Frauen-Fußball-EM: Was gegen Schweden auf die DFB-Frauen zukommt

Spiel um EM-Gruppensieg:Was gegen Schweden auf die DFB-Frauen zukommt

von Frank Hellmann, Zürich
|

Früher waren deutsche Siege gegen Schweden fast eine Selbstverständlichkeit - das hat sich geändert. Den Kontrahenten im dritten EM-Gruppenspiel kennt Rebecca Knaak am besten.

Katja Streso
"Die Deutschen wissen, dass sie sich in vielen Punkten steigern müssen, weil im Halbfinale England oder Frankreich wartet ", sagt ZDF-Reporterin Katja Streso. 10.07.2025 | 1:49 min
Nia Künzer muss immer ein bisschen schmunzeln, wenn sie bloß Schweden hört. "Grundsätzlich gute Erinnerungen" verbinde sie mit dem Land, stellte die Sportdirektorin des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) dieser Tage wieder heraus. Bei vielleicht keiner anderen deutschen Nationalspielerin verkürzt sich die Karriere auf einen einzigen Moment. Als sie am 12. Oktober 2003 im WM-Finale Deutschland gegen Schweden im US-amerikanischen Carson als Einwechselspielerin das "Golden Goal" köpfte - und aus einer beim 1. FFC Frankfurt spielenden Fußballerin aus Wetzlar plötzlich das "Golden Girl" wurde, dem ein Land zu Füßen lag.
Nun wird die Geschichte vor dem dritten EM-Gruppenspiel Deutschland gegen Schweden in Zürich (Samstag 21 Uhr/live ZDF) wieder lebendig. Zu wem sie aus dem Endspiel vor 22 Jahren noch Kontakt hat? Die 45-Jährige überlegt auf der Tribüne im Sportzentrum Zürich-Buchlern kurz, dann fällt ihr Therese Sjögran ein. Damals gehörte die Ikone des schwedischen Frauenfußballs - 214 Länderspiele von 1997 bis 2015 - zu den traurigen Verliererinnen, heute arbeitet die 48-Jährige als Frauenfußball-Sportdirektorin bei Manchester City, nachdem sie dieselbe Funktion beim FC Rosengård bekleidet hatte.

DFB-Spielerin Rebecca Knaak reifte in Schweden zum Star

Jenem schwedischen Frauenfußballverein, bei dem so viele Stars spielten. Von Lotta Schelin bis Marta, von Anja Mittag bis Nilla Fischer. Auch die deutsche Stammverteidigerin Rebecca Knaak war von 2022 bis 2024 für den Klub in Malmö aktiv - und ist Sjögran bis heute dankbar: "Ich verdanke ihr viel, sie hat mir vertraut." Mit dem nächsten Gegner verbindet sie ohnehin "sehr, sehr viel", denn:

Ich habe viel von der schwedischen Kultur, vom schwedischen Fußball mitbekommen und habe noch ganz enge Freunde in Schweden.

Rebecca Knaak

Lea Schuller feiert ihren Treffer zum 2:1-Sieg der deutschen Frauen gegen die dänischen Frauen.
Spiel gedreht, Viertelfinale sicher: Deutschland feiert den zweiten Sieg im zweiten EM-Spiel. Trotz eines Rückstands gegen Dänemark hat das DFB-Team seine Comeback-Qualitäten gezeigt.08.07.2025 | 9:08 min
Erst "in einer anderen Fußball-Kultur" schaffte es die 29-Jährige, sich von einer soliden Bundesligaspielerin zu einer international gefragten Abwehrspielerin zu entwickeln. "Ich habe erst dort gemerkt, dass viele Dinge nur in Deutschland so gelehrt werden." Die Horizonterweiterung habe ihr geholfen - und auf Anraten von Sjögran wechselte sie zu Jahresbeginn nach Manchester: "Sie hat mir den Schritt zugetraut."

Deutschland-Fluch der Schwedinnen wurde 2019 besiegt

Gerade haben die Citizens mit Sydney Lohmann vom FC Bayern eine weitere deutsche EM-Teilnehmerin verpflichtet. Knaak widersprach nicht, als sie um Rat gefragt wurde: "Ich freue mich, ein deutsches Gesicht mehr im Team zu haben." Aber erst einmal gilt der Fokus der perfekt schwedisch sprechenden Knaak dem Duell mit ihrer "zweiten Heimat".
Die Frauenfußball-Nation Schweden brauchte lange, um ihren Deutschland-Fluch zu besiegen. Auf allen Bühnen setzten die DFB-Frauen über Jahrzehnte ein Stoppschild. Erst als der Angstgegner bei der WM 2019 im Viertelfinale besiegt war, sprangen beachtliche Erfolge heraus: WM-Dritter 2019 und 2023, Olympia-Zweiter 2020 in Tokio. Trotzdem ist die Bilanz aus 31 deutsch-schwedischen Duellen mit 21 Niederlagen immer noch negativ.
Stina Blackstenius von Schweden feiert nach dem 0:1 während des UEFA Women's Euro 2025 Gruppenphase Fußballspiels zwischen Polen und Schweden am 8. Juli 2025 in Luzern.
Schweden ist seiner Favoritenrolle gerecht geworden und hat in der DFB-Gruppe das Viertelfinale erreicht. Sie bezwangen Polen dank ihrer überragenden Kapitänin Kosovare Asllani.08.07.2025 | 7:00 min

Fast die gesamte Offensive spielt in London

Doch spielt das noch eine Rolle? Gerade die Auslandserfahrung verhilft vielen Schwedinnen, sich für internationale Aufgaben zu wappnen. Die ewige Linda Sembrant wurde gerade beim FC Bayern verabschiedet, wo Magdalena Eriksson als Abwehrspielerin weiter geschätzt ist. Der Offensivverbund mit Johanna Rytting Kaneryd (FC Chelsea), Stina Blackstenius (FC Arsenal) und Kosovare Asllani (London City Lionesses) könnte sich in London zum Kaffee verabreden.

Peter Gerhardsson hat sich große Verdienste um den schwedischen Frauenfußball erworben. Der Trainer ist seit 2017 im Amt - und bei den Spielerinnen außerordentlich beliebt. Bewusst hat der 65-Jährige entschieden, seinen Vertrag nicht zu verlängern.

Auf ihn folgt der ehemalige australische Nationalcoach Tony Gustafsson. Bei früheren Turnieren hatte Gerhardsson oft nach zwei Siegen im dritten Spiel rotiert - diesmal wird nur erwartet, dass die mit Gelb vorbelastete Kosovare Asllani geschont wird.

Die Stärke des Fifa-Weltranglistensechsten liegt für Künzer auf der Hand: "Schweden hat per se ein gutes Team, das bei Turnieren seine Qualitäten gezeigt hat. Dazu kommen Physis und Kopfballstärke. Wir versuchen, den 'Battle' zu gewinnen." Nur nicht mehr mit ihren Qualitäten.

Alle Spiele, alle Tore

Mehr zur Fußball-EM der Frauen 2025

Spannende Dokus zum Fußball der Frauen