Muttermilchspende für Frühgeborene:Warum Muttermilch für Frühchen so wichtig ist
von Gunnar Fischer
Nicht immer hat eine Mutter nach der Geburt genügend Milch. Dann können Frauenmilchbanken helfen. Besonders für Frühgeborene kann gespendete Muttermilch überlebenswichtig sein.
Bruno kam 13 Wochen zu früh auf die Welt. Seine Mutter konnte ihn zunächst nicht stillen. Wie er als Frühchen von gespendeter Frauenmilch profitierte.
17.11.2025 | 5:07 minKinder die vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt kommen, benötigen besondere Voraussetzungen, um so gesund wie möglich aufzuwachsen. Neben der medizinischen Versorgung spielt Muttermilch bei der Ernährung eine wesentliche Rolle.
Frühgeborene profitieren besonders von den immunologischen Bestandteilen und Abwehrstoffen in der Muttermilch, die sie vor Infektionen schützen. Im Kampf gegen Krankheiten kann das überlebenswichtig sein.
Mit Muttermilch gedeihen Frühgeborene viel besser und haben viel weniger Probleme.
Dr. Ulrich Rochwalsky, Neonatologe
Für Ulrich Rochwalsky, Leiter der Neonatologie an der Universitätsmedizin Frankfurt am Main, gibt es daher für Frühgeborene nichts Besseres.
Babys, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden, gelten als Frühgeboren. Heute am Welt-Frühgeborenen-Tag soll auf die besondere Lage aufmerksam gemacht werden.
17.11.2025 | 2:22 minFrauenmilchbank als Lebensretter für Frühchen
Mütter von Frühgeborenen bilden häufig noch nicht ausreichende Mengen eigener Milch, um ihr Kind stillen oder damit versorgen lassen zu können. Der Körper sei noch nicht richtig auf die Geburt des Kindes vorbereitet und oft hohem Stress ausgesetzt, erklärt Rochwalsky. Das alles verzögere die Milchbildung. Meist dauere es ein bis zwei Wochen, bis die Mütter genug Milch produzieren, so der Neonatologe weiter.
Um das Frühgeborene in der ersten Zeit mit lebenswichtigen Nährstoffen zu versorgen, helfen Milchspenden anderer Frauen. Diese sogenannte Frauenmilch stammt von Müttern, die genug Milch für ihr eigenes Kind haben und überschüssige Milch über Frauenmilchbanken zur Verfügung stellen.
Zu Beginn ihres Lebens wiegen Frühchen oft nicht mehr als ein paar Hundert Gramm. Doch moderne Medizin sorgt dafür, dass ihre Überlebenschancen viel höher sind als noch vor 30 Jahren.
17.12.2023 | 26:59 minBessere Prognose für Frühgeborene durch gespendete Muttermilch
Frauenmilch schützt Frühgeborene vor vielen Erkrankungen wie Sepsis, Netzhauterkrankungen am Auge und vor allem vor einer nekrotisierenden Enterokolitis (NEC) - eine häufige, lebensbedrohliche Darmerkrankung von Frühgeborenen.
Bei einer NEC kommt es zur Entzündung ein oder mehrere Darmabschnitte. In der Folge kann Darmgewebe absterben oder ein gefährlicher Darmdurchbruch auftreten. Gerade hier kann Frauenmilch laut Rochwalsky vorbeugend wirken.
Durch schützende IgA-Antikörper in der Frauenmilch können wir vermeiden, dass Frühgeborene die gefürchtete Komplikation der nekrotisierenden Enterokolitis erleiden, an der sie versterben können.
Dr. Ulrich Rochwalsky, Universitätsmedizin Frankfurt am Main
Frühchen müssen zunächst über eine Magensonde mit der gespendeten Muttermilch versorgt werden, wenn sie zu klein und zu schwach sind oder noch nicht selbstständig saugen und schlucken können.
Die ersten Frauenmilchbank in Deutschland wurde von der Kinderärztin Marie-Elise Kayser 1919 gegründet. Zuvor haben meist Ammen das Stillen fremder Kinder übernommen. Bis in die Siebzigerjahre waren Frauenmilchsammelstellen in Ost- und Westdeutschland weit verbreitet.
Während das System in der DDR weiter gefördert wurde, kam es in Westdeutschland zu einem massiven Rückgang dieser Einrichtungen. Industriell hergestellte Säuglingsnahrung verdrängte dank guter Vermarktung das Angebot von Frauenmilch. Seit 2018 gibt es wieder eine wachsende Initiative für Frauenmilchbanken. Bundesweit sind derzeit 55 Einrichtungen registriert, die jedoch den großen Bedarf an Frauenmilch nicht decken können.
Lukas Mader war ein extremes Frühchen. Bei seiner Geburt wog er nur 515 Gramm. Wie er trotz Einschränkungen den Weg in ein normales Leben gefunden hat.
15.11.2024 | 5:19 minFrauenmilch - Superfood ohne Alternative
Heutzutage gibt es eine große Auswahl an Pulvermilchprodukten für Neugeborene und Frühchen. Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen jedoch, dass die noch unreifen Körper der Frühgeborenen von industriell hergestellter Ersatznahrung nicht so gut profitieren wie von Frauenmilch.
Industriell hergestellte Milchprodukte haben alle einen Nachteil: Sie basieren auf Kuhmilch.
Dr. Ulrich Rochwalsky, Neonatologe
Man wisse einfach, dass Säuglingsnahrung für den Darm der Frühgeborenen schlechter ist als Frauenmilch, erklärt Rochwalsky. Auch sei Frauenmilch besser verträglich als künstliche Babynahrung, weil sie den unreifen Darm durch antimikrobielle Wirkstoffe schütze.
Grundsätzlich machen mehr als 2.000 Inhaltsstoffe Muttermilch zum Superfood. Darunter finden sich wichtige Nährstoffe, Hormone, Wachstumsfaktoren, Immunglobuline, Enzyme sowie Prä- und Probiotika, die bisher künstlich nicht alle ersetzt werden können.
Trotz steigender Zahlen an Frauenmilchbanken in den letzten Jahren, ist die Verfügbarkeit von Frauenmilch bundesweit begrenzt. Aufgrund des Engpasses müssen manche Frühgeborene alternativ mit speziell entwickelter Formula-Nahrung vorliebnehmen, die als Pulver erhältlich ist. Die Versorgung mit Frauenmilchspenden wird nach Geburtsgewicht priorisiert. Sie ist insbesondere für Frühgeborene mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 Gramm vorgesehen.
Hohe Sicherheitsanforderungen bei gespendeter Muttermilch
Milchspenden aus Frauenmilchbanken werden in medizinischen Zentren sorgfältig aufbereitet und auf Infektionserreger untersucht. Auch das Blut der Spenderinnen wird auf Hepatitis B und C, HIV sowie auf Syphilis untersucht, um zu vermeiden, dass Erreger in die Milch übertragen werden.
Da gespendete Muttermilch nicht steril ist, wird sie bei etwa 65 Grad pasteurisiert. Mögliche krankheitserregende Bakterien und Viren werden so abgetötet.
Eltern müsssen für die Versorgung von Frühgeborenen mit Milchspenden nichts bezahlen. Die Einrichtung und Finanzierung von Frauenmilchbanken liegt in der Verantwortung der Kliniken.
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