US-Sicherheitsstrategie: Drei Lehren für Deutschland und Europa

Analyse

Ist Deutschland vorbereitet?:Drei Lehren aus der US-Sicherheitsstrategie

von Andrea Maurer und Johannes Lieber

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In der US-Sicherheitsstrategie wird Europa stark kritisiert. Die freie Meinung werde unterdrückt - der Kontinent sei bald nicht wiederzuerkennen. Was lässt sich daraus ableiten?

Bild von Donald Trump. Daneben eine Freifläche.

US-Präsident Trump bricht mit der transatlantischen Tradition der vergangenen 80 Jahre. ZDF-Hauptstadtkorrespondentin Maurer analysiert die neue Sicherheitsstrategie, Reaktionen und Konsequenzen.

12.12.2025 | 13:08 min

Es sind harte Zeilen für die Europäer - besonders für die, die den guten alten Zeiten noch hinterhertrauern. Damals, als die USA und Europa eng an eng standen und gemeinsame Gegner hatten. Spätestens mit der neuen US-Sicherheitsstrategie sind diese Zeiten vorbei.

Es sei "alles andere als selbstverständlich", dass einige europäische Staaten künftig noch die wirtschaftliche und militärische Stärke haben, um verlässliche Partner zu bleiben, so das Weiße Haus. Fehlerhafte Migrationspolitik, Unterdrückung der freien Meinung und der Opposition - die Liste der Kritik an Europa ist lang.

Doch was bedeuten diese Zeilen für Europa und noch genauer: für Deutschland?

Prof. Sigmar Gabriel, Ministerpräsident a. D. und Bundesminister a. D., bei dem Akademiegespräch im Bayerischen Landtag am 12.06.2024 in München.

Der frühere Bundesaußenminister Sigmar Gabriel sieht in der US-Sicherheitsstrategie einen "Epochenbruch" zwischen Europa und den USA. Die EU sei Trump "ein Dorn im Auge", so Gabriel.

11.12.2025 | 7:14 min

Lehre Nummer 1: Deutschland fehlt ein klarer Plan

Ging Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) davon aus, dass man US-Präsident Donald Trump im Zaum halten könne, wenn man sich nur gut genug mit ihm versteht? Nun dürfte deutlich werden: Sympathie ist das eine, für Donald Trump zählt, ob man sich auf Augenhöhe unterhält.

Doch wegen des mutmaßlichen wirtschaftlichen und unterstellten gesellschaftlichen Abschwungs der Europäer sieht Trump diese Augenhöhe wohl nicht mehr gegeben. Merz selbst hält "manches" im neuen US-Papier für "verständlich", anderes für "inakzeptabel".

Claudia Major bei "maybrit illner"

Die neue US-Sicherheitsstrategie stößt in Europa auf heftige Kritik. Sicherheitsexpertin Major sieht darin russische Positionen.

12.12.2025 | 61:01 min

Konkreter sei Merz bisher nicht geworden, sagt ZDF-Korrespondent Wulf Schmiese. Denn der Kanzler wolle sich von Washington nicht provozieren lassen. "Deswegen geht Merz eigentlich nicht wirklich in der Tiefe darauf ein".

Lehre Nummer 2: Trump will die AfD stärken

Eine Partei im deutschen Bundestag liest die neue Sicherheitsstrategie keineswegs als neue Unsicherheit: Die AfD. Trump mische sich in Deutschland "im Sinne seiner politischen Ausrichtung gegen den linksgrünen Mainstream" ein, sagt Bernd Baumann, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD.

Vorher gab es diese linke Allianz zwischen den Linksgrünen - Merkel, Biden und diesen linken Präsidenten. Jetzt gibt es diese weltanschauliche Allianz und das ist gut so.

Bernd Baumann, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD

US-Außenminister Marco Rubio hatte die Einstufung der Partei als "rechtsextremistisch" durch den Verfassungsschutz beispielsweise als "Tyrannei" bezeichnet.

Die USA versprechen sich durch ihre Unterstützung von rechtsnationalen Parteien wohl eine Schwächung von Europa. Ein Kontrahent weniger auf dem Parkett der Großmächte. Die AfD dagegen kann mit ihren Kontakten in die USA prahlen und verspricht sich davon auch Wählerstimmen - besonders in Westdeutschland.

Präsident Donald Trump (li.) empfängt Ungarns Ministerpräsidenten Viktor Orban (re.) im Weißen Haus in Washington. Trump zeigt auf Orban.

Die neue Sicherheitsstrategie der USA stutzt die ehemaligen engsten Verbündeten in Europa zum Problemfall. Und der Ton aus Washington wird von Tag zu Tag rauer.

10.12.2025 | 2:00 min

Lehre Nummer 3: Trumps Pendel schwingt gen Osten

Wessen Lied man singt, merkt man manchmal auch daran, wer mit einstimmt. Und das sind in diesem Fall auch die Russen. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow findet jedenfalls:

Die neue US-Außenpolitik stimmt mit unseren Visionen überein.

Dmitri Peskow, Kreml-Sprecher

Russland scheint für die USA zu einem interessanteren Partner geworden zu sein, als es Europa aktuell ist. Den gemeinsamen Werten und Wirtschaftsinteressen sei Dank. Noch härter als für die Europäer ist diese Entwicklung natürlich für die Ukrainer.

Vor ihnen steht ein harter Kriegswinter. "Wenn man es ganz sarkastisch formulieren will, muss man sagen, sie wird jetzt von drei Seiten angegriffen", schätzt ZDF-Korrespondent Andreas Kynast ein. "Von Russland, zumindest verbal von den illiberalen Kräften aus Europa und eben auch zunehmend von einem großen Teil der MAGA-Bewegung", so Kynast weiter.

Andrea Maurer und Johannes Lieber berichten aus dem ZDF-Hauptstadtstudio in Berlin.

Über dieses Thema berichtete "PolitiX" in dem Beitrag "Wirft Trump Europa unter den Bus?" am 12.12.2025 um 17:30 Uhr.

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