Vorsorge für werdende Eltern:Schwangerschaftsdepression früh erkennen
Depressionen in Schwangerschaft und im ersten Jahr nach der Geburt sind häufig - und oft unentdeckt. Das Vorsorgeprogramm UPlusE soll das ändern. Eine Hilfe für werdende Eltern.
Psychische Belastungen nach der Geburt sind keine Seltenheit. Oft werden sie nicht erkannt. Das Programm "UplusE" soll im Rahmen der U-Untersuchungen auch die mentale Gesundheit der Eltern ins Blickfeld rücken.
10.10.2025 | 5:23 minWenn ein Kind zur Welt kommt, bedeutet das Glück, aber auch enorme Veränderungen. Nicht immer gelingt der Start ins Familienleben reibungslos: Rund zehn bis 15 Prozent der Mütter und bis zu zehn Prozent der Väter entwickeln in dieser Zeit eine Depression. Viele bleiben jedoch unerkannt - und damit ohne Hilfe.
"Es war zwar ein Wunschkind, aber ab dem Zeitpunkt, wo wir wussten, dass es geklappt hat, war alles irgendwie komisch. Ich konnte es nicht einordnen", erinnert sich Sophie Altmann an ihre Schwangerschaft. "Für mich waren das ganz normale Begleiterscheinungen. An eine Depression habe ich überhaupt nicht gedacht."
Ökotrophologin Dr. Brigitte Bäuerlein gibt Tipps, wie man sich in der Schwangerschaft richtig ernährt und worauf man verzichten sollte.
27.05.2024 | 7:35 minAnzeichen frühzeitig erkennen
Genau hier setzt das neue Vorsorgeprogramm UPlusE an. UPlusE ist ein Angebot im Rahmen der U-Untersuchungen beim Kinderarzt, das auch die psychische Gesundheit der Eltern in den Blick nimmt. Ziel ist es, psychische Belastungen bei Eltern mithilfe eines Fragebogens in einer Praxis-App frühzeitig zu erkennen und schnell zu behandeln. Darin geht es um Stimmung, Belastung und das Verhältnis zum Kind.
UPlusE steht für "U-Untersuchungen für Kinder plus Eltern-Screening". An UPlusE können alle Schwangeren ab der 30. Schwangerschaftswoche und Eltern von Kindern bis sechs Monate teilnehmen. Eltern füllen per App regelmäßig kurze Fragebögen aus. Ergebnisse werden automatisch an die Praxis übermittelt. Bei Auffälligkeiten können Ärztinnen und Ärzte direkt das Gespräch suchen. Über die App gibt es außerdem Kontakt zu einem Netzwerk aus Psychotherapeut*innen, Psychiater*innen, Beratungsstellen und Online-Angeboten. Ziel ist es, psychische Erkrankungen früh zu erkennen, Stigmatisierung abzubauen und schnelle Hilfe zu ermöglichen.
Fragebogen gibt Hinweise
"Das Ergebnis liegt uns vor, wenn die Familie in die Praxis kommt", erklärt Kinderarzt Ronny Jung die Vorteile. "So können wir am Ende der Untersuchung behutsam nachfragen, wenn sich Hinweise auf eine Belastung zeigen." Von selbst sprächen Eltern solche Themen selten an.
Die wenigsten sagen: 'Ich habe eine Depression.' Aber mit dem Bogen ist ein einfacher, aber sehr wirksamer Türöffner da.
Dr. Ronny Jung, Kinderarzt
Als der Kinderarzt das Ergebnis ansprach, sei das wie eine Befreiung, erzählt Betroffene Sophie Altmann. "Endlich hat jemand gesehen, wie schlecht es mir wirklich geht."
Depressionen gehören zu den häufigsten Erkrankungen. Psychotherapeutin Nadine Zehender im Gespräch darüber, warum Hilfe für Betroffene so wichtig ist und wie sie aussehen kann.
26.11.2024 | 17:17 minWarum die Geburt zur Krise werden kann
Psychiaterin Susanne Simen erklärt, warum die Zeit rund um Schwangerschaft und Geburt so belastend sein kann: "Es ist ein existenzielles Ereignis - mit massiven körperlichen, hormonellen und sozialen Veränderungen." Hinzu kommen Schlafmangel, der Verlust von Freiheit und die neue Verantwortung.
Nicht nur Mütter sind betroffen: Auch fünf bis zehn Prozent der Väter entwickeln nach der Geburt depressive Symptome. "Auch für Männer ändert sich das Leben existenziell - Rollenbilder, Verantwortung, manchmal auch das Gefühl von Ausschluss", erklärt Simen.
Sophie Altmann beschreibt rückblickend: "Ich habe es immer als dunklen Schleier empfunden, der sich über alles legt - über den Job, über das Essen, sogar über schöne Dinge."
Folgen für Kinder und Familien
Eine unbehandelte Depression belastet nicht nur die Eltern, sondern auch die Kinder. "Wir beschreiben Depression als Energiemangelkrankheit", so Kinderarzt Jung. "Fehlt die Kraft, auf die Signale des Babys einzugehen, wirkt sich das auf die Entwicklung des Kindes aus." Wird die Krankheit früh erkannt, sind die Chancen auf Heilung gut.
Unter Behandlung ist die Depression oft nach wenigen Wochen weitgehend verschwunden. Bleibt sie unerkannt, droht sie zu chronifizieren - mit Folgen über Jahre.
Dr. Susanne Simen, Psychiaterin
Wenn Eltern psychisch krank sind, leidet die ganze Familie. Für Kinder kann das schwere Folgen haben. Wie Lena Albers ihre Tochter davor bewahren möchte.
20.02.2025 | 5:21 minHilfe annehmen ohne Scham
Noch kommt nur ein Bruchteil der Betroffenen in Behandlung - Schätzungen zufolge etwa 15 Prozent. Viele schämen sich oder halten sich für "schlechte Eltern", statt eine Erkrankung zu erkennen. "Gerade deshalb ist das Screening so wichtig", sagt Simen. "Wenn die Kinderärztin oder der Kinderarzt sagen kann: 'Sie sind keine schlechte Mutter, sondern Sie haben eine behandelbare Erkrankung', dann nimmt das Scham und öffnet den Weg in die Behandlung."
Sophie Altmann geht es heute, dank der rechtzeitigen Hilfe, wieder gut: "Ich habe gelernt, Warnzeichen rechtzeitig zu erkennen und auf mich zu achten. Die Depression ist heilbar - und ich weiß, dass sie wieder gehen kann."
- Früherkennung psychischer Belastungen bei Müttern und Vätern
- Frühzeitige Vermittlung von Hilfsangeboten (Psychotherapie, psychosoziale Unterstützung)
- Förderung der Eltern-Kind-Beziehung und damit auch der kindlichen Gesundheit
- Abbau von Stigmatisierung psychischer Erkrankungen durch niedrigschwellige, digitale Angebote
- Integration in den Praxisalltag von Gynäkologen und Pädiatern, um Zugang zu Hilfen zu erleichtern
Christopher Emmerling ist Redakteur der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
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