Wehrdienst: Pistorius sieht Ansehen der Koalition beschädigt

Interview

Minister im ZDF zum Wehrdienst-Streit:Pistorius sieht Ansehen der Koalition beschädigt

von Stefanie Reulmann und Dominik Rzepka

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Der Wehrdienst-Streit war "kein Ruhmesblatt" und habe zu schlechtem Ansehen für die Koalition geführt, so Pistorius. Er macht dafür auch Abgeordnete von CDU und SPD verantwortlich.

Boris Pistorius

"Kein Ruhmesblatt": Sehen Sie hier das ZDF-Interview mit Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) zum Wehrdienst.

19.10.2025 | 5:59 min

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat den Streit zwischen Union und SPD um den Wehrdienst kritisiert. In der ZDF-Sendung "Berlin direkt" sagte Pistorius, man habe gemeinsam "kein Ruhmesblatt" hingelegt, die Abstimmung sei "nicht gut gelaufen". Das Gesetz werde aber am 1. Januar in Kraft treten.

Von daher ist jetzt kein größerer Schaden außer der des schlechten Ansehens der Koalition in diesem Punkt entstanden.

Boris Pistorius, SPD

Kritik übte Pistorius dabei an den Abgeordneten von Union und SPD, die noch vor der ersten Beratung des neuen Wehrdienstgesetzes im Bundestag Änderungen an seinem Gesetzentwurf vorgenommen hätten.

Der Entwurf sei im Kabinett beschlossen worden. Das normale Verfahren wäre gewesen, die erste Lesung abzuwarten, so Pistorius. Er kritisiert:

Hier haben sich einige verdienstvolle Abgeordnete von Union und SPD auf den Weg gemacht und schon vorher versucht, etwas auszuhandeln.

Boris Pistorius, SPD

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Kritik an eigenen Abgeordneten

Damit wandte sich Pistorius unter anderem gegen die Abgeordneten Norbert Röttgen (CDU) und Siemtje Möller (SPD). Beide hatten mit zwei weiteren Vertretern von Schwarz-Rot einen Kompromiss zur Wehrpflicht ausgehandelt, unter anderem ein Losverfahren. An diesem Modell hatte Pistorius am Dienstag heftige Kritik geübt.

Laut Pistorius hätten die Abgeordneten gehandelt, "ohne dabei zu berücksichtigen in der entscheidenden Phase, dass wir, dass ich als Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt, und derjenige, dessen Haus das Gesetz entworfen hat an zwei, drei Punkten einfach nach wie vor Schwierigkeiten hat, diesen Kompromiss mitzugehen."

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Das habe er auch kommuniziert, die Abgeordneten seien aber den Weg weiter gegangen. "Ich musste ja dann in der Fraktionssitzung zumindest deutlich machen, dass der Verteidigungsminister mit Teilen des Kompromisses nicht einverstanden ist", so Pistorius.

Röttgen und Möller mussten am Dienstag eine bereits angekündigte Pressekonferenz kurzfristig absagen. Pistorius sagte dazu:

Dass das dann so eskaliert und dass das dann so viel Wirbel auslöst, hat keiner von uns gewollt.

Boris Pistorius, SPD

Pistorius bestätigte im ZDF-Interview, dass er kein Losverfahren bei der Frage nach der Musterung will. Stattdessen müssten alle gemustert werden. Außerdem gehe er davon aus, dass die Aufwuchsziele der Bundeswehr auch mit Freiwilligkeit erreichbar seien.

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CDU greift Pistorius selbst an

Deutliche Kritik an Pistorius übte Thomas Röwekamp, der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Bundestags. Der CDU-Politiker sagte im ZDF, es sei überraschend gewesen, dass Pistorius den Wehrpflicht-Kompromiss von Union und SPD in letzter Sekunde habe platzen lassen.

Den Vorschlag eines Losverfahrens habe man nicht "aus dem Hut gezaubert, sondern wir haben sie wochenlang vorbereitet". Nicht "im Hinterzimmer", sondern gemeinsam mit der SPD. Deshalb habe die Union mit der "Kehrtwende in der SPD-Fraktion" nicht gerechnet. Es hätten zahlreiche Gespräche stattgefunden, Pistorius hätte informiert sein müssen.

Wir gehen davon aus, dass seine Fraktion ihn natürlich auch fortlaufend auf dem Laufenden gehalten hat und auch an Teilen der Gespräche hat er teilgenommen.

Thomas Röwekamp, CDU

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Grüne finden Schwarz-Rot "dilletantisch"

Zudem sollte ein Minister "auch ein eigenes Interesse daran haben, zu wissen, wie sein Gesetz im Parlament betrachtet" werde und auch, "welche Änderungen für erforderlich gehalten" würden. "An der Bereitschaft, ihn in diesen Diskussionsprozess einzubinden, hat es sicher nicht gefehlt", sagt er.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge kritisiert im ZDF, die Koalition habe sich "auf öffentlicher Bühne vollständig zerlegt". Das sei "dilettantisch" und für die Koalition ein "absolutes Desaster" gewesen. Offensichtlich sei Pistorius nicht involviert gewesen, das habe sich gerächt:

Das war schon eine Machtdemonstration von Boris Pistorius, sowohl in Richtung CDU als aber auch gegenüber der eigenen Spitze.

Katharina Dröge, Grüne

Mehr zum Thema sehen Sie um 19:10 Uhr in der ZDF-Sendung "Berlin direkt" und im Stream.

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