Staaten bei der Vermeidung von Treibhausgasen und der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Bei der COP29 war 2024 zugesagt worden, dass die Entwicklungsländer bis 2035 dafür jährlich 300 Milliarden Dollar bekommen sollen. In Belém geht es nun darum, woher genau die Summe kommen soll, die nach Angaben von Betroffenen und vielen Experten deutlich unter dem tatsächlichen Bedarf liegt.
Länder wie Europa, Deutschland, aber auch die USA und andere Industrienationen sind wirtschaftlich stärker und haben die Mittel. Insofern geht es hier um Anschubfinanzierung für den Einstieg in eine klimafreundliche Wirtschaft und gleichzeitig aber auch um die Investition in Anpassungsmaßnahmen, die in vielen Regionen notwendig und dringend sind.
Elisa Miebach ist vor Ort bei der UN-Klimakonferenz in Belém in Brasilien und spricht über die Entwicklungen vor Ort, Proteste auf dem Konferenzgelände und die Erwartungen an Deutschland.
14.11.2025 | 4:14 minZDFheute: Sind das wirklich Investitionen, die sich letztlich rentieren?
Duwe: Wir können den globalen Klimawandel nur verlangsamen und langfristig aufhalten, wenn wir zu einer globalen Lösung kommen. Weltweit muss in Veränderung und gleichzeitig in Schutz investiert werden. Das bedeutet, dass diese Mittel sich rentieren, wenn man die Schäden vermeiden möchte. Wir wissen aus wissenschaftlichen Studien, dass die Schäden, die kommen können, ein Vielfaches von dem betragen, was es kosten wird, sie zu vermeiden.
Das Interview führte Bernd Reufels.
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