China-Reise: Wadephuls Absage entfacht Debatte über China-Politik

Verschiebung der Reise umstritten:Wadephuls Absage entfacht Debatte über China-Politik

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Wadephuls Absage seiner China-Reise sorgt für Unstimmigkeiten in der Koalition. Zugleich offenbart sie das angespannte Verhältnis zu Peking. Braucht Berlin eine neue China-Politik?

Johann Wadephul, aufgenommen am 30.09.2025

Die Verschiebung der China-Reise von Außenminister Wadephul hat eine Debatte um die richtige China-Politik ausgelöst.

Quelle: ddp

Dass die Reise eines Bundesaußenministers nach China zwei Tage vor dem geplanten Abflug verschoben wird, ist für die deutsche Diplomatie sehr ungewöhnlich. Prompt hat die Entscheidung von Johann Wadephul (CDU) eine heftige Debatte über den richtigen Umgang mit China ausgelöst, die mittlerweile auch für Spannungen in der schwarz-roten Koalition sorgt.

Der außenpolitische Sprecher der SPD, Adis Ahmetovic, kritisiert gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass dies "kein gutes Signal" sei. Dagegen kommt Zustimmung für die mit Kanzler Friedrich Merz (CDU) abgestimmte Verschiebung aus den Reihen der Union - und von den Grünen.

Der Fall zeigt, dass es derzeit bei deutsch-chinesischen Abstimmungen deutlich hakt - in einer Phase, in der die ohnehin angeschlagene deutsche Industrie um Lieferungen von Seltenen Erden und Chips bangt.

Johann Wadephu

Die für Montag geplante China-Reise von Außenminister Wadephul wird verschoben – wegen nicht bestätigter Termine.

24.10.2025 | 1:33 min

China-Expertin: Reise nach Peking wäre wichtig gewesen

Tatsächlich ist die Entscheidung nicht unumstritten: "Ich hätte es richtig gefunden, wenn Außenminister Wadephul trotzdem gereist wäre", sagt etwa Marina Rudyak, China-Expertin der Universität Heidelberg. Gerade angesichts der aktuellen Spannungen sei es wichtig, einen direkten Gesprächskanal zwischen den Außenministern aufzubauen.

Zudem nehme Wang Yi in der chinesischen Führung eine zentrale Stellung ein, weil er gleichzeitig Direktor der Zentralen Kommission für auswärtige Angelegenheiten ist und als Vertrauter von Präsident Xi Jinping gilt.

Eigentlich hatte Bundesaußenminister Johann Wadephul am Sonntag nach Peking fliegen wollen - quasi als Speerspitze der schwarz-roten Bundesregierung, noch vor Kanzler Friedrich Merz (CDU) und anderen Kabinettsmitgliedern. In einem am Donnerstag veröffentlichten Reuters-Interview hatte er den ausdrücklichen Wunsch betont, mit China zusammenarbeiten zu wollen - das wegen der umstrittenen Zollpolitik der USA wieder größter deutscher Handelspartner geworden ist.

Zugleich hatte der CDU-Politiker die bekannten kritischen deutschen Positionen etwa zu Chinas Haltung zu Taiwan, Russland und im südchinesischen Meer sowie zur nötigen Diversifizierung der Wirtschaft wiederholt. Wadephul hatte zudem den Wunsch geäußert, mit der Führung in Peking über die chinesischen Exportbeschränkungen bei Seltenen Erden und die Versorgungssicherheit mit Chips reden zu wollen.

Aber bis Freitag hatte er nach Angaben des Auswärtigen Amtes nur eine Bestätigung für ein Treffen mit Außenminister Wang Yi erhalten - weshalb er den Besuch kurzentschlossen verschob.

Quelle: Reuters


Rudyak verweist zudem darauf, dass hinter dem beschränkten Gesprächsangebot möglicherweise keine Abstrafung Deutschlands oder Wadephuls, sondern praktische Probleme gesteckt hätten. Denn das chinesische Spitzenpersonal sei durch den KP-Parteitag zum neuen Fünf-Jahres-Plan, das geplante Treffen der Präsidenten Donald Trump und Xi sowie Gespräche mit der EU-Kommission sehr gebunden gewesen.

Schaltgesärch zwischen Moderator Christian Sievers und Korrespondent Andreas Kynast zuden Hintergünden der Verschiebung Wadephul Chinareise

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Hardt: China setzt Handelspolitik als Druckmittel ein

Das sieht der außenpolitische Sprecher der Union, Jürgen Hardt, allerdings anders.

Die Reise nach China, zumal mit einer Wirtschaftsdelegation, war ein Angebot, das die chinesische Seite zu diesem Zeitpunkt leider ausschlug.

Jürgen Hardt, außenpolitischer Sprecher der Union

China versuche die Handelspolitik derzeit gezielt als Druckmittel einzusetzen. "Es ist völlig richtig, dass die Bundesregierung dieses Spiel nicht mitspielt", betont Hardt. Deutschland liege weiterhin an guten Beziehungen zu Peking - aber "fair und auf Augenhöhe".

Dies ist eine Anspielung auf ein offenbar als eher unfreundlich empfundenes chinesisches Verhalten hinter den Kulissen. Derzeit gebe es mit China Differenzen in grundsätzlichen Punkten, unter anderem in der Frage des Völkerrechts und der Frage fairer Wirtschaftsbeziehungen, heißt es dazu aus Regierungskreisen. Die chinesische Seite habe kaum erfüllbare Forderungen gestellt - die Bundesregierung werde ihre Grundüberzeugungen aber nicht verraten.

Becker und Kynast

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24.10.2025 | 2:10 min

Peking pocht auf Ein-China-Prinzip

Tatsächlich hatte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums am Freitag mit Bezug auf Wadephuls Reuters-Interview öffentlich gefordert:

Wir hoffen, dass Deutschland sich strikt an das Ein-China-Prinzip hält und sich unmissverständlich gegen die separatistischen Aktivitäten der "Unabhängigkeit Taiwans" ausspricht.

Sprecher des chinesischen Außenministeriums

Wadephuls Bekenntnis zur Ein-China-Politik reicht dem zunehmend selbst- und machtbewusst auftretenden Peking offenbar nicht mehr aus - zumal man sich in Chinas Führung schon vor Wochen vergrätzt zeigte, dass Wadephul die kommunistische Führung ausgerechnet bei seinem Japan-Besuch kritisiert hatte.

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Braucht Deutschland eine neue China-Strategie?

Die Verschiebung der Reise hat in der Koalition die Grundsatzfrage aufgeworfen, wie das Verhältnis zwischen Prinzipientreue und Dialog gegenüber Peking austariert werden sollte. Schon in der Ampel-Koalition führte dies zu Spannungen zwischen der SPD und den Grünen.

In der schwarz-roten Regierung kündigt sich eine ähnliche Debatte zwischen Union und der SPD an - die übrigens auch einen Parteidialog mit der KP Chinas pflegt. "Gerade in einer Phase globaler Spannungen ist der direkte Dialog mit China von großer Bedeutung", sagt der SPD-Außenpolitiker Ahmetovic gegenüber Reuters.

Wir müssen die deutsche China-Strategie überdenken.

SPD-Außenpolitiker Adis Ahmetovic

Quelle: Andreas Rinke, Reuters

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