Überraschungsteam im Europapokal: Mainz außer Rand und Band

Überraschungsteam im Europapokal:Mainz außer Rand und Band

von Frank Hellmann
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Mainz 05 hat sich den Europapokal mehr als verdient. Die Nullfünfer sind das Überraschungsteam der Saison. Das haben sie vor allem ihrem temperamentvollen Trainer zu verdanken.

Cheftrainer Bo Henriksen des FSV Mainz 05 jubelt nach dem Spiel gegen Bayer Leverkusen am 17.05.2025.
Mainz vs. VAR 0:4, aber trotzdem ein Punkt gegen Leverkusen. Vier Tore der Mainzer werden zurückgenommen. Am Ende reicht das 2:2 zum Erreichen der Conference League.18.05.2025 | 9:58 min
Bo Henriksen hatte gerade angesetzt, um zu erläutern, was der internationale Wettbewerb denn seiner Mannschaft bringen würde. "Wir sind sehr gespannt auf diese Challenge", sagte der Trainer des 1. FSV Mainz 05 auf Nachfrage von ZDFheute, als die Tür zum Pressekonferenzraum aufging. Seine Spieler stürmten herein, hatten riesige Bierflaschen mitgebracht, um den Dänen zu "duschen".
Kurz darauf stand der Coach mit klatschnassen Haaren auf dem Podium. "Es ist vorbei", sagte Kollege Xabi Alonso. Gemeint hatte der Trainer von Bayer Leverkusen nach dem 2:2 für die Werkself aber nur die Pressekonferenz. Denn aus Sicht der Nullfünfer ging es nach dem gewonnenen Startplatz für die Conference League natürlich noch weiter. In einem noblen Hotel am Rhein wurde bis tief in die Nacht gefeiert - und das zurecht.
Felix Brych
Bundesliga-Rekordschiedsrichter Felix Brych verrät, wie er sich den Respekt der Spieler erarbeitete und was er sich im Umgang mit Unparteiischen von den Verantwortlichen wünscht.17.05.2025 | 13:48 min

Europapokal statt Abstiegsgespenst

Die Wandlung vom Abstiegskandidaten zum Europapokal-Teilnehmer löste eine Freudenstimmung aus, die an den Aufstieg unter Kulttrainer Jürgen Klopp erinnerte. Und das ist mehr als 20 Jahre her. Auf den weißen T-Shirts der Protagonisten stand in großen Lettern: "MAINZAAAAA INTERNATIONAL".
Ein Slogan, mit dem der Fanblock seine Lieblinge anfeuert. Es brachen viele, nur nicht alle Dämme an diesem Tag. Wenn ein Klub aus seinen wirtschaftlichen Möglichkeiten das Allerbeste gemacht hat, dann die Nullfünfer. Sie sind das Überraschungsteam der Saison.

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Harry Kane FC Bayern Muenchen mit der Torjaegekanone am 17.05.2025.
mit Video

Bo Henriksen hat alle wachgeküsst

Platz sechs in der Bundesliga, besser als Klubs wie Mönchengladbach, Wolfsburg oder Hoffenheim mit deutlich höherem Budget, ist aller Ehren wert. Zumal die Mainzer einen Fußball spielten, der richtig Spaß machte. Bestes Indiz: Die 33.305 Plätze in der Arena nahe des Europakreisels waren zuletzt regelmäßig alle belegt. Das war die letzten Jahre nicht so.
Wachgeküsst hat den Standort der immer positiv gestimmte Einpeitscher Henriksen, der für Vorstand Christian Heidel aber "mehr als nur ein Motivator" ist. Einer, der auch langfristige Entwicklung kann. In 15 Monaten hat der 50-Jährige Wundersames vollbracht. Dazu passte, dass der Ausbildungsverein aus dem gehobenen Mittelstand fast unter kruden Umständen den finalen Schritt in die Europapokalränge vollzog.

"Crazy game" gegen Leverkusen

Heidel nannte es "grenzwertig", was gegen die müde Werkself passierte. Henriksen sprach von einem "crazy game", weil insgesamt vier Tore nicht zählten: Dreimal verweigerte Schiedsrichter Tobias Reichel nach VAR-Eingriff die Anerkennung. Das steckten die hoch motivierten Mainzer weg und rannten weiter Richtung Werkself-Tor. 05-Torwart Robin Zentner, der einen vergleichsweise ruhigen Nachmittag erlebt, sagte:

Es wäre schade gewesen, wenn wir uns nicht belohnt hätten.

Robin Zentner, Mainz 05

Robin Zentner im aktuellen sportstudio
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Sein Gegenüber Lukas Hradecky musste deutlich häufiger eingreifen, gönnte sich nach dem Abpfiff ein Bier, das ihm der Mainzer Präsident Stefan Hofmann reichte.

Mainz winkt Millionengeschäft

Daneben rechnete FSV-Vorstand Christian Heidel den Journalisten nüchtern vor, was Platz sechs denn finanziell bedeute. Erst einmal sei der Vorstoß auf Platz sieben im TV-Ranking ("die ehrlichste Bewertung") rund sieben Millionen Euro wert. Wohl weitere zehn Millionen Euro könne man einplanen, wenn es in die Liga-Phase der Conference League geht.

Der FSV Mainz 05 ist kein Neuling im Europapokal. Letztmals europäisch spielten die Nullfünfer übrigens 2016 unter Martin Schmidt. Nur rissen die Europa-League-Heimspiele gegen RSC Anderlecht, AS St. Etienne und FK Qäbälä niemand richtig von den Sitzen. Das sei jetzt anders, sagte Christian Heidel: "Verein, Stadt und Menschen sind total zusammengewachsen."
Zunächst müssen die Rheinhessen in der Conference League aber noch die Playoff-Runde überstehen. Anschließend stehen in der Liga-Phase mit 36 Teams nur sechs Spiele an. Als Startgeld gibt es 3,17 Millionen Euro, pro Sieg 400.000 Euro. Dazu kommen noch Platzprämien, Ausschüttungen aus dem Marktpool und Zuschauereinnahmen.

 Nadiem Amiri nach dem 1. Bundesliga Spiel gegen Bayer Leverkusen am 17.05.2025.
Nachwuchsarbeit: Nadiem Amiri feiert nach dem Abpfiff gegen Leverkusen.
Quelle: Jan Huebner

Womöglich aber kommen im Sommer noch ganz andere Summen hinzu. Bei Torjäger Jonathan Burkardt, Antreiber Nadiem Amiri oder Trickser Paul Nebel könnte ein Wechsel im Sommer anstehen. Denn es ist nun mal der Fluch der guten Tat, dass die Leistungsträger bei einer solchen Entwicklung begehrt sind.

Ich habe ja gesagt, dass ich diese Saison was anderes feiern will als den Klassenerhalt. Und ich glaube, ich habe mein Wort gehalten.

Nadiem Amiri

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Quelle: Reuters

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