Die Körpersprache erzählt: Merz zeigte anfangs "Stresssignale"

Interview

Was die Körpersprache erzählt:Merz zeigte anfangs noch "Stresssignale"

von Leon Müller
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Was verraten Gestik und Mimik von Friedrich Merz und Donald Trump? Ein Mimik- und Körpersprache-Experte analysiert ihr Treffen im Oval Office des Weißen Hauses in Washington.

Merz ist zu Gast bei Trump im Oval Office.
Bundeskanzler Merz zeigt sich zufrieden nach seinem Antrittsbesuch bei US-Präsident Trump.06.06.2025 | 1:50 min
Kanzler Friedrich Merz hat seine erste öffentliche Begegnung mit US-Präsident Donald Trump hinter sich - zu einem Eklat kam es nicht. Doch welche nonverbalen Signale haben Merz und Trump bei ihrem Gespräch gesendet? Dirk Eilert, Experte für Körpersprache und Emotionsforscher, hat das Treffen genau beobachtet.
ZDFheute: Gibt es etwas, das Ihnen bei dem Treffen direkt aufgefallen ist?
Dirk Eilert: Ja, schon in der ersten Szene - der Begrüßung draußen - zeigt sich ein klares nonverbales Muster: Trump übernimmt sofort die Führung und lenkt mit einer dominanten Zeigegeste die Aufmerksamkeit der Fotografen. Merz bleibt formell, fast ein wenig angespannt. Er knöpft den Anzug zu, steht aufrecht, nimmt eine geschlossene Haltung ein.

Er lässt Trump gewähren, ohne sich provozieren zu lassen - ein Zeichen nonverbaler Souveränität durch kontrollierte Zurückhaltung.

Dirk Eilert, Experte für Körpersprache und Emotionsforscher

Schaltgespräch zwischen Slomka und Merz
"Ich habe erwartet, dass wir uns gut verstehen und es ist genau so eingetroffen", so Bundeskanzler Merz über den Besuch bei Trump. Man habe sehr intensiv über Themen gesprochen.05.06.2025 | 9:36 min
ZDFheute: Und wie hat Merz beim gemeinsamen Auftritt mit Trump im Oval Office auf Sie gewirkt?
Eilert: Zu Beginn des Gesprächs zeigt Merz sichtbare Stresssignale. Häufige Selbstberührungen, Lippenlecken, Zurechtrücken der Krawatte, Gewichtsverlagerung. Das ist absolut nachvollziehbar - Trump gilt als unberechenbar, der öffentliche Druck war hoch.

Doch bemerkenswert ist, wie Merz sich im Verlauf des Gesprächs nonverbal verändert: Er wird zunehmend ruhiger, sicherer, nimmt mehr Raum ein.

Dirk Eilert, Experte für Körpersprache und Emotionsforscher

Aus einer zurückgelehnten, verschlossenen Haltung entwickelt sich ein offener, präsenter Auftritt. Ganz im Einklang mit dem Verlauf des Gesprächs, das auch zunehmend vertrauter und gelöster wird.
US-Korrespondent Elmar Theveßen bei ZDFheute live.
ZDF-Korrespondent Elmar Theveßen über das Gespräch zwischen US-Präsident Trump und Bundeskanzler Merz.05.06.2025 | 16:53 min
ZDFheute: Was lässt sich konkret aus Körpersprache und Mimik über die Beziehung der beiden ablesen?
Eilert: Zunächst ist Distanz spürbar. Trump bleibt reserviert, Merz kontrolliert. Doch dann passiert etwas Interessantes: Trump nimmt Blickkontakt auf, scherzt, bezieht Merz ein, übergibt ihm sogar das Wort. Besonders eindrücklich ist die Szene, in der Merz Trump um Erlaubnis bittet, auf Deutsch sprechen zu dürfen - Trump nickt, wirkt dabei entspannt und offen.
Im Laufe des Gesprächs entsteht so eine erkennbare Positivitätsresonanz: wechselseitiger Blickkontakt, gemeinsames Lächeln, Lachen und Scherzen, sogar körpersprachliche Synchronie.

Am Ende sitzen beide nahezu identisch - ein starkes nonverbales Zeichen für Vertrauensaufbau.

Dirk Eilert, Experte für Körpersprache und Emotionsforscher

SGS am 06.06.2026 mit Andrea Maurer zum USA-Besuch von Friedrich Merz
Nach seinem Treffen mit US-Präsident Trump hat Bundeskanzler Merz eine positive Bilanz gezogen.06.06.2025 | 1:16 min
ZDFheute: Der Besuch von Selenskyj im Weißen Haus endete im Eklat. Waren zwischen Merz und Trump auch solche Spannungen zu sehen?
Eilert: Nein, ganz im Gegenteil. Der gesamte Verlauf war geprägt von einer allmählichen Annäherung. Natürlich war die Spannung zu Beginn spürbar. Merz wusste, dass jedes Detail beobachtet wird. Aber er hat diese Spannung gut reguliert, sich nicht irritieren lassen und nonverbal Ruhe ausgestrahlt.

Dadurch konnte sich eine stabile Gesprächsatmosphäre entwickeln - ohne Eskalation, aber mit deutlich wachsender gegenseitiger Offenheit.

Dirk Eilert, Experte für Körpersprache und Emotionsforscher

Auch von Trump war das Gespräch nicht auf Provokation eingestellt.
US-Präsident Trump begrüßt Bundeskanzler Friedrich Merz vor dem Weißen Haus.
Das erste offizielle Gespräch im Weißen Haus zwischen Bundeskanzler Friedrich Merz und US-Präsident Donald Trump ist vorbei. ZDFheute live analysiert das Treffen der beiden.05.06.2025 | 30:51 min
ZDFheute: Glauben Sie, Merz hat sich in seinem Auftreten auf dieses Treffen vorbereitet?
Eilert: Ja, eindeutig. Man sieht es an seiner Körpersprache zu Beginn: kontrolliert, strukturiert, bewusst zurückgenommen. Er lässt Trump agieren, reagiert nicht auf Dominanzsignale, sondern bleibt souverän in der Beobachtung. Vielleicht sogar etwas übervorsichtig.

Doch dann beginnt das nonverbale Spiel - und Merz spielt mit. Nicht durch Konfrontation, sondern durch Anpassung an die Beziehungsebene.

Dirk Eilert, Experte für Körpersprache und Emotionsforscher

Das war kein starres Abarbeiten einer Rolle, sondern ein dynamischer, fein abgestimmter Auftritt. Merz hat nicht nur reagiert, er hat auch geführt - durch Anpassung, Beziehung und Timing. Nonverbal hervorragend gelöst. Offen bleibt, ob das an der guten Vorbereitung oder Merz' Feingefühl lag.

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